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Blutlinien - Koeln Krimi

Blutlinien - Koeln Krimi

Titel: Blutlinien - Koeln Krimi
Autoren: Myriane Angelowski
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Brasch, der sich als Privatdetektiv durchschlug, seit er als Hauptkommissar bei der Kölner Polizei in Ungnade gefallen war, den Rat gegeben, zu ihr zu gehen; noch am selben Abend waren die beiden ein Paar geworden. Eine mehr als erstaunliche Entwicklung. Seither war er selbst nicht mehr bei Sylvie tanzen gewesen.
    »Wir sollten etwas Richtiges essen«, meinte Brasch, »ein Sonntagsfrühstück. Ich könnte zur Tankstelle fahren, Brötchen besorgen …«
    Schiller winkte ab. Kaffee genügte ihm. Was war mit Carla? Er hatte noch einmal versucht sie anzurufen, aber ihr Mobiltelefon war nicht angeschaltet. Was hatte das alles zu bedeuten? An ihrem gemeinsamen Anschluss an der Sülzburgstraße sprang nicht einmal der Anrufbeantworter an.
    Mit wenigen Worten erzählte er Brasch von seinem Traum und dem Anruf in der Nacht.
    Brasch wischte sich über das unrasierte Gesicht. »Ich kenne Carla nicht … aber eine Freundin hat mir mal erzählt, dass sie nach dem besten Sex ihres Lebens ihren Exmann angerufen hat, nur um ihm zu sagen: ›He, ich hatte gerade einen perfekten Orgasmus.‹ …« Er verzog den Mund. »Oh, tut mir leid, war keine gute Idee, so etwas zu sagen.«
    Schiller dachte kurz darüber nach. Würde Carla zu so etwas fähig sein? Sie hatte zwar kürzlich eine Affäre mit einem Sozialarbeiter gehabt, wie sie ihm gestanden, nein beinahe vorgeworfen hatte, aber eigentlich nur, um ihn auf die Probe zu stellen. Würde er, der ewig Abwesende, der Gedankenlose, etwas bemerken?
    »Ich würde gern ein Kind mit ihr haben, sie heiraten, eine neue Wohnung einrichten«, sagte Schiller vor sich hin. Er wunderte sich über sich selbst – all diese Dinge hatten bis vor Kurzem keine Bedeutung für ihn gehabt.
    Brasch zündete sich eine Zigarette an. »Ich liebe Sylvie«, sagte er. »Ich liebe es, zu sehen, wie sich ihre Schulterblätter bewegen, wenn sie nackt durch das Zimmer geht … Sie ist fast sechzig, aber sie hat eine Figur wie eine Fee. Und was die Musik mit ihr macht … wenn sie zu tanzen beginnt …«
    Plötzlich mussten sie beide lachen. Zwei wehmütige Männer an einem Sonntagmorgen.
    »Falls es noch eine Chance gibt, Carla zurückzugewinnen, werde ich sie nutzen«, sagte Schiller entschlossen vor sich hin.
    Dann trank er den letzten Rest Kaffee und lief zu seinem Wagen.
    Zwanzig rote Rosen, frische Brötchen, eine Flasche Rotwein, den teuersten, den er in der Tankstelle am Lindenthalgürtel finden konnte. Aber war es richtig, rote Rosen zu verschenken? Machte Carla sich überhaupt etwas aus Rosen? Vielleicht wäre eine einzige Orchidee viel angemessener gewesen. Verdammt, er kam sich beinahe wie ein Schuljunge vor, der nicht wusste, wie er sein erstes Rendezvous angehen sollte.
    Er parkte auf dem Auerbachplatz und lief die wenigen Schritte zu seinem Haus.
    Der alte Kellner aus der Pizzeria an der Ecke grüßte ihn. »Lange nicht gesehen!«, rief er.
    Schiller nickte freundlich, ohne ein Wort zu entgegnen. Früher war er mindestens einmal die Woche mit Carla bei ihm zu Gast gewesen. Früher … war ein paar Monate her. Wann genau hatten sie sich aus den Augen verloren? Schiller wusste es nicht.
    Als er klingelte, wurde ihm nicht aufgedrückt. Carla war nicht zu Hause – oder hatte sie vielleicht einen ihrer Migränetage? Hatte sie deshalb angerufen, aus falscher Not und einem kurzen Gefühl der Einsamkeit, das längst vergangen war?
    Er nahm seinen Schlüssel heraus und öffnete. Er würde die Rosen in eine Vase stellen, den Tisch für zwei decken, den Wein neben eine Kerze platzieren und wieder gehen. Damit hätte er immerhin ein Zeichen hinterlassen.
    Die Wohnung lag in der zweiten Etage, und mit jedem Schritt hatte er das Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Auf der Straße herrschte eine aufgeräumte Sonntagsstimmung, doch hier lauerte etwas Düsteres, Unheimliches.
    Er hörte seine eigenen Schritte auf den Steinstufen, eine Wasserspülung irgendwo im Haus. Plötzlich meinte er zu ahnen, dass Carla ausgezogen war – mit unbekanntem Ziel. Kaum dass er bei Brasch untergekrochen war, hatte sie Köln verlassen. New York – sie träumte von einem Leben im Village, wo sie einmal bei einer Freundin sechs Wochen verbracht hatte.
    Die Tür war nicht abgesperrt, wie Carla es sonst immer tat, wenn sie die Wohnung verließ. Ein dumpfer Geruch schlug ihm entgegen. Er sah sich selbst in dem länglichen Spiegel in der Diele. Eine schattenhafte, schmale Gestalt – er hatte abgenommen. Es hatte ihn immer
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