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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht
Autoren: Susan Squires
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Und endlich näherte er sich seinem Ziel, das auch Rubius’ Ziel war.
    Zunächst einmal würde er sich jedoch stärken. Dann musste er einen Mietstall aufsuchen und sich nach einem brauchbaren Pferd umsehen. Danach ging es nach Cheddar Gorge. Mit etwas Glück würde er dort Kilkenny und zumindest einen Teil der Armee von Vampiren finden, die dieser Mistkerl, die Wurzel allen Übels, schuf. Stephan wagte nicht einmal, sich Hoffnungen zu machen, dass er seine Aufgabe würde vollenden und zu Rubius und nach Mirso würde zurückkehren können, denn Hoffnung war ein Gefühl, und Gefühle waren ihm nicht mehr gestattet.

2. Kapitel
    A nn saß an einem Ende der langen Tafel in Maitlands’ großem Speisesaal, zur Rechten ihres Onkels und ihrem Cousin gegenüber. Sie hatte sich geweigert, Van Helsing in dem gemütlichen kleineren Speisezimmer zu bewirten, in dem sie und ihr Onkel für gewöhnlich speisten, weil sie nicht wollte, dass er die Atmosphäre dort verdarb. Die Dienstboten hatten mit emsiger Begeisterung die Schutzbezüge aus dem eleganten Speisesaal entfernt und Böden und Einrichtung auf Hochglanz poliert. Das Feuer in den mächtigen Kaminen an beiden Enden des großen Raumes verbreitete eine angenehme Wärme. Die heute nur noch minimale Dienerschaft hatte es immer bedauerlich gefunden, dass ein so großer Teil des Hauses ungenutzt blieb. Aber an diesem Abend wurde ja zumindest der Speisesaal wieder benutzt, obwohl die Stimmen der drei Speisenden darin hallten und es hundert Kerzen brauchte, um ihn zu erhellen.
    Ann schaute zu den hochmütig blickenden Brockweir-Ahnen auf, deren Porträts in schweren goldenen Rahmen an den Wänden hingen. Wenn man genau hinsah, konnte man im Licht der Kristalllüster den Wahnsinn in den Augen einiger der Frauen glitzern sehen, die alle sehr prachtvoll im Stil vergangener Zeiten gekleidet waren. Der Raum war mit roten Wänden und sehr viel schimmerndem Holz versehen, auf der elegant gedeckten Tafel funkelten Kristall und Silber. Ann hatte natürlich ihr eigenes Silberbesteck, Porzellan und Glas aus dem alltäglichen Speisezimmer mitgebracht.
    Trotzdem fühlte sie sich unbehaglich an dem langen Tisch. Der Stuhl, auf dem sie saß, war lange Zeit nicht mehr benutzt worden, und dennoch konnte sie das Flüstern vergangener Nächte um sie herum spüren. Scharen von Gästen waren früher in diesem Raum bewirtet worden. Das helle Lachen der Damen und das dröhnende der Herren waren natürlich nur für ihre Ohren wahrnehmbar. Ein Mann, der sich für sehr bedeutend hielt, hatte als Letzter auf diesem Stuhl gesessen, der geächzt hatte unter seinem Gewicht. Aber es waren auch noch andere, schwächere Echos hier zu hören ... die bis zu ihrer Mutter zurückgingen. Auch sie hatte einst auf diesem Stuhl gesessen.
    Van Helsings Stimme brachte Ann schlagartig in die Gegenwart zurück.
    »Was für ein schönes Stück von Grinling Gibbons«, rief er und zeigte auf den kunstvollen silbernen Tafelaufsatz in der Mitte des Tischs. Seine stark hervortretenden hellblauen Augen taxierten allem Anschein nach schon seinen Wert. Sein blondes Haar würde sich bald lichten, sein fliehendes Kinn verlor sich fast in den Hängebacken. Seine Lippen waren mehr fleischig als voll, das genaue Gegenteil von sinnlich. Irgendwie wirkten sie sogar ... schlaff. Ann dachte, dass seine Küsse wahrscheinlich widerlich nass sein würden, und erschauderte bei dem Gedanken. Unter einem mit lächerlich breiten Schulterpolstern versehenen Rock trug er eine Weste, die aussah, als würden ihre Knöpfe jeden Moment abspringen. Im Grunde waren es jedoch weder sein Übergewicht noch sein an einen Fisch erinnerndes Gesicht, was Ann an ihrem Cousin so abstieß, sondern sein Gesichtsausdruck. Sie konnte nicht näher bestimmen, was es war, doch irgendetwas ... stimmte nicht damit.
    »Der indische Botschafter schenkte sie Anns Vater in der Zeit, als er Lord Woolseys Sekretär war«, bemerkte Onkel Thaddeus, während er geräuschvoll seine Hummersuppe schlürfte. Er war blass und sah gar nicht gut aus an diesem Abend, gab sich aber alle Mühe, ihren Gast zu unterhalten.
    »Ein wertvolles Erbstück also.« Van Helsing lächelte. Wie konnte ein Lächeln so ... schmierig sein?
    Ann verdrängte das Geflüster ihres Stuhls in den Hintergrund ihres Bewusstseins. »Ich wollte das Ding eigentlich schon in den Schrank verbannen«, sagte sie eine Spur zu unbekümmert. »All diese blutrünstigen Tiger, die Elefanten jagen ... Und mit den Palmen, Affen
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