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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung
Autoren: Lilith Saintcrow
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will ich sehen, Wer. Meine Hand am Stamm verkrampfte sich, lockerte sich wieder. Deutlich spürte ich Michails Lehrlingsring an meinem Mittelfinger. „Zeig gefälligst Respekt!“
    „Tut mir leid.“ Und das meinte er ehrlich. „Du hast mich zu Tode erschreckt, Jill.“
    Nun war ich an der Reihe, mich zu entschuldigen. „Das tut mir leid.“
    Stille. Der Priester hielt inne, dann sagten alle das Gelübde auf, während der Sarg langsam in die wartende Dunkelheit hinabgelassen wurde.
    Ich verpflichte mich, den Bürgern von Santa Luz stets treu zu dienen, sie zu beschützen und ihnen beizustehen. Ich schwöre, nie aus Furcht oder Gefälligkeit zu handeln, die Unschuldigen zu verteidigen und die Lebenden zu beschützen. Ich schwöre, allzeit ehrlich und wahrhaftig zu sein, dem Gesetz zu dienen und jeden Tag mein Bestes zu geben, damit die Bürger, die ihr Vertrauen in mich setzen, in Sicherheit sind und ihnen wahre Gerechtigkeit widerfährt.
    Im Stillen sagte ich den Eid mit allen zusammen auf. Jäger haben ihr Gebet, und Polizisten sind vermutlich nicht anders.
    Einige von ihnen sagten danach Amen. Sehr leise.
    Meine Brust war wie zugeschnürt, ein scharfer, reißender Schmerz durchfuhr mich. In meinem Hals sammelte sich etwas, das zu schroff und zu heiß war, um Trauer zu sein. Meine Finger krallten sich in die Rinde des Baums, dann ließ ich die Hand herunterfallen und schüttelte meine Finger so lange, bis sie wieder locker waren.
    „Gilberto lässt dich grüßen“, sagte Theron leise. Er stand so nah, dass ich die Hitze seines Körpers spürte. Aber er gab Acht, mich nicht zu berühren. „Er meint, er schuldet dir ein Bier.“
    Ich nickte. „Sag ihm …“ Was denn, dass er sicher ist? Dass ich dabei zugesehen habe, wie er jemanden ermordete, ohne einzugreifen? „Sag ihm, dass ich ihn verstehe.“ Und dass Morden besser nicht zu einer Angewohnheit von ihm wird.
    Rosie trat vor. Keine von Carps Exfrauen war gekommen, und selbst wenn, wäre es vermutlich trotzdem Rosie gewesen, die als Erste die kleine Schaufel nahm und eine Handvoll Erde in die Grube warf.
    Ich konnte deutlich hören, wie kleine Steinchen auf den Sargdeckel prasselten. Ein hohler Klang von Endgültigkeit.
    „Das Warenlager in der Cherry Lane ist gesäubert“, fuhr Theron in monotonem Tonfall fort. „Keine weiteren Anzeichen von Scurf. Wir haben im Keller des Kat Klub einen Beschwörungsaltar gefunden. Sah ziemlich fies aus.“
    „Hat Leon mir schon erzählt.“ Ich schluckte einen sauren Geschmack hinunter. Mein Frühstück hatte heute aus einigen Schlucken Wodka bestanden. Das Brennen war eine Wohltat gewesen, bevor ich im Laufschritt das Haus verlassen hatte. „Du bist mir eine ganz große Hilfe, Theron. Danke.“
    Er stieß einen Laut aus, der ein unzufriedenes Seufzen hätte gewesen sein können, unterdrückt aus Respekt für die Toten, die um uns herum schliefen. „Saul hat angerufen. Er ist ziemlich aufgebracht. Ich war nicht oft zu Hause.“
    Scheiße. Aber es entsprach dem Taktgefühl eines Wers, dass er mich fragte, was er sagen sollte. Wenn er oder Leon der Meinung gewesen wären, dass ich in ernsthaften Schwierigkeiten steckte oder gar tot war, dann wäre es Leons Aufgabe gewesen, Saul die schlechten Nachrichten zu überbringen.
    Das wäre kein schöner Auftrag gewesen.
    Ich nahm mich zusammen. „Ich auch nicht. Aber ich werde mich bald bei ihm melden. Lass mich mit ihm reden.“ Mit anderen Worten, Theron, diese Angelegenheit bleibt zwischen uns.
    Er dachte darüber nach. „Wie eng war es, Jill?“
    Was willst du von mir hören? „Ziemlich eng. Diesen Fall kann ich nicht zu meinen Siegen zählen.“ Ich starrte blind auf die Szene um das offene, gähnende Grab, auf dessen einer Seite ein Hügel aus Erde lag, abgedeckt mit Kunstrasen. Rosie stand mit erhobenem Kinn da. Monty hatte die Arme verschränkt und ließ die Schultern hängen. Sullivan sah zu Boden. Pipers Wangen waren feucht.
    „Immerhin steht die Stadt noch. Und diese Höllenbrut, die den Kat Klub geleitet hat …“
    „Sie ist tot.“ Ich sprach zu schnell, und beinahe war es nur ein Hauch. Carp, ich habe dich gerächt, ohne es zu wissen. Ich wünschte, ich könnte es noch einmal tun.
    Manchmal ist Vergeltung nicht genug. Aber während deiner Ausbildung sagt dir das keiner. Das gehört zu den Dingen, die man selbst lernen muss. Es ist eine der Lektionen, die dich nach der Lehre erst zu einem Jäger machen …
    Der Gottesdienst neigte sich dem Ende zu. Die
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