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Blutiger Sand

Blutiger Sand

Titel: Blutiger Sand
Autoren: E Kneifl
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verklebt meine Lippen.
    Mein Blick fällt auf das Gesicht des Mannes, der mich trägt. Mein Schrei hört sich an wie ein leises Gurgeln.
    Ich registriere die Erweiterung seiner Pupillen und den Puls seiner Halsschlagader.
    Langsam kehrt die Erinnerung zurück. Wo ist Orlando? Er wollte auch auf die Toilette. Hat dieser Psychopath ihn umgebracht? Mein Herzschlag beschleunigt sich. Da ich keinen vernünftigen Ton von mir geben kann, starre ich meinen Entführer nur böse an.
    Mitten im Wald steht ein Wagen. Er kommt mir irgendwie bekannt vor.
    In meinem Kopf dreht sich alles. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen.
    Mein Entführer lässt mich neben dem Wagen wie einen Mehlsack auf den Boden plumpsen.
    „Du hältst dich wohl für besonders schlau, du Zigeunerschlampe.“ Sein höhnischer Ton macht mich rasend.
    „Deine Mutter, diese geile Hure, war viel tapferer als du. Sie hat mir nicht nur ein paar blutige Kratzer verpasst, sondern gleich auch einen Stich in die Lunge und einen Tritt in die Eier. Der hätte mich fast lahm gelegt. Dafür habe ich sie bluten lassen wie eine Sau.“
    Ich ertrage es nicht, ihn über meine Mutter sprechen zu hören. Bäume mich auf und brülle vor Wut und Schmerz. Meinem Mund entweicht bloß ein armseliges Röcheln.
    Lachend öffnet er den Kofferraum seines Wagens, wälzt mich hinein und schließt den Deckel. Es ist nicht der Ford-Kastenwagen, mit dem er uns vor ein paar Tagen abgeschleppt hat, sondern ein schicker BMW . Plötzlich weiß ich, warum er mir bekannt vorkam. Es ist der Wagen, der an der Tankstelle im Death Valley den Geist aufgegeben hatte. Was mit dem Besitzer passiert ist, wage ich mir gar nicht erst vorzustellen.
    Minuten vergehen, während ich in die Finsternis lausche. Ich höre nur das Rauschen des Blutes in meinen Ohren.
    Obwohl mir nach Weinen zumute ist, vergieße ich keine einzige Träne. Plötzlich kann ich Simons Gefühle von vorhin nachvollziehen. Es ist nicht allein die Angst, sondern auch das Gefühl der Niederlage, des Geschlagenseins, das mich so wütend macht.
    Egal, was er mit mir vorhat, ich werde ihm die Genugtuung nicht geben, sich an meiner Angst aufzugeilen.
    Ein Schauder nach dem anderen läuft mir den Rücken hinab. Ich atme tief durch, um mich wieder zu fangen. Konzentrier dich auf die Stille. Lass dir etwas einfallen, Kafka.
    Warum hat er mich nicht gleich vor der Toilette umgebracht. Was will er? Benützt er mich als Geisel? Warum? Wofür?
    Simon wird nach mir suchen. Und Orlando, falls er denn hoffentlich noch lebt, wird ebenfalls keine Ruhe geben, bis er mich gefunden hat. Aber wo bleiben sie? Wie lange bin ich schon in der Gewalt dieses Monsters? Einige Stunden oder sind erst ein paar Minuten vergangen, seit ich das Bewusstsein verloren habe?
    Motorengeräusch. Schluss mit der Stille. Wir fahren einen holprigen Weg entlang. Ich rolle im Kofferraum hin und her. Die Fesseln schneiden in das zarte Fleisch meiner Gelenke. Ich versuche mich möglichst wenig zu bewegen. Spüre jedes Schlagloch.
    Nach einer Weile gewöhne ich mich an die unbequeme Fahrt.
    Als ich wieder etwas klarer im Kopf bin, packt mich jedoch wirklich die Angst. Richtige Scheiß-Angst! Mir ist plötzlich ganz heiß und mein Herz klopft stark und schnell. Der Gedanke, dass dies meine letzten Stunden sein könnten, macht mich halb wahnsinnig.
    Er wird mich töten. Aber warum hat er mich nicht jetzt im Wald umgebracht? Er hat etwas mit mir vor. Und das macht mir am meisten Angst.
    Ich will schnell sterben. Fürchte mich vor Schmerzen. Ein langsamer Tod ist das Entsetzlichste, was ich mir vorstellen kann. Bilder von Vergewaltigung und Folter erscheinen vor meinen Augen. Ich kann meine Tränen nicht länger zurückhalten.
    Plötzlich bleibt der Wagen stehen.
    Schweiß tropft von meiner Stirn. Meine Tränen vermischen sich mit meinem Schweiß. Auf der linken Wange löst sich das Klebeband. Ich schneide die wildesten Grimassen, helfe mit meiner Zunge nach und bekomme endlich einen Teil meines Mundes frei.
    Ich starre in die Finsternis. Als ich meinen Mund und meine Nase an das Schloss des Kofferraums drücke, erhasche ich ein bisschen Luft, die durch den winzigen Spalt zwischen Deckel und Karosserie strömt.
    Plötzlich rieche ich Benzin.
    Er tankt.
    Ich liege auf dem Rücken. Trommle mit gefesselten Händen und Füßen gegen den Deckel des Kofferraums. Er öffnet ihn einen Spalt weit.
    Ich sehe seinen Mund, den er zu einer Grimasse verzerrt hat. „Gib Ruh, du Bastard, sonst muss ich
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