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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht
Autoren: Susan Squires
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und Blumen am Boden finde ich es zu unruhig, ja fast geschmacklos.« Ann löffelte die Suppe und blickte dann auf, um zu sehen, ob sie Van Helsing verunsichert hatte, indem sie seinen Geschmack infrage stellte. Tief im Innersten war er nämlich gar nicht sicher, dass er hierhergehörte. Und das war gut so. Sollte er doch ruhig selbst merken, dass es das Beste für ihn wäre weiterzuziehen.
    Ihr Blick glitt zu Polsham, der bereitstand, um ihrem einzigen noch verbliebenen Diener, Peters, und Mrs. Simpson, die das wunderbare Abendessen zubereitet hatte, sowie ihrer Gehilfin Alice das Zeichen zu geben, den zweiten Gang zu bringen. Polsham unterdrückte ein Lächeln. Er mochte Van Helsing auch nicht. Ann zog die Brauen hoch, und Polsham setzte wieder eine ausdruckslose Miene auf. Das entlockte ihr ein Lächeln. Mit seiner herrischen, selbstgefälligen Art hatte ihr Cousin sich bei den Dienstboten nicht beliebt gemacht.
    »Das wäre eine Schande, finde ich«, murmelte Van Helsing. »Ich habe auf meinen Reisen durch die Hauptstädte Europas kein feineres Stück mit exotischen Motiven gesehen. Waren Sie schon in Europa, Ann?«
    Ein eindeutiger Seitenhieb. Er musste wissen, dass sie nicht verreisen konnte.
    »Ann ist nie mehr als einen Nachmittagsritt von Maitlands entfernt gewesen, Mr. van Helsing«, warf ihr Onkel ein und winkte Polsham.
    »Nun ja, das Landleben hat natürlich auch was für sich.« Er sagte es, als wäre es eine höfliche Lüge, was es für ihn ja zweifellos auch war. Polsham, Peters und Alice kamen mit großen zugedeckten Platten aus der Küche, und Ann bemerkte den furchtsamen Blick, den Alice Van Helsing zuwarf. Hatte sie geweint? Die Stimme des Cousins leierte weiter. »Dennoch. Venedig, Paris, Wien, Madrid ... nachdem Old Boney festgesetzt wurde, ist der Kontinent nun wieder Englands Spielplatz. Sie sollten wirklich einmal hinfahren, Miss van Helsing.«
    »Ich habe kein Verlangen danach, in Europa herumzuvagabundieren«, erwiderte sie kühl – was unter den gegebenen Umständen auch nur der Wahrheit entsprach. »Meine Bücher sind mein Fenster zur Welt.« Polsham, Mrs. Simpson und Alice nahmen gleichzeitig die silbernen Deckel von den Platten, unter denen Fasan, Schinkenbraten und in Butter gedünstete Krabben zum Vorschein kamen.
    Du liebe Güte, dachte Ann, Mrs. Simpson will dem kleinen Lackaffen doch tatsächlich imponieren! Schweigen herrschte, als die Köchin sich zurückzog, um gleich darauf mit einem Tablett mit verschiedenen Gemüsesorten zu erscheinen. Sie richtete die Schüsseln um Onkel Thaddeus an, während Polsham den Männern Burgunder und Ann Fruchtlikör einschenkte. Alice war davongeeilt und nicht wieder erschienen.
    »Ich glaube, die Pastinaken und der Lauch in Sahnesauce werden Eurer Lordschaft heute ganz besonders munden«, sagte Mrs. Simpson, bevor sie sich unter Verbeugungen zurückzog, als Anns Onkel sich bedankte.
    Ann beschloss, Alice nach dem Essen zu suchen, um herauszufinden, was geschehen war. Sie befürchtete das Schlimmste, obwohl ihr Cousin erst einen Nachmittag im Hause war. Die Männer bedienten sich großzügig von allen Speisen. Der Cousin blickte auf. »Miss van Helsing, wollen Sie dieses Festessen denn gar nicht kosten? Lassen Sie mich Ihnen etwas von dem Fasan servieren.«
    Ihrem Onkel zuliebe ertrug sie sein Bemühen, so höflich es ihr möglich war, und fragte sich, wie sie den Rest des Abends überstehen sollte. Zum Glück würde der Flegel zumindest in der nächsten halben Stunde mit seinem Essen beschäftigt sein.
    Doch nicht einmal diese kleine Erholung sollte ihr gegönnt sein.
    »Bücher ...«, nahm er nachdenklich den Faden wieder auf. »Sie sind ja wohl kaum ein Ersatz für die Wirklichkeit. Natürlich lieben viele junge Damen Romane, und die Flucht vor der Realität ist haargenau der Zweck dieser Art von Büchern.« Er schenkte ihr ein herablassendes Lächeln. »Sie lesen sicher auch Romane, Miss van Helsing.«
    »Ich lese alles«, entgegnete sie gekränkt. »Auch Romane.«
    »Vermutlich alles, was für eine junge Dame angebracht ist, wollen Sie sagen, nicht? Ihr Onkel bewahrt Sie doch gewiss vor allem, was Ihr Feingefühl verletzen könnte.«
    Onkel Thaddeus schwenkte seine Gabel. »Keineswegs, mein Guter. Ann liest, was sie will, Zeitungen, Londoner und Pariser Magazine, politische Abhandlungen, Kriegsberichte, Predigten, Philosophen, Dichter ... Was Sie sich nur vorstellen können. Immer wieder lässt sie sich von Polsham das eine oder andere Buch
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