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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
Autoren: Stephan Russbült
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Füßen zu bleiben. Bralba und Rator eilten dem Zwinger entgegen und packten ihn, sobald er in Reichweite war. Rator stemmte den Käfig vorsichtig auf die Seite und öffnete das Gatter. Zum Vorschein kamen König Arbalosch und Trumbadin. Auf etwas unsicheren Beinen wankten sie dem Thron entgegen.
    »Trumbadin, wie habt ihr es so schnell hierher geschafft?«, rief Mogda verblüfft.
    »Ich habe mich beeilt«, erwiderte der Zwerg stolz. »Dachtet Ihr, ich würde die Ankunft des Gesandten verpassen wollen? Sie alle haben mit dem, was sie sagen, Recht. Ihr seid ein Berührter, der Sohn eines Gottes, der Überbringer einer Botschaft. Seht Euch an, seht Eure Haut, seht Eure Augen in einem Spiegel an, sie alle sagen dasselbe. Ihr seid die Prophezeiung. Zieht das Runenschwert und legt den Schild an, dann erhebt Euch, und Ihr werdet wissen, wovon ich spreche.«
    Mogda hatte keine Lust mehr, ständig zu widersprechen, wenn man ihm immer andere Namen gab. Die Liste mit Namen, die man ihm im Laufe der Zeit gegeben hatte, wäre länger gewesen als die Liste in dem Buch von Meister Trebor, in dem alle Kreaturen Nelbors verzeichnet waren. Was konnte noch geschehen? Wo sich alle so sicher waren, was er zu tun hatte und was er zu sein schien, würde es nur wenig ausmachen, wenn er tat, was sie von ihm verlangten. Er erhob sich von dem Thron, packte den Schild und zog die Runenklinge aus der Scheide.
    Er hörte keine Stimme, die zu ihm sprach. Auch durchflutete ihn nicht ein einziger göttlicher Gedanke, und zum Glück traf ihn auch kein Blitz. Dennoch wusste er plötzlich, was zu tun war. Er würde die Götter wieder erwecken.
    »Lass uns zurück an die Oberfläche, wir haben einen Krieg zu gewinnen«, dröhnte er.
    Betretenes Schweigen war die Antwort. Alle Häupter senkten sich, die Mutlosigkeit war ihnen anzumerken. Allein Rator blickte ihn an, zeigte wie immer keinerlei Gefühlsregung.
    »Was ist mit euch?«, grollte Mogda.
    »Fast mein ganzes Heer steht an den Toren unserer Feste«, erklärte König Arbalosch. »Die Barbaren belagern den Haupteingang mit fast viertausend Kriegern. Wir selbst zählen nicht mehr als dreitausend Bewaffnete. Selbst wenn wir es schaffen sollten, ihre Vorhut zu durchbrechen, würdet Ihr nur wenig Verstärkung erhalten.«
    »Dort oben haben sich mehr als zehntausend Wilde versammelt«, rief Londor dazwischen. »Wie können wir da hoffen, die Schlacht zu gewinnen?«
    »Schaut mir in die Augen«, brüllte Mogda ihnen zu. »Ihr habt gesagt, sie funkeln wie die eines Gottes, trotzdem glotzt ihr mir alle auf die Füße. Glaubt mir, sie riechen schlimmer, als sie aussehen. Sie tragen den Geruch von Wüste, Eis, Feuer, Wasser und zerstampfter Erde. Auf ihnen habe ich dieses Land und ganz Nelbor mehrfach durchquert. Wenn ihr glaubt, dass ich jetzt auf ihnen einfach wieder zurückkehre, habt ihr euch getäuscht. Ich bin gekommen, um einen Krieg zu führen, und das werde ich jetzt tun. Ich werde so lange auf meinen Füßen stehen und kämpfen, bis sie wenigstens ein bisschen nach Gott riechen. Dies ist nicht euer Krieg, dies ist der Krieg der Oger. Sechzig Oger gegen zehntausend Barbaren hört sich nicht gerecht an, aber glaubt mir, wir werden unseren Feinden die Möglichkeit bieten, rechtzeitig aufzugeben.«
    Ein Knacken, so laut wie das Bersten einer Lanze, erfüllte die Halle, und alle Umstehenden blickten sich fragend um. Rator ließ sich auf ein Knie nieder und hob die Kette auf, an die er gefesselt gewesen war. Das Eisen um sein Gelenk war geborsten und hatte ihn freigegeben. Er hob sie hoch und reckte sie König Arbalosch entgegen.
    »Rator gehen in ewige Schlacht«, knurrte er.
    »Zeigen wir den Wilden, wie unser Stahl schmeckt«, rief Mogda und trat vom Podest.
    Zögerlich folgten ihm die anderen. Auch König Arbalosch und Trumbadin zogen ihre Hämmer aus den Schlaufen und reihten sich in die Prozession ein. Trumbadin befand sich direkt hinter ihm, als Mogda den ersten Ring der steinernen Kette umklammerte.
    »Wie wollt ihr die Götter erwecken?«, fragte er.
    »Manchmal kann allein das Fällen einer Entscheidung viel lauter sein als die Schreie und das Lärmen eines ganzen Volkes. So laut, dass es selbst Götter aus dem Schlaf reißt.«
 
    Es schien eine halbe Unendlichkeit zu dauern, bis Mogda den ersten Schnee zwischen den Fingern spürte und das letzte Glied hinaufstieg. Er war kein bisschen erschöpft, im Gegenteil, mit jedem Meter, den er hinaufgestiegen war, schien seine Kraft zuzunehmen. Was ihn
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