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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale
Autoren: Tess Gerritsen
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passiert ist.«
    »Kannst du denn nicht alles bestätigen, was sie sagt?«, fragte Maura.
    »Ich habe nicht alles gesehen«, erwiderte Jane. »Ich habe ja die Hälfte verschlafen.«
    »Gott sei Dank hast du deinen Wein nicht ausgetrunken. Sonst wären wir jetzt alle nur noch ein Haufen Asche.«
    »Ich mache mir Vorwürfe«, sagte Sansone. »Ich hätte nicht einschlafen dürfen. Das war mein Fehler - mir von Edwina Wein einschenken zu lassen.«
    Jane sah Sansone stirnrunzelnd an. »Sie hatten vor, die ganze Nacht aufzubleiben?«
    »Ich dachte, wenigstens einer sollte wach sein. Für alle Fälle.«
    »Dann hatten Sie Edwina bereits im Verdacht?«
    »Nein - wie ich zu meiner Schande gestehen muss. Sie müssen wissen, dass wir bei der Aufnahme eines neuen Mitglieds größte Vorsicht walten lassen. Zu uns kommt man nur mit einer Empfehlung von jemandem, den wir kennen. Und dann ziehen wir Erkundigungen über den Kandidaten ein, stellen Nachforschungen über seine Vergangenheit an. Es war nicht Edwina, an der ich zweifelte.« Er sah Lily an. »Sie wa ren es, der ich nicht traute.«
    »Warum Lily?«, fragte Jane.
    »Es war an dem Abend, als mein Gartenfenster aufgebrochen wurde. Sie erinnern sich, wie ich Ihnen sagte, dass es stets verriegelt ist?«
    »Ja.«
    »Und das heißt, dass jemand es von innen entriegelt haben muss - jemand, der an diesem Abend im Haus war. Ich nahm an, dass es Lily war.«
    »Ich verstehe immer noch nicht«, sagte Maura. »Wenn Sie so sorgfältig darauf achten, wen Sie in Ihre Stiftung aufnehmen, wie konnten Sie sich dann in Edwina so täuschen?«
    »Das ist es, was Gottfried und ich herausfinden müssen.
    Wie sie sich bei uns eingeschlichen hat. Wie alles geplant und durchgeführt wurde. Sie ist ja nicht aus dem Nichts bei uns aufgekreuzt; sie hatte Unterstützung, und zwar von jemandem in den Reihen von Mephisto - von jemandem, der in dem Dossier über ihre Vergangenheit sämtliche verdächtigen Details gelöscht hat.«
    »Das waren Dominics letzte Worte an uns«, sagte Lily. » Wir sind nicht die Einzigen. «
    »Ich bin sicher, dass es noch mehr gibt.« Sansone sah Jane an. »Ob es Ihnen bewusst ist oder nicht, Detective, wir befinden uns im Krieg. Er tobt schon seit Jahrhunderten, und letzte Nacht wurde nur eine weitere Schlacht geschlagen. Das Schlimmste steht uns noch bevor.«
    Jane schüttelte den Kopf und lachte müde. »Ich merke schon, wir reden wieder von Ihren Dämonen.«
    »Ich glaube an sie«, erklärte Lily im Brustton der Überzeugung. »Ich weiß, dass es sie wirklich gibt.«
    Sie hörten das Kratzen des Schneepflugs auf dem Asphalt, das anschwellende Dröhnen eines Dieselmotors. Endlich war die Straße frei, und sie konnten diesen Berg verlassen, konnten nach Hause, in ihre gewohnte Umgebung zurückkehren. Maura in die Arme von Daniel Brophy, der ihr entweder das Herz brechen oder neue Hoffnung geben konnte. Jane zu ih rer Rolle als Friedensstifterin zwischen ihren verfeindeten Eltern.
    Und ich kehre heim zu Gabriel. Er wartet auf mich.
    Jane stand auf und ging zum Fenster. Draußen funkelte der reine weiße Schnee in der Sonne. Der Himmel war wolkenlos, die Straße nach unten inzwischen geräumt und gestreut. Es war ein wunderbarer Tag für die Heimfahrt. Um ihren Mann zu umarmen und ihr Baby zu küssen. Ich kann es nicht erwarten, euch beide wiederzusehen .
    »Sie glauben mir immer noch nicht, oder, Detective?«, fragte Sansone. »Sie glauben nicht an diesen Krieg.«
    Jane blickte zum Himmel auf und lächelte. »Heute«, sagte sie, »will ich einfach nicht daran glauben.«

39
    Tief hängende Wolken verdunkelten den Himmel, und Lily witterte den scharfen Geruch von Schnee in der Luft, als sie zu dem Haus aufblickte, in dem sie aufgewachsen war. Sie sah es nicht, wie es heute war - ein baufälliges Gemäuer, die Veranda abgesackt, die Schindeln grau und verwittert. Nein, sie sah es, wie es früher im Sommer gewesen war, mit der blühenden Clematis, die sich um das Spalier rankte, und den roten Geranien in den Blumentöpfen, die an der Dachtraufe hingen. Sie sah ihren Bruder Teddy aus dem Haus kommen, hörte die Fliegentür hinter ihm quietschend zufallen und sah ihn grinsend die Verandastufen herunterkommen. Sie sah ihre Mutter am Fenster und hörte sie rufen: »Teddy, komm nicht zu spät zum Essen!« Und sie sah ihren Vater, sonnengebräunt und pfeifend, wie er mit der Hacke über der Schulter über den Hof zu seinem geliebten Gemüsebeet ging. Hier war sie einst glücklich
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