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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung
Autoren: Lilith Saintcrow
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ein Gebiss aus Schmelzöfen, die sich den dünnen Quellwolken entgegenstreckten, um sie aufzuspießen. Es war der originalgetreue Tanz der Sieben Schleier, der Nacht für Nacht aufgeführt wird – Bitte verzichten Sie auf Applaus, werfen Sie einfach ein paar Münzen!
    Aus der Wüste wehte Wind heran, der nach Sand und Hitze roch. Eine Wärme wie aus dem Backofen trocknete den Schweiß auf meiner Stirn und brachte die Amulette, die mit rotem Band in mein Haar geflochten waren, zum Klimpern. Während ich das Haus betrachtete, spielte ich mit dem silbernen Ring an meiner linken Hand, den ich als Lehrling bekommen hatte. Ich bekam eine Gänsehaut.
    Mein cleveres Auge – das blaue, das hinter die Oberfläche dieser Welt sehen kann – fing vor Anstrengung zu tränen an. Über Kutchners Haus hing wie ein Sargtuch Sphärenenergie, die dick, geronnen und geschunden wirkte.
    Dafür konnte es eine ganze Reihe von Gründen geben -zum Beispiel konnten Trauer oder andere negative Emotionen mit der Zeit dazu führen. Auch ein Mord oder Selbstmord in der nahen Vergangenheit – immerhin war das hier Kutchners letzte bekannte Adresse, bevor er sich in den Kopf schoss.
    Auch die Verpestung durch eine Höllenbrut oder eine simple Zauberei der schwärzeren Art kann die Aura eines Orts verklumpen lassen, ähnlich wie ein Bluterguss Blut verklumpen ließ.
    Man hatte Kutchner in einer Absteige am Rand des Barrios gefunden. Allein der Gedanke an Selbstmord, vor allem wenn man es wirklich ernst meint, kann dazu führen, dass ein Haus ein bisschen schal wird – im ätherischen Sinn.
    Komisch. Hier gibt’s ’ne Menge atmosphärische Störungen.
    Egal. Eine bessere Gelegenheit, herumzuschnüffeln und den Dingen auf den Grund zu gehen, würde sich nicht mehr bieten.
    Also überquerte ich die Straße und öffnete das quietschende Gartentor. Ein schmaler geteerter Weg wand sich bis zu einer kleinen Treppe, die zum Eingang führte. Die getrockneten Rispen von Palmlilien raschelten im Wind. Es klang, als würde man eine Holzschale voll kleiner Knöchelchen schütteln, und sofort legte sich meine rechte Hand um eine meiner Pistolen.
    Klasse, Jill. Verpass der Witwe den Schock ihres Lebens, indem du vor ihrer Tür auftauchst und ihr eine Knarre unter die Nase hältst! Du kannst dich daran erinnern, dass Monty die Sache diskret behandelt haben wollte, oder?
    Diskret ist eine Sache – seinen Instinkt zu ignorieren eine ganz andere. Ein Jäger, der nicht auf seinen Instinkt hört, ist so gut wie tot. Fehlt nur noch, dass er eine Dummheit begeht, wie etwa nicht nach einer Waffe zu greifen, wenn jeder Nerv seines Körpers brüllt: Hinter Tür Nummer Eins hat sich was versteckt, Süße!
    Ich löste die Kanone also aus dem Holster und hielt sie seitlich nach unten gerichtet. Das Geräusch von knarzendem Leder begleitete mich auf dem Weg, und die toten Blüten rasselten weiter und weiter. Wie Handschellen. Mit jedem behutsamen Schritt streifte mein Mantel meine Knöchel, während die Nacht in den Ausläufern meiner Stadt langsam ihren Einzug hielt. Manchmal, kurz nach Einbruch der Dämmerung, spürte ich ihren lauen Atem in meiner Brust. Es fühlt sich an wie ein Orchester, in dem jedes Instrument exakt gestimmt ist und plötzlich auf den Punkt genau den tiefsten Ton ausstößt, zu dem es fähig ist.
    Entlang des kleinen Pfads standen Töpfe voller Kakteen, verschiedene stachelige Dinger, die um diese Jahreszeit geblüht hätten, wenn sie nicht so vertrocknet gewesen wären, dass sie nur noch zum Anschüren taugten. Die Talismane in meinem Haar klimperten leise. Unter dem überdachten Eingang setzten sich dunkle Schatten in Bewegung, während ich vorsichtig darauf zutrat und meine empfindliche Nase etwas bemerkte, das mir nur allzu vertraut war: einen vollen, überwältigenden Geruch.
    Unter ihrem Lederband fing die Narbe an, heiß zu pulsieren. Aber sie schien nicht anzuschwellen.
    So darfst du nicht denken, Jill. Mir wurde auf einen Schlag feuerheiß, dann eiskalt.
    Eben hatte sich der Wind gedreht, sonst hätte ich es früher gerochen. In der Brise knarrte die Tür ein wenig.
    Sie war offen.
    Monty wischte sich über die Stirn. Sein Gesicht war schweißbedeckt. „Herr im Himmel!“, sagte er nun schon zum dritten Mal.
    Normalerweise bekommen wir von ihm pro Tatort nur eine Anrufung zu hören.
    Die Leiche von Jacinta Kutchner baumelte an einem blauweißgestreiften Nylonseil, das über einen vorstehenden Dachbalken geworfen worden war. Während das
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