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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale
Autoren: Tess Gerritsen
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    »Sie hätten die ganze Sache verschlafen können, genau wie alle anderen. Aber so ist es eigentlich viel besser. Wenn Sie da bei wach sind.«
    »Was?«
    Der Hund knurrte wieder, und Lily sah seine Zähne im Schein der Flammen orange schimmern. Die Hunde , dachte sie plötzlich. Sie hatten nicht gebellt, die ganze Nacht nicht ein einziges Mal. Ein Eindringling hatte sich ins Haus geschli chen. Er hatte nasse Schuhabdrücke auf dem Boden hinterlassen. Und die Hunde hatten nicht angeschlagen.
    Weil sie ihn kennen.
    Als Edwina sich zu ihr umdrehte, machte Lily einen Satz nach vorn und schnappte sich den Schürhaken vom Kamin. » Sie haben ihn hierhergeführt«, sagte sie, während sie langsam zurückwich, den Schürhaken zur Abwehr erhoben. »Sie haben es ihm verraten.«
    »Oh, das war gar nicht nötig. Er war schon hier auf dem Berg und hat auf uns gewartet.«
    »Wo ist er?«
    »Dominic wird sich zeigen, wenn er es will.«
    »Zur Hölle mit Ihnen«, schrie Lily und packte den Schürhaken fester. »Wo versteckt er sich?«
    Zu spät sah sie den Angriff kommen. Sie hörte das Knurren, das Klappern der Krallen auf dem Holz, und dann sah sie auch schon aus dem Augenwinkel zwei schwarze Pfeile auf sich zufliegen. Die Wucht des Aufpralls warf sie nieder, der Schürhaken fiel ihr aus der Hand und landete mit lau tem Krachen auf dem Boden. Starke Kiefer schlossen sich um ihren Arm. Sie schrie auf, als die Zähne sich in ihr Fleisch bohrten.
    »Balan! Bakou! Aus!«
    Es war nicht Edwinas Stimme, die den Befehl gab, sondern eine andere - die Stimme aus Lilys Albträumen. Die Hunde lie ßen von ihr ab und wichen zurück, ließen sie benommen und blutend liegen. Sie versuchte, sich aufzurichten, doch ihre linke Hand war schlaff und gehorchte ihr nicht - der Biss hatte die Sehnen zerrissen. Stöhnend wälzte sie sich auf die Seite und sah die Lache, die ihr eigenes Blut auf dem Boden bildete … und hinter dieser Blutlache die Schuhe eines Mannes, der auf sie zukam. Ihr ganzer Körper wurde von panischen Schluchzern geschüttelt, als sie sich in eine sitzende Position hievte. Er blieb vor dem Kamin stehen, und mit den lodernden Flammen im Rücken erschien er wie eine dunkle Gestalt, die aus dem Inferno hervortritt. Er blickte auf sie herab.
    »Irgendwie schaffst du es immer wieder, Lily«, sagte er. »Im mer bist du es, die mir Ärger bereitet.«
    Sie kroch zurück, stieß aber mit den Schultern gegen einen Sessel und kam nicht weiter. Reglos verharrte sie und starrte zu Dominic auf, zu dem Mann, der er geworden war. Er hatte immer noch das gleiche goldene Haar, die gleichen auffallend blauen Augen. Aber er war größer geworden, seine Schultern breiter, und sein einst so engelgleiches Gesicht hatte kantige, grausame Züge bekommen.
    »Vor zwölf Jahren«, sagte er, »hast du mich getötet. Jetzt werde ich mich revanchieren.«
    »Du musst dich vor ihr in Acht nehmen«, sagte Edwina. »Sie ist sehr gewitzt.«
    »Hab ich dir das nicht gesagt, Mutter?«
    Lilys Blick zuckte zu Edwina und dann zurück zu Dominic. Die gleiche hochgewachsene Gestalt. Die gleichen Augen.
    Dominic bemerkte ihre schockierte Miene und sagte: »An wen soll sich ein Fünfzehnjähriger denn sonst wenden, wenn er in Schwierigkeiten steckt? Wenn er gerade aus einem abgesoffenen Auto geklettert ist, mit nichts als den Kleidern, die er am Leib trägt? Ich musste tot und verschollen bleiben, sonst hättest du mir die Polizei auf den Hals gehetzt. Du hast mir keine Möglichkeit gelassen, Lily - bis auf die eine.«
    Seine Mutter .
    »Es vergingen Monate, ehe mein Brief sie erreichte. Habe ich nicht immer gesagt, dass sie kommen würde, um mich zu holen? Und deine Eltern haben mir nie geglaubt.«
    Edwina streckte die Hand aus, um ihrem Sohn zärtlich über die Wange zu streichen. »Aber du hast gewusst, dass ich kommen würde.«
    Er lächelte. »Du hast deine Versprechen immer gehalten.«
    »Und auch dieses hier, nicht wahr? Ich habe sie dir gebracht. Du musstest dich nur in Geduld üben und deine Ausbildung abschließen.«
    Lily starrte Edwina an. »Aber Sie sind doch Mitglied der Mephisto-Stiftung.«
    »Und ich habe es verstanden, sie zu benutzen«, erwiderte Edwina. »Ich wusste genau, wie ich sie dazu verleiten konnte, das Spiel mitzuspielen. Du denkst, es geht hier nur um dich, Lily, aber eigentlich geht es um sie . Um den Schaden, den sie uns über Jahre zugefügt haben. Wir werden sie vernichten.« Sie sah zum Kamin. »Wir werden noch mehr Holz brauchen. Ich
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