Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen
Autoren: Irina Meerling
Vom Netzwerk:
und Schock das Blut durch seine Adern. Durch einen Hustenanfall hindurch hörte er Nicos Stimme. Sie klang anders, verfremdet, nur war Elias nicht in der Lage, zu bestimmen, weshalb.
    „War das zzzu dolle?“
    Elias starrte entgeistert auf den Umriss vor sich.
    „Keine Ahnung!“, stieß er giftig hervor. „Wie tief wolltest du mir denn die Kehle aufreißen?“ Er fasste sich an die Wunde. Sie brannte, war feucht und klebrig. „Verdammt, ich blute!“
    „Natürlich blutessst du.“ Nico schaltete die Taschenlampe ein, deren heller Schein Elias blendete. „War ja deine Halsssschlagader … Du solltessst das jetzzzt nicht anfassen …“ Er streckte den Arm nach Elias’ Hand aus, doch dieser entzog sich brüsk dem Griff, wobei die abrupte Bewegung ihm erneut höllische Pein durch seinen Körper jagte.
    „Fass mich nicht an!“, zischte er und verfluchte seine Beine, die ihn nicht tragen wollten. Leblos wie Watte lagen sie auf dem kalten Grund.
    „Du musssst dich beruhigen.“ Nico sprach so leise, als hätte er Angst, Elias ein weiteres Mal zu verschrecken. „Wenn du dich ssso sehr aufregssst, schlägt dein Herzzz zzzu schnell und du verlierssst unnötig viel Blut. Dann bissst du nachher völlig erschöpft.“
    „Erschöpft?“ Elias lachte hysterisch auf. „Sobald ich ausblute, bin ich mehr als nur erschöpft! Was zum Teufel sollte das?“ Er blinzelte gegen die bunten Pünktchen an, die durch das beißende Licht der Taschenlampe seine Sicht behinderten, suchte nach Blickkontakt. Als sich das Bild jedoch endlich klärte und das Gesicht vor Elias Gestalt annahm, traute er seinen Augen nicht.
    „Schau mich nicht ssso an …“, bat Nico schwach. Tiefe Traurigkeit zeichnete nicht nur seine Stimme, sondern ebenso sein Antlitz. Der Anblick passte so gar nicht zu den unnatürlich langen, gefährlich spitzen Zähnen, die unter den blutverschmierten Lippen hervorragten. „Normalerweissse bekleckere ich mich nicht ssso, aber …“ Nico hielt inne, wandte das Gesicht ab, als könne er es jetzt noch verbergen, und wischte mit dem Handrücken über seinen Mund. Als er sich Elias wieder zeigte, waren neben dem Großteil des Bluts auch die langen Eckzähne verschwunden, die ihn am Reden gehindert hatten. „Aber du bist zurückgezuckt und …“
    „Normalerweise?“
    Elias’ Hand legte sich erneut an die Verletzung, deren Brennen langsam nachließ. Seine Finger ertasteten die zwei Einstichlöcher, aus denen das Blut weiterhin in einem dünnen Rinnsal floss.
    „Was bist du?“, fragte er fast tonlos und betrachtete das Gesicht vor sich, das ihm sonst so vertraut gewesen war. Sogleich bereute er seine Frage. Es war schließlich nach wie vor Nico, sein bester Freund, mit dem er sprach.
    Stille trat ein. Lediglich der pfeifende Wind, der um die Gemäuer der alten Kirche wehte, war zu hören. Es war ein eiskaltes Geräusch, das Elias die Nackenhärchen aufstellte.
    „Das kann nicht sein“, fuhr er schließlich fort, als hätte er eine Antwort erhalten. „So etwas gibt es gar nicht.“ Elias schüttelte seinen Kopf, woraufhin sich alles in ihm drehte.
    „Ich verstehe nicht …“ Nicos Worte drangen durch den Schwindelanfall nur verschwommen zu ihm vor. „Du hast dir doch gewünscht … Deswegen sind wir ja heute …“ Seine Stimme brach. Nicos Brustkorb zuckte unter den heftigen Atemzügen.
    Unfähig weiterzusprechen, fixierten seine weit aufgerissenen Augen erst Elias’ Hals, bevor sie nachdenklich abschweiften und an etwas hängen blieben, das am Boden lag.
    Mit vor Anspannung bebenden Händen hob Nico das kleine Foto von der Erde auf, welches Elias hatte fallen lassen. Ohne das in der Nacht fast unsichtbare Stück Papier mit der Taschenlampe zu erhellen, starrte Nico auf die zwei darauf stehenden Worte. Er las sie offenbar mehrmals, als hoffte er, sie würden sich noch ändern. Als er schließlich zu Elias aufsah, wirkte Nico noch konfuser als zuvor.
    „Ich war mir sicher, du würdest dir … Deine ganze Art, dein Interesse an der Schattenwelt … Ich hab dir extra dieses Bild gegeben, damit … Es tut mir so leid! Ich …“ Er schluckte schwer. Die Silben schienen ihm in der Kehle festzustecken, als seine Augen die Bisswunde fanden. „Ich kann es nicht aufhalten.“
    „Was kannst du nicht aufhalten?“ Elias hörte Nico sprechen, verstand aber nicht. Lediglich sein Unterbewusstsein reagierte, als spürte es bereits etwas, das seinem Verstand noch vorenthalten war. Sein Puls beschleunigte sich und eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher