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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee
Autoren: C Box
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Außenstelle Saddlestring der US-Forstverwaltung kürzlich einige alte Straßen mit Ketten oder durch Gräben, die wie Panzerfallen quer über die Fahrbahn verliefen, gesperrt, und Joe war sich nicht sicher, welche Strecken das betraf. Der Weg war rau und mit großen Steinen übersät, und Joe umklammerte das Lenkrad, da die Vorderreifen rüttelten und schüttelten. Ein Stein knallte gegen den Unterboden. Doch trotz seines jaulenden Motors hörte er weitere Schüsse, diesmal näher. Die alte Straße war noch passierbar.

    Plötzlich brach ein Dutzend Wapitis – alles, was von der Herde geblieben war – vor und hinter ihm durchs Unterholz. Er stieg auf die Bremse, als die Tiere seinen Wagen umbrandeten. Maxine bellte die Wapitis an, und Joe sah verschreckte Augen, heraushängende Zungen, dickes, braunes Fell. Ein panischer Bulle schlug ihm mit seinem ausladenden Geweih eine Delle in die Motorhaube. Eine Hirschkuh humpelte auf drei Läufen vorbei: Ihr rechtes Vorderbein war abgeschossen und schleifte – nur noch von freiliegenden Sehnen und einem Streifen Haut gehalten – über den Waldboden.

    Als die Tiere vorüber waren, beschleunigte Joe so stark, dass es Maxine gegen die Rücklehne drückte, und raste durch den Wald. Er fuhr viel zu schnell. Der Spiegel auf der Beifahrerseite knallte gegen einen Baumstamm, zersprang und knickte gegen die Tür.
    Dann erreichte er die Lichtung und entdeckte den Schützen.
    Joe stoppte. Er wusste nicht, wie er vorgehen sollte. Der Jäger, ein wenig vorgebeugt, wandte ihm den Rücken zu und konzentrierte sich auf etwas vor sich, als hätte er Joe trotz des berstenden Spiegels und des übrigen Lärms nicht gehört. Er trug eine schwere Leinenjacke, eine orangefarbene Jagdweste und Wanderstiefel. Das Gras zu seinen Füßen war mit leeren Patronenhülsen aus Messing bedeckt, und es roch nach Schüssen.
    Vor dem Schützen lagen Wapitis über den Wiesenhang verstreut. Ein Kalb mit zerschmettertem Becken brüllte kläglich und wollte sich aufrichten, konnte jedoch die Hinterläufe nicht benutzen.
    Joe öffnete die Fahrertür, glitt aus dem Pick-up und öffnete sein Holster. Er legte die Finger um den Griff der Beretta, um sie sofort ziehen zu können, falls der Schütze sich umdrehte, und näherte sich dem Mann von rechts hinten, damit der umständlich herumschwenken musste, um auf ihn anzulegen.
    Als Joe sich näherte, konnte er kaum glauben, was der Schütze tat: Obwohl er heftig zitterte, versuchte er sein Repetiergewehr neu zu laden, aber mit Zigaretten, nicht mit Munition. Trockener Tabak und Blättchen quollen aus dem Magazin, was ihn nicht daran hinderte, noch eine Zigarette hineinzustopfen. Joes Anwesenheit schien er überhaupt nicht zu bemerken.

    Joe zückte seine Beretta, zog den Schlitten zurück und hoffte, der Jäger werde das Geräusch registrieren.
    »Waffe fallen lassen«, befahl er und zielte auf den Oberkörper des Mannes. »Sofort fallen lassen, dann langsam umdrehen. «
    Hoffentlich bemerkt er mein Zittern nicht, dachte Joe und umfasste die Beretta fester.
    Doch statt zu gehorchen, lud der Mann sein Gewehr mit einer weiteren Zigarette.
    Ist der taub?, überlegte Joe. Oder verrückt? Oder ist das nur ein Trick, um mich zu verwirren? Trotz der Kälte spürte er unter Jacke und Hemd Schweiß rinnen. Seine Beine fühlten sich wacklig an, als sei er lange gelaufen und habe nun innegehalten, um Atem zu schöpfen.
    »Waffe fallen lassen und umdrehen!«
    Keine Reaktion. Tabakfetzen segelten zu Boden. Das tödlich verwundete Wapitikalb brüllte auf der Wiese.
    Joe feuerte in die Luft. Der Schuss war erstaunlich laut. Nun erst schien der Jäger zu erwachen und schüttelte den Kopf, als wollte er ihn nach einem Faustschlag wieder klar bekommen. Dann wandte er sich um.
    Und Joe starrte in das bleiche, verkrampfte und verängstigte Gesicht von Lamar Gardiner, dem für Twelve Sleep County zuständigen Leiter der Bundesforstverwaltung. Vor einer Woche erst hatten die Gardiners und Picketts nebeneinandergesessen und ihren Töchtern bei der Weihnachtsaufführung des Schultheaters zugesehen. Lamar Gardiner galt als unauffälliger, umgänglicher und feiger Bürokrat. Er trug einen schütteren, sandfarbenen Schnurrbart über schmalen Lippen und hatte praktisch kein Kinn, so dass es immer schien, als wollte er gleich losheulen. Hinter seinem Rücken nannten ihn die Einheimischen bei wenig schmeichelhaften Namen.

    »Lamar«, rief Joe. »Was machen Sie denn da? Die ganze Wiese ist voll
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