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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung
Autoren: Lilith Saintcrow
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ist!
    Gerne hätte ich Saul angerufen, aber er hätte sofort gemerkt, dass etwas mit mir nicht stimmte. Und im Moment konnte er nun wirklich keine zweite Bürde gebrauchen. Er klang auch so schon besorgt genug – wenn er mich denn mal ans Telefon bekam.
    Ich unterdrückte ein weiteres Schaudern. Noch immer steckte der Brandgeruch in meinen Kleidern, die unsichtbare, stinkende Wellen aussandten – wie Pig-Pen aus den alten Peanuts-Comics.
    Ich sollte aufstehen, trainieren und raus auf die Straße gehen.
    Eine Weile lag ich einfach da, atmete ein und aus, badete meine Augen im Licht. Versuchte, das Offensichtliche zu ignorieren.
    Du weißt, was das bedeutet: Perry denkt an dich.
    Wenn mich das doch nur nicht so verunsichern würde. Einmal mehr hatte er es um ein Haar in meinen Kopf geschafft. Hatte es beinahe fertiggebracht, mich über den Abgrund zu stoßen, neben dem ein jeder Jäger sein Leben lang balanciert.
    Wir töten fast täglich. Ganz egal, ob Höllenbrut, Trader, Scurf, Priester des Mittleren Pfades oder sonst was. Es bedeutet immerhin, fühlende Geschöpfe umzubringen. Der Umstand, dass die meisten dieser empfindsamen Wesen mordende Bestien sind, entlässt einen Jäger nicht aus der Verantwortung.
    Jedenfalls verweigert uns die Kirche den Zugang zum Himmel, selbst wenn man uns in geweihter Erde bestattet.
    Manchmal gibt mir das zu denken. Je länger ich diese Arbeit mache, desto öfter komme ich ins Grübeln.
    Dabei geht es nicht anders, als bis ans Äußerste zu gehen. Wer zögert oder sich ziert, kann keine Höllenbrut töten. Aber egal, wie nahe man dem Abgrund auch kommt, egal, wie oft man seine kleinen Zehen auf die Kante stellt und in den gähnenden Schlund darunter blickt, man darf sie nie überschreiten. Die Grenze ist dünn wie die Klinge eines Rasiermessers, aber man darf sie niemals übertreten!
    Und ich war so kurz davor gewesen.
    Hoch mit dir, Jill! Trainiere, dann geh raus und mach deine Arbeit. Soll Perry doch in seinem kleinen Höllenloch versauern. Um ihn kannst du dich immer noch kümmern, falb ersieh wirklich blicken lässt.
    Das klang gut.
    Wie gerne hätte ich es geglaubt.
    Ich rollte mich aus dem Bett, nahm das Messer mit und machte mich auf eine weitere lange Nacht gefasst.

3
     
     
    Ich hatte den Impala gerade erst auf Vordermann gebracht, deshalb schnurrte mein Baby wie ein Kätzchen, als ich mit ihm raus in die Vororte fuhr. Fröhlich baumelten die roten Plüschwürfel, die Galina mir geschenkt hatte, am Rückspiegel. Kutchners Witwe lebte im Cruzada-Viertel – nette, kleine Häuser aus den Siebzigern, eingezäunte Gärten und Nachbarn so alt wie Methusalem. Zumindest, wenn man in der richtigen Straße wohnte. In den falschen hatten die Nachbarn Crack-Probleme und sahen deshalb nur so aus wie Methusalem.
    Diese Kombination findet man nur in den Vororten. Kein Wunder, dass die Leute dort Sitcoms brauchen, um den Schmerz zu betäuben.
    Die falschen Straßen lagen für gewöhnlich etwas höher, weiter weg von der Flussader. Näher an der Wüste. Mrs Kutchner wohnte irgendwo dazwischen – hoch genug, um Gitter vor den Fenstern zu haben, die nicht nur zur Zierde gedacht waren. Trotzdem war die Gegend noch okay, und als die Sonne blutrot hinter den Bergen unterging, knallte ich die Tür meines Wagens zu und beäugte ihr Haus. Es war ein netter, kleiner Ziegelbau. Das Gras war gemäht, wenn auch hier und da etwas Unkraut hervorlugte, und der Garten war von Maschendrahtzaun umgeben. Hier draußen war das Gras gelb – die Leute hatten Besseres zu tun, als ihr Geld für astronomische Wasserrechnungen auszugeben.
    Gegen den Impala gelehnt sah ich mich um. Die Nachbarn zur Rechten hatten Kinder – jemand musste ja mit all dem Spielzeug spielen, das in ihrem Hof verteilt war. Auf der anderen Seite zog sich ein verwahrloster Grünstreifen durch die Siedlung, der an einen Graben grenzte, in dem während der Regenzeit das Flutwasser aufgefangen wurde. Auf dieser Seite waren Zaun und Gräser höher.
    Die Jalousien hinter den leeren Fenstern und den geraden Eisenstäben waren alle zugezogen. Die rot gestrichene Tür wirkte wie ein fest verschlossener Mund, und die langen, ovalen Fenster warfen der Straße einen stets überraschten Blick zu. Die rostroten Dachziegel waren relativ neu, von den heißen Sommern noch nicht ausgebleicht.
    Also was gefällt mir an diesem Bild nicht? Ich nahm die Sonnenbrille ab. Der Himmel verfärbte sich im Westen tiefblau, rosa und orange. Die Berge glühten wie
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