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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen
Autoren: Delilah S. Dawson
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es schien mir unglaublich, dass er immer noch nicht tot war.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, sie sollten sich vor dunkelhaarigen Fremden in Acht nehmen, Mr Grove«, gab ich mit brechender Stimme zurück.
    Während er darum kämpfte, seine Armbrust auf mich zu richten, neigte ich den Kopf über Criminy und streichelte mit meinen bloßen Händen sein Gesicht. Ich spürte, wie seine Lippen zuckten, als er das frische Blut an meinen Kratzern roch. Als er die Zunge herausstreckte und anfing, die Wunde an meiner Handfläche zu lecken, hielt ich seinen Kopf, bebend vor Schluchzen, und mein offenes Haar hing über uns beide herab. Egal, welchen Genuss ihm das Blut bereiten mochte, ich hoffte, es würde helfen, seine letzten Augenblicke schöner zu machen.
    »Du hast es gewusst«, sagte der alte Mann anklagend. »Die ganze Zeit.«
    »Ich wusste genug, um Sie zu finden«, antwortete ich. »Und genug, um Sie zu töten.«
    Goodwill sackte vornüber, und die Armbrust in seinen Händen zitterte. Er atmete schwer, schwitzend und zitternd.
    Endlich .
    »Halten Sie Ihre Armbrust bereit. Ich will Antworten, bevor sie stirbt«, wies er den Copper an, aber er kämpfte schon darum, bei Bewusstsein zu bleiben. Sein Kopf kippte nach hinten, und seine Augen starrten in den Himmel.
    »Seit zwanzig Jahren sind Sie jetzt hier«, sagte ich. »Und Ihr Enkel hat mich mit einer Flasche Insulin einfach zur Tür hereingelassen. Zu dumm, dass Sie nicht da waren, um diesem Jungen beizubringen, dass man Fremden nicht die Tür öffnet.«
    »Das Blut«, fragte Goodwill. »Das war nicht mal verseucht, nicht wahr?«
    »Nö«, gab ich zurück. »Aber Ihres schon.«
    »Sie können … sie jetzt erschießen … Ferling«, keuchte Goodwill, während er noch immer darum kämpfte, bei Bewusstsein zu bleiben.
    Aber Ferling setzte seine Armbrust ab und sagte: »Bitte um Verzeihung, Sir, aber ich denke, das werde ich nicht tun. Sie hat mir mal einen Gefallen getan. Hat mein Leben gerettet.«
    Der alte Mann keuchte, und seine Hand zitterte, als er seine Armbrust hob und aus nächster Nähe auf mich richtete. Doch bevor er sie abfeuern konnte, fiel sie klappernd zu Boden. Er fiel nach hinten und umklammerte mit zitternder Hand etwas unter seinem Hemd.
    »Wissen Sie, warum Evangel Sie nie geliebt hat?«, fragte ich mit rauer Stimme. »Nicht weil Sie ein Mensch sind. Nicht weil Bludmänner Magie besitzen.« Ich sah zu, wie er nach Luft schnappte.
    »Sondern weil Sie ein böser Mensch sind.«
    Und dann sah ich auf, um den Augenblick mitzuerleben, in dem Jonah Goodwill diese Welt verließ. Sein alter Körper schauderte und wurde dann schlaff, das Gesicht nach oben gerichtet. Für einen Augenblick stellte ich mir die Frage, ob er in Anderson wohl noch einmal aufwachte, nur eine Sekunde, gerade lange genug, um den Schatten des Magnolienbaumes zu sehen, der über die Wand tanzte, und meinen auf dem Boden liegenden Körper.

40.
    E ntschuldigen Sie mich, Madam«, sagte Ferling. »Aber ich glaube, jemand vom Haus ruft nach mir.«
    Damit stand er auf und ging weg, einfach so. Ich vermute, der Copper hatte meinen Rat angenommen, und Frieden mit seiner Frau gefunden. Und Criminy hatte sich um Rodvey gekümmert. Meine Vision war rundum hilfreich gewesen, und Ferling hatte sich tatsächlich an meine Worte erinnert. Vielleicht waren nicht alle Copper so böse.
    Aber Visionen halfen mir jetzt nicht weiter. Die Zukunft, die ich gesehen hatte, lag in Trümmern. Ich sah auf das bleiche Gesicht in meinem Schoß, auf den Bolzen, der abstoßend zitternd aus seinem Hals ragte. Nur ein winziges Rinnsal Blut rann an seinem Hals hinab in sein Hemd.
    »Was soll ich tun?«, flüsterte ich.
    »Zieh ihn raus«, keuchte er.
    Also biss ich die Zähne zusammen, packte den rotbefleckten Schaft hinter der grausamen Metallspitze und zog zaghaft daran.
    Er stöhnte und zischte mir zu: »Zieh fester.«
    Ich geriet in Panik, und der Puls hämmerte in meinen Schläfen. Verdammt, ich war Krankenschwester, aber für eine so harte Welt war ich nicht ausgebildet. Ich packte den Bolzen wieder, legte als Gegendruck eine Hand an Criminys Hals und zog ihn direkt nach oben heraus, so glatt, wie ich konnte.
    Der Bolzen stockte kurz und glitt dann mit einem nassen, schmatzenden Geräusch aus seinem Hals. Es gab ein pfeifendes Geräusch, als Criminy tief Luft holte. Ich biss mir auf die Lippe und beobachtete ihn, suchte nach Anzeichen von Sauerstoffmangel. Wartete darauf, dass er starb und mich in diesem fremdartigen
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