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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern
Autoren: Aufbau
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Jahrhunderte vergingen, und
     das Leid ließ die Menschen schließlich das Licht Salas fast vergessen. Und so verschwand die Hoffnung aus Engil und Dungun;
     das dunkle Reich Muruks erstarkte und warf seine Schatten über die Völker.
    Da es Muruk jedoch niemals gelang, die Tränen Salas zu zerstören, beschloss er, die Liebe der Menschen, die sie nach wie vor
     in ihren Herzen trugen, gegen sie zu wenden und damit Sala, die ihn betrogen hatte, zu verhöhnen: So sprach er: »Zwei Mädchen,
     die am selben Tag geboren wurden, sollen sie fortan zu ihren Königinnen erheben und sie in Liebe und Zuneigung zueinander
     aufwachsen lassen. Sobald sie jedoch die Schwelle vom Kind zum Mädchen überschreiten, so sollen sie getrennt werden; eine
     möge verbleiben im Königreich Engil, unter dem Schutz der Sala, die andere möge fortgehen nach Dungun, dem Königreich des
     Muruk. Sobald die Mädchen aber die Schwelle zur Frau überschritten haben, sollen sie ihre Heere aufstellen und in der Wüste
     Melasan gegeneinander kämpfen, bis dass eine von ihnen unterliegt und mit aller Gefolgschaft ihre Gebeine der Wüste schenkt.
     Die andere jedoch soll zwei Mädchen für die Nachfolge des Schwesternthrones erwählen, damit sich das blutige Schicksal erneut
     erfüllen kann. Keiner Göttin und keiner Königin, keinem Greif und keinem Menschen sei es gegeben, den Kampf zu beenden und
     das zornige Herz Muruks zu |14| besänftigen. Und so geschehe es … es kämpfe Mann gegen Mann und Frau gegen Frau; die Heere von Sala und Muruk sollen tauchen
     das Land in Blut und Asche, und das Blut der Menschen möge auf ewig die Wasser des schwarzen Flusses nähren.«
    Und Sala, die Muruks Verkündung nicht ändern konnte, sprach: »So soll also fortan das Dunkle Reich über die Menschen kommen,
     wie du es beschlossen hast. Doch ich sage: Einer, der aus dem Dunkel und dem Licht geboren wird, soll einst mein Versprechen,
     das ich den Menschen gegeben habe, einlösen. Er wird es sein, der den Kampf beginnt, den Kampf, der ihnen mein Licht zurückbringen
     wird.«
     
    Aus den Überlieferungen Muruks und Salas

|15| Engil und Dungun
    Nona wusste, dass der Tag gekommen war, an dem sich ihr Schicksal erfüllen würde, das Schicksal, auf das sie ihr ganzes Leben
     vorbereitet worden war. Sie kannte die volltönenden durchdringenden Klänge der Falbhörner, welche die Menschen von Engil zur
     Opferstätte riefen. Sie kannte auch das geschäftige Treiben, das stets am Wechseltag der Sommerwende aufkam, jenem Tag, an
     dem der dunkle Gott seine Opfer einforderte. Doch diese Sommerwende war etwas Besonderes, denn die Schwesternköniginnen waren
     dem Kindesalter entwachsen – ebenso wie Nona. Eine der Schwestern würde am heutigen Abend Engil verlassen, um in das düstere
     Königreich Dungun zu ziehen und fortan dort zu leben. Nona kannte die Gesetze Muruks, und sie wusste, dass viele Tränen aus
     den Augen der Schwestern und denen der Engilianer fließen würden. Nona wusste um die uralten Gesetze der Götter, und eben
     darum wusste sie, was dieser besondere Tag für sie bereithalten würde. Die Priester sagten, es sei eine besondere Ehre, am
     gleichen Tag wie die Königinnen geboren zu sein, eine Ehre, die Nona, gering geboren und von den Göttern mit einem unscheinbaren
     Äußeren bedacht, zuteil wurde. Sie war mit diesem Wissen aufgewachsen, und ihr Schicksal war unabänderlich. Nona kannte ihre
     Bestimmung, und obwohl sie den Gedanken daran stets verdrängt hatte, da der Tag so fern erschienen war, verspürte sie nun
     Angst. Sasalor, der Hohepriester Muruks, hatte Nona und den anderen immer wieder erklärt, welche besondere Ehre ihnen zuteil
     wurde, am Tag der Schwesterntrennung zu Muruk gehen zu dürfen. Nach seinen preisenden Worten hätte sie ihr Schicksal glücklich
     machen sollen; |16| gerade sie, da ihr doch die Priester von klein auf gesagt hatten, dass sie eigentlich nicht schön genug für ihre hohe Bestimmung
     war. Doch sie war nicht glücklich, keineswegs, denn sie wusste, dass sie heute sterben würde!
    Sie hätte sich nicht grämen dürfen. Was nahm sie sich heraus? Sie, die nur eine Sklavin war, geboren, um geopfert zu werden.
     Niemand hätte einen Blick für sie übrig gehabt, wenn sie nicht als Blutopfer für den Tag der Schwesterntrennung ausgewählt
     worden wäre. Sie war nicht schön genug, nicht anziehend für die Männer; ein Kind, das von seinen Eltern als Blutopfer verkauft
     worden war. Als Auserwählte des
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