Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen
Autoren: Delilah S. Dawson
Vom Netzwerk:
Fensterscheiben nach draußen in ein Beet mit orangefarbenen Lilien. Er nahm meine Hand und half mir nach draußen in die helle Morgensonne. Der Tag war wunderschön, mit glitzernden Regentropfen, Prismen und fröhlichen Pflanzen.
    Aber es war keine Zeit, um den seltenen Anblick eines schönen Tages in Manchester zu genießen. Wir rannten los, auf die ferne Mauer der Priorei zu, und ich konnte nur vermuten, dass Criminy einen Weg finden würde, um mich über die glatte weiße Steinmauer zu bekommen, die bestimmt zweieinhalb Meter hoch war.
    »Es wäre sehr viel leichter, wenn ich genug Zeit für einen Zauber hätte. Kannst du nicht ein wenig schneller laufen, Liebes?«, erkundigte er sich – er keuchte noch nicht einmal.
    »Die letzten paar Tage waren ziemlich lang«, antwortete ich – ganz eindeutig keuchend. »Du hast Glück, dass ich noch nicht gestürzt bin und dich mit umgerissen habe.«
    »Das klingt ganz nach Spaß nach meinem Geschmack«, meinte er. Er lachte, rannte weiter, und mir ging das Herz auf vor unerwartet heftiger Zuneigung.
    Mittlerweile hatten wir den Obstgarten erreicht und rannten geradewegs zwischen zwei Baumreihen hindurch. Die Schatten flackerten, während wir förmlich dahinflogen, und die Kuh hörte auf zu grasen und beobachtete interessiert, wie wir an ihr vorbeisausten. Das war wahrscheinlich das Interessanteste, was sie je in ihrem Leben gesehen hatte.
    Es war ein Gefühl, als würden wir schon ewig rennen und als würde es nie aufhören, als würden die Bäume nie ein Ende nehmen, sondern ewig an uns vorbeiziehen, einer nach dem anderen. Aber die Wand kam näher, und meine Lunge war kurz davor zu platzen, als Criminy langsamer wurde und auf eine riesige alte Eiche zusteuerte, mit Ästen, die bequemerweise nahe an die hohe Mauer heranwuchsen.
    »Lass mich dir nach oben helfen«, meinte er.
    Ich hob den Fuß, und er warf mich förmlich auf den niedersten Ast hinauf. Ich landete auf dem Bauch, sodass es mir alle Luft aus dem Leib drückte, und versuchte den nächsten Ast zu erreichen. Der glatte Handschuh war beinahe mein Untergang, und ich zog die beiden dummen Satindinger ab und warf sie zu Boden. Das bauschige Seemannshemd verfing sich in den Zweigen und unter meinen Zehen und machte ein Hinaufklettern beinahe unmöglich, aber ich zog mich über zwei weitere Äste und rückte weiter nach außen, während ich mich an kleineren Ästen festhielt, um die Balance zu halten.
    Über die Mauer hinweg konnte ich die düsteren Straßen von Manchester sehen. Es war schon verblüffend, wie schmutzig und geschäftig die Welt außerhalb von Jonah Goodwills privatem Garten Eden war. Ein kleines Mädchen in einem Ganzkörperlätzchen, das eine Holzente an einer Schnur hinter sich herzog, blieb stehen und zeigte mit dem Finger auf mich, und ihr Kindermädchen schalt sie eine Tagträumerin.
    »Du musst dich beeilen, Liebes«, drängte Criminy.
    Ich drehte mich um und wollte ihn schon anfauchen, aber da rutschte meine Hand weg. Ich verlor das Gleichgewicht, schwang herum und landete mit dem Rücken zum Baumstamm auf einem verkrümmten Ast, wo ich mit weit ausgebreiteten Armen rudernd versuchte, das Gleichgewicht zu halten.
    Es half nichts. Ich rutschte ab, und Criminy war zu weit unter mir, um helfen zu können.
    Als ich abrutschte, spürte ich ein heftiges Reißen an meinem Hals. Mein Medaillon. Es hatte sich am äußersten Ende eines abgebrochenen Astes verfangen.
    Noch bevor ich überhaupt realisiert hatte, was da passierte, fiel ich auch schon.
    Nur einen Herzschlag später landeten meine Füße auf einem niedrigeren Ast, und Criminys Arme hielten mich fest an den Baumstamm gedrückt. Ich umklammerte den Baumstamm, während mir die Tränen aus den zusammengepressten Augen schossen und ich versuchte, meine Kehle wieder zum Arbeiten zu bewegen. Mit der einen Hand klammerte ich mich an einem Ast fest, mit der anderen griff ich mir an den Hals:
    Das Medaillon war weg.

38.
    I ch öffnete die Augen und schaute nach unten.
    »Scheiße«, sagte ich leise.
    Criminy stand einen Ast unter mir und schaute mit gerunzelter Stirn auf die Erde. Das Medaillon lag auf einem Grasflecken, mit dem Rubin nach oben, und glänzte in der Morgensonne. Als Criminy wieder zu mir hochschaute, waren seine Augen noch leidenschaftlicher und wilder als damals, als er mit dem Bludhirsch gekämpft hatte. Alles in ihm, das nicht menschlich war, stand in diesem einen Blick geschrieben.
    »Criminy, tu es nicht!«
    »Ich hab’s
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher