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Blutrot

Titel: Blutrot
Autoren: Jack Ketchum
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ging auf das Haus zu.
    Seine Füße schlurften über den staubigen Boden. Er lauschte den Geräuschen, die er in der Welt verursachte. Jetzt wusste er, warum er hergekommen war.

30
    Er sah den Jungen im Dunkeln auf den Verandastufen sitzen. Er rauchte eine Zigarette. Als er daran zog, konnte Ludlow im Schein der Glut das Gesicht erkennen. Einen Moment lang, in dem ihm fast das Herz stehen blieb, glaubte er, es wäre sein Sohn Tim. Tim als Jugendlicher. Aber es war nur Harold, der Junge, der gesagt hatte, dass es ihm leidtäte und der seinen Bruder wegen der Angelköder belogen hatte.
    Der Junge bemerkte ihn, stand abrupt auf und trat die Zigarette aus. Er schaute sich ängstlich um und beobachtete Ludlow, während dieser auf ihn zukam. Er schaute sich erneut um. Dann schien er eine Entscheidung zu treffen und kam Ludlow entgegen.
    »Mein Gott«, flüsterte er. »Was zum Teufel tun Sie hier?«
    »Ich möchte meinen Hund abholen.«
    » Was möchten Sie?«
    »Meinen Hund abholen.«
    »Oh, Gott.«

    »Ich habe ihn hier liegen gelassen. Auf der Veranda.«
    »Die bringen Sie um, wenn sie Sie finden. Gott, die dachten, sie hätten Sie längst umgebracht!«
    »Ich möchte nur den Hund holen. Das ist alles. Ich bat deine Mutter, ihn für mich zuzudecken.«
    »Herrgott noch mal, Mister, er liegt nicht mehr auf der Veranda .«
    »Nein?«
    »Hätten wir ihn etwa dort liegen lassen sollen?«
    »Warum nicht?«
    »Wir haben ihn hinterm Haus in den Wald geworfen.«
    »Das habt ihr getan?«
    Er spürte, wie die Wut ihm die Brust abschnürte. Die hatten seinen Hund in den Wald geworfen. Tiere würden über ihn herfallen. Seine Knochen abnagen. Den Tieren war es gleich.
    Er spürte, wie ihm schwindlig wurde.
    »Er ist ein Beweis , verdammt noch mal. Verstehen Sie nicht? Der Hund beweist, was die Ihnen angetan haben. Verdammt, die Polizei war schon hier oben, Mr. Bridgewater und ein anderer Typ. Sie haben Fragen gestellt nach letzter Nacht. Der Hund beweist, dass Sie auch hier waren . Mister Ludlow, bitte, Sie müssen sofort gehen.«
    Der Junge knetete seine Finger und schaute immer wieder nervös zum Haus zurück, zur Tür und zu den Fenstern.

    »Führ mich hin.«
    »Sehen Sie sich doch an. Sie sind schwer verletzt. Sie wissen nicht, was …«
    »Führ mich zu der Stelle, wo ihr ihn hingeworfen habt.«
    »Oh, mein Gott. Mein Gott .«
    Er packte den Jungen am Arm und sah ihm in die Augen.
    »Um den lieben Gott brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Führ mich einfach hin.«
    Der Junge sah ihn unsicher an.
    »Und danach verschwinden Sie?«
    »Ganz recht.«
    Harold blickte zur Haustür und wieder zu Ludlow.
    »Dafür werden die mich umbringen.«
    Ludlow wartete.
    »In Ordnung. Aber seien Sie ganz leise, okay? Bitte.«
    »Gewiss. Ich bin ganz leise.«
    Noch immer zögerte der Junge. Ludlow ließ seinen Arm los und sah Harold scharf an.
    »Mannomann. In Ordnung. Kommen Sie.«
    Im Mondschein überquerten sie den weitläufigen Rasen. Als er endete, begann ein schmaler Trampelpfad, der an zwei jungen Buchen- und Ahornbeständen entlangführte, bevor es in den eigentlichen Wald hineinging.
    »Hoffentlich finde ich die Stelle noch«, sagte der Junge.

    »Es fällt dir schon ein.«
    Der Pfad führte nach Norden in dichteren Wald. Das Licht wurde schwächer. Sie kamen jetzt langsamer voran. Ludlow roch Kiefern, feuchtes Hartholzlaub und frische kühlende Erde. Es wäre gar keine schlechte Ruhestätte für Red, dachte er, wenn da nicht die McCormacks wären, die ihn hier weggeworfen hatten wie einen Müllsack.
    Die Erinnerung kam in hellen elektrischen Blitzen zurück.
    Der Pick-up, der sich wieder und wieder überschlug.
    Der Ast in Dannys Händen, der auf ihn zugesaust kam, als er die Augen aufschlug.
    Die Schrotflinte am Fluss. Der Kopf des Hundes, der plötzlich verschwunden war.
    Carrie Donnel, die nackt aus dem Bett stieg.
    Die Lebenden und die Toten.
    »Harold!«
    Es war McCormack. Er rief von der Veranda aus.
    Vor ihm erstarrte der Junge.
    » Hey, Harold! Wo zum Teufel steckst du?«
    »Geh weiter«, flüsterte Ludlow. »Immer weiter.«
    »Wir können nicht …«
    »Doch, wir können. Sei einfach still.«
    Der Pfad wurde schmaler, führte zwischen zwei kräftigen Kiefern in eine Biegung. Dornbüsche krallten sich in Ludlows Hosenbeine. Kurz darauf öffnete sich der Pfad zu einer kleinen mondbeschienenen
Lichtung, die mit hohem Gras bewachsen war. Sie gingen noch einige Schritte, dann blieb Harold stehen.
    »Irgendwo hier war
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