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Blutlinien - Koeln Krimi

Blutlinien - Koeln Krimi

Titel: Blutlinien - Koeln Krimi
Autoren: Myriane Angelowski
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deutliches Zeichen für die Unterversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff. Die Mangelversorgung des Gehirns war im vollen Gang. Blutzirkulation und Atmung würden gleich aussetzen. Trotz ihres Wissens überraschte Karina die Schnelligkeit der Vorgänge, und sie spürte kurzzeitig Wut darüber, dass sie keine Chance hatte, das Ruder zu ihren Gunsten herumzureißen. Sie musste kapitulieren, realisierte, dass keine Rettung nahte.
    Anderen Menschen hatte sie hundertfach geholfen, ungezählte Male lebensrettende Maßnahmen eingeleitet. Sie selbst kam nicht in den Genuss solcher Unterstützung. Unfair. Das war das letzte Wort ihres Bewusstseins. Ihre Fassungslosigkeit über das eigene Ende stand ihr noch ins Gesicht geschrieben, als sie dem Tod entgegentrat.

Köln-Nippes, Gustav-Nachtigal-Straße
    »Das Eigelb ist ja noch voll glasig.« Wilson klang so angewidert, als hätte Frieda ihm Maden serviert.
    Lou triumphierte innerlich. Ja, weiter so, Junge! Das lässt sich meine Tochter nicht gefallen. Immerhin hat sie den Feminismus mit der Muttermilch aufgesogen.
    Vorsichtig riskierte sie einen Blick an der Zeitung vorbei. Ihre neunzehnjährige Tochter war noch immer im Nachthemd, während Wilson geduscht und angezogen am Tisch saß, den Teller mit dem Spiegelei zur Seite schob und geistesabwesend auf seinem Smartphone herumtippte. In zwanzig Minuten klingelte die Schulglocke des nahe gelegenen Gymnasiums.
    Lou bemerkte, dass Frieda zögerte, bevor sie den Teller nahm und das verschmähte Ei in den Mülleimer katapultierte. Das war nicht ganz die Reaktion, die Lou erwartet hatte. Okay, Kind, und jetzt sag ihm, dass er sich ein neues Ei in die Haare schmieren kann! Zu ihrem Entsetzen stellte sich Frieda aber erneut an den Herd. Sie machte eine Faust in der Tasche und verzog sich wieder hinter den Kölner Stadt-Anzeiger.
    Der erste richtige Freund ihrer Tochter nervte.
    Wilson machte sich breit, belegte stundenlang das Badezimmer, ging wie selbstverständlich an den Kühlschrank und nörgelte auch noch, wenn der Aufschnitt nicht nach seinem Geschmack war. Immerhin wagte er nicht, ihr seine Sonderwünsche anzutragen. Er schrieb sie auf gelbe Notizzettel, die er überall im Haus verteilte. Kleine Botschaften, Hinweise an Frieda, die Lou auf die Palme brachten: Mäuschen, ich mag das Shampoo von Adidas ☺ . – Mäuschen, ich esse sehr gerne Leberwurst zum Frühstück ☺ . Mittlerweile wurde Lou schon aggressiv, wenn sie ein gelbes Post-it sah, und warf sie ungelesen weg.
    Eigentlich hatte sie sich diesen Abschnitt ihrer Mutter-Tochter-Beziehung immer als besonders schön ausgemalt. Gern hätte sie Friedas erste ernst zu nehmende Liebe mit offenen Armen in der Familie aufgenommen. Auf keinen Fall wollte sie sich wie ihre Mutter verhalten, die an jedem Jungen, den sie früher mit nach Hause gebracht hatte, rumgemeckert hatte.
    Aber Wilson war wirklich eine Marke für sich. Ihr gegenüber verhielt er sich zugeknöpft und einsilbig, aber vor Frieda nahm er kein Blatt vor den Mund.
    Und zu Lous Entsetzen tanzte Frieda nach seiner Pfeife. Sie erkannte ihre selbstbewusste Tochter nicht wieder, die irgendwie Spaß daran zu haben schien, einen auf gefügiges Frauchen zu machen. Am liebsten hätte Lou einige Machtwörter gesprochen. Aber Frieda musste Wilson selbst in die Schranken weisen. Also übte Lou sich in Geduld und instruierte sich positiv: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Frieda explodiert, und dann setzt sie das Jüngelchen vor die Tür. Bisher blieb dieser Knalleffekt allerdings aus. Frieda erwies sich als geduldig. Sehr geduldig.
    Gerade startete sie einen erneuten Anlauf, reichte Wilson den Teller mit einem frischen Spiegelei. Er nahm es entgegen, hob den Blick vom Smartphone, lächelte und blinzelte Frieda zu. Sie küsste ihn auf die Stirn und ging aus der Küche.
    Lou faltete die Zeitung zusammen. Wilson schien ein Gespür dafür zu haben, wie weit er den Bogen spannen konnte, und nicht selten zeigte er sich äußerst liebenswert, bevor eine Situation eskalierte. Frieda hatte den Zusammenhang bisher offenbar nicht erkannt, aber Lou machte Wilson nichts vor.
    Jetzt aß er sein Ei und spielte nebenbei seelenruhig mit seinem Handy, obwohl er zur Arbeit musste. Wilson hatte einen Ausbildungsplatz als Industrieschlosser ergattert. Wie er das geschafft hatte, blieb Lou schleierhaft, aber sein Chef war anscheinend zufrieden mit ihm. Frieda hörte nicht auf, ihn in den höchsten Tönen zu loben.
    Es war Lou, die nun unruhiger
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