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Blutige Stille. Thriller

Blutige Stille. Thriller

Titel: Blutige Stille. Thriller
Autoren: Linda Castillo
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»Skid!«, rufe ich laut.
    »Ich bin hier!«
    Beim Durchqueren der Küche steigt mir der Geruch von Blut in die Nase. Ich gehe durch die Tür in das angrenzende Zimmer. Als Erstes sehe ich das gelbweiße Licht von Skids Taschenlampe. Das Zimmer ist groß, und durch die zwei hohen, schmalen Fenster auf der gegenüberliegenden Seite fällt schwaches Licht. Langsam beschreibe ich mit dem Strahl meiner Lampe einen Kreis. »Was ist passiert?«
    Noch während ich die Frage stelle, trifft mein Lichtkegel auf die erste Leiche. Ein Mann mittleren Alters liegt mitten im Raum.
    »Da drüben sind noch zwei.« Skids Stimme scheint von weither zu kommen.
    Ich gebiete meiner Hand, nicht zu zittern, als der Strahl meiner Lampe auf zwei weitere Tote trifft. Ungläubig kneife ich die Augen zusammen, als mir klar wird, dass es sich um Kinder handelt. Der Erste ist ein Junge im Teenageralter, mit schlaksigen Armen und Beinen und schlechtem Haarschnitt. Er liegt ausgestreckt da, in einem verblichenen Arbeitshemd, Hosen, die wegen eines Wachstumsschubs etwas zu kurz sind, und den obligatorischen Hosenträgern. Seine Hände sind auf dem Rücken zusammengebunden, der Hinterkopf ist blutverschmiert.
    Kaum einen Meter weiter liegt ein kleinerer Junge auf der Seite, in einem Meer aus Blut, das den selbstgemachten kleinen Flickenteppich durchtränkt hat. Ich schätze ihn auf neun oder zehn. Er trägt ein Nachthemd. Auch seine Hände sind zusammengebunden. Seine Fußsohlen sind schmutzig, bestimmt ist er noch vor wenigen Stunden barfuß und unbekümmert durchs Haus gelaufen. Die verschleierten Augen scheinen mich aus dem blassen, ovalen Gesicht direkt anzustarren. Das Blut auf seiner Wange deutet darauf hin, dass die Kugel aus dem Mund wieder rausgekommen ist, seine Lippen zerfetzt und mehrere Zähne abgebrochen hat.
    Es ist eine surreale Szene, und einige Herzschläge lang weigert sich mein Hirn, den Anblick zu verarbeiten. Das Entsetzen wütet in meinem Kopf wie ein wilder Bock.
Tote Kinder
, denke ich und bebe innerlich vor Empörung. Das Bedürfnis, zu ihnen zu gehen und Wiederbelebungsmaßnahmen durchzuführen, sie zu retten, ist gewaltig. Aber ich weiß, hier kommt jede Hilfe zu spät. Und das Letzte, was ich jetzt will, ist, den Tatort zu kontaminieren.
    Ich leuchte mit der Taschenlampe wieder zu dem Erwachsenen. Ein Loch so groß wie meine Faust entstellt seinen Kopf, und ich erkenne Knochensplitter, Hirnmasse und Blut.
Austrittswunde
, denke ich, und weiß, dass er von vorn erschossen wurde.
    »Haben Sie alle auf Lebenszeichen überprüft?«, höre ich mich fragen.
    Skids Silhouette zeichnet sich vor dem Fenster ab. Selbst im Dunkeln sehe ich, wie er nickt. »Ich habe den Puls gefühlt. Sie waren schon tot, als ich ankam.«
    In dem Moment wird mir klar, dass der Mistkerl, der das hier verbrochen hat, noch im Haus sein könnte. »Haben Sie das Haus gecheckt?«
    »Noch nicht.«
    Ich aktiviere mein Funkgerät. »Hier 235. Mona, ich bin 10–23.«
    »Was ist da draußen los, Chief?«
    »Rufen Sie Glock und Pickles zu Hause an. Sie sollen sofort herkommen.«
    »Verstanden«, sagt Mona.
    »Benutzen Sie das Handy, es könnte sein, dass irgendein Schlafloser den Polizeifunk abhört. Sagen Sie Glock, wir brauchen einen Stromgenerator und Arbeitslampen, okay?«
    »Wird gemacht, Chief.«
    Ich sehe Skid an. »Checken wir das Haus.«
    Ich gehe zum Flur, gefolgt von Skid, der mir den Rücken deckt. Lautlos schleichen wir über den Holzboden zu den Schlafzimmern, wobei ich mich frage, ob wir da noch mehr Opfer finden werden. Ob vielleicht jemand überlebt hat. Und was für ein Monster unschuldige Kinder tötet …
    Vor dem Badezimmer mache ich halt, schiebe die Tür mit dem Fuß auf und gehe, die .38er im Anschlag, in die Hocke. Ich leuchte zuerst den Boden ab, dann gleitet der Lichtstrahl über eine altmodische, freistehende Badewanne, ein kleines, verriegeltes Fenster und ein Porzellanwaschbecken. »Sauber.«
    Ich drehe um und folge Skid den Flur entlang. Diesmal gebe ich ihm Rückendeckung. Er schlüpft ins erste Schlafzimmer, ich folge ihm dichtauf, alle Sinne auf die Umgebung konzentriert. Hier stehen zwei Einzelbetten, eine Kommode. Die beiden Fenster sind verschlossen. In der Ecke liegen ein Paar Schlittschuhe. Skid hebt die Waffe, reißt die Tür des begehbaren Schranks auf, und ich schnelle hinein. Leer. Ich trete vors Bett, knie mich hin und sehe darunter.
    »Niemand hier«, sagt Skid.
    »Wir sehen oben nach.«
    »Gibt’s einen Keller?«,
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