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Blutlinien - Koeln Krimi

Blutlinien - Koeln Krimi

Titel: Blutlinien - Koeln Krimi
Autoren: Myriane Angelowski
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aufgefallen?«, fragte Lou.
    »Nein.«
    »Haben Sie in der Nacht irgendetwas gehört oder gesehen? Auf Ihrem Grundstück, in der Nachbarschaft?«
    »Nein, gar nichts.«
    »Wann sind Sie ins Bett gegangen?«
    »Gleich nach unserer Ankunft«, sagte Frau Cordes. »Ich habe überall im Haus die Rollläden heruntergelassen. Und, bevor Sie fragen, da lag niemand in unserem Garten, denn ich hatte die Grundstücksbeleuchtung kurz eingeschaltet, wegen der Maulwürfe. Ich wollte sehen, wie viele Hügel die Viecher wieder aufgetürmt haben. Und deshalb bin ich mir sicher, da lag keine Leiche.«
    »Und in der Nacht gab es keine Störung?«, fragte Maline und nahm den Blick von einer Berglandschaft im rustikalen Rahmen. »Nichts, was auf das Verbrechen hinweisen könnte, Lärm, Geräusche, Schreie?«
    »Mein Mann und ich haben uns bereits dahin gehend ausgetauscht. Wir haben beide außergewöhnlich tief geschlafen.«
    »Und Sie sind sich sicher, dass Sie das Opfer nicht kennen?«
    »Ich habe ihr ja kaum ins Gesicht gesehen, und mein Mann hat sie nur vom Schlafzimmerfenster aus gesehen. Außerdem sagte ich ja bereits, dass er beim Anblick der Leiche … Ich musste erst einen Arzt rufen, bevor ich die Polizei verständigen konnte …«
    »Heißt das, es kann sein, dass es jemand ist, den Sie kennen?«, fragte Lou in ruhigem Tonfall.
    »Niemand kann mich zwingen, einem Gewaltopfer in die Augen zu sehen.«
    »Wir könnten Ihnen und Ihrem Mann ein Foto zeigen«, sagte Lou. »Im Gesicht hat die Frau keine Verletzungen, es sieht aus, als würde sie schlafen.«
    »Nein!«
    »Das Problem ist, dass die Tote in Ihrem Garten liegt«, sagte Maline. »Deshalb müssen wir ausschließen, dass Sie etwas mit der Sache zu tun haben, ob nun direkt oder indirekt.«
    »Das ist doch lächerlich!« Frau Cordes verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie können nicht ernsthaft glauben, dass mein Mann oder ich etwas mit dem Verbrechen zu tun haben. Das ist absurd.«
    »Was wir glauben, spielt keine Rolle«, sagte Lou. »Wir müssen es ausschließen.«
    »Also gut, dann zeigen Sie mir ein Foto, aber meinen Mann lassen Sie bitte aus der Sache raus. Sein Gesundheitszustand ist besorgniserregend.«
    »Es reicht, wenn wir ihn morgen befragen können«, sagte Maline. Der Fotograf vom Erkennungsdienst hatte eine Porträtaufnahme der Toten gemacht. Dieses Bild war bereits an sämtliche Behörden verschickt worden, Ergebnisse lagen allerdings noch nicht vor. Maline reichte Frau Cordes den Digitalausdruck, den ein Schutzpolizist im Kommissariat abgeholt hatte.
    Aufmerksam studierte sie das Foto und ließ sich Zeit mit der Antwort. »Ich habe diese Frau noch nie gesehen«, sagte sie schließlich. »In meinem ganzen Leben noch nicht.«
    Maline steckte das Foto wieder ein. »Wie lange waren Sie verreist?«
    »Nur vier Tage.«
    »Hat jemand in der Zeit in Ihrem Haus gewohnt? Familie? Freunde?«
    »Nein.«
    »Beschäftigen Sie Personal? Einen Gärtner oder eine Reinigungskraft?«
    Frau Cordes schüttelte den Kopf und schien unruhig zu werden. Sie fuhr sich mit den Händen über ihre Knie. »Ich würde mich nun gerne um meinen Mann kümmern. Haben Sie noch Fragen, ansonsten …?«
    »Danke, nein«, sagte Maline. »Allerdings werden wir uns sicher noch einmal mit Ihnen in Verbindung setzen.«
    Frau Cordes erhob sich gemeinsam mit den Kommissarinnen.
    »Eine Frage habe ich doch noch«, sagte Lou, als sie schon an der Tür waren. »Rauchen Sie oder Ihr Mann?«
    Frau Cordes schüttelte energisch den Kopf. »Natürlich nicht.«
    * * *
    Ich bin mir nicht sicher, ob die Menschen, die ich töte, ahnen, dass sie sterben werden. Durchfährt sie morgens beim Zähneputzen eine Ahnung, dass sie heute alles zum letzten Mal erledigen, essen, riechen? Gibt es einen glasklaren Moment, der ihnen das eigene Ende vor Augen führt, allerdings als absurd erscheint und fehlinterpretiert wird? Haben sie einen Bezug zu der Stelle, an der sie krepieren? Damit meine ich selbstverständlich nicht diejenigen, die in ihrer Wohnung dran glauben müssen, sondern ich rede von öffentlichen Orten, die zu Tatorten werden. Für mich völlig nichtssagend, unverknüpft mit Emotionen, und das ändert sich auch nach den Taten nicht. Aber wie verhält es sich für die, die ich töte? Haben sie diesem einen Platz schon immer einen besonderen Blick geschenkt, spürten sie an diesem Ort stets einen kalten Hauch im Nacken?
    Ich werde es wohl nie erfahren, und im Grunde spielt dieser Aspekt keine Rolle. Was zählt,
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