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Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen
Autoren: Irina Meerling
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schwere Last legte sich auf Elias’ Lungen, als er seine Handfläche betrachtete. Das Blut auf ihr glänzte im Lichtstrahl der Taschenlampe wie flüssige Wandfarbe.
    „Die Verwandlung, Elias. Sie …“
    „Hör auf damit!“
    „Ich war mir sicher, dass du … Hey, warte!“
    „Nein! Lass das!“, keifte Elias wütend. „Hör auf mit dem Mist.“
    Mühsam zog er sich an einem Grabstein in die Höhe. Seine Beine drohten jeden Moment nachzugeben und auch sein Gleichgewichtssinn war mit der plötzlichen Bewegung nicht einverstanden. Doch Elias kümmerte es nicht. Er wollte nur weg. Weg von diesem Ort und weg von Nico.
    So schnell es das immer stärker werdende Augenflimmern zuließ, schritt er in Richtung Eingangstor. Die Dunkelheit der Nacht schien noch intensiver, und der Weg unendlich lang zu werden.
    „Wo willst du hin?“, wollte Nico wissen und lief neben ihm her. Er musste Elias stützen, als dieser ins Stolpern geriet. „Du bist viel zu schwach, bleib stehen!“
    Ohne Nico Beachtung zu schenken und obwohl nur jeder zweite Schritt Elias tatsächlich geradeaus brachte, erreichte er endlich den Pfad, der zum Tor des Friedhofs führte. Es kam ihm so vor, als ließe er mit jedem Meter, den er sich von der Grabstätte entfernte, einen Horrorfilm weiter hinter sich. Als wäre er aus einem Kinosaal zurück in das reale Leben getreten. Nur hatte sich ein Darsteller dieses persönlichen Films mit ihm in die Realität gestohlen.
    „Jetzt warte endlich!“ Nico stellte sich vor ihn und hielt ihn am Arm zurück. Es war ein Griff, aus dem sich Elias nicht befreien konnte. „Ich weiß, dass du wütend und total durcheinander bist. Ich kenne dieses Gefühl, und ich habe es nie jemandem gewünscht!“ Nicos Worte sprudelten nur so aus seinem Mund. „Aber du musst mir glauben: Ich habe nicht einen Augenblick daran gezweifelt, dass du dir nichts sehnlicher wünschst. Dass du ein Vampir werden willst! Darüber haben wir doch eben erst vor dem Biss geredet! Du musst mir glauben, Elias! Und bitte glaub mir auch, wenn ich sage, dass ich für dich da sein werde! Ich werde dich, so gut es geht, auf das vorbereiten, was auf dich zukommen wird, und …“
    „Nichts kommt auf mich zu!“, fuhr Elias ihn an. Mit letzter Kraft riss er sich los, taumelte einige Zentimeter rückwärts und presste sich mit dem Rücken gegen die Friedhofsmauer. „Du denkst nicht ernsthaft, dass ich dir diese Story abkaufe, oder? Das ist Irrsinn und ich verstehe nicht, warum du mir das antust!“
    „Hast du denn eine weniger irrsinnige Erklärung? Der Biss, die Zähne?“
    Elias hatte keine. Die Steine hinter ihm, die seinem schwachen Körper letzten Halt gaben, waren kalt. Sie entzogen ihm jegliche Wärme, ließen ihn spüren, wie wenig dies ein Alptraum sein konnte. Weder der beinahe silbern leuchtende Vollmond noch das ganze Blut – oder Nico.
    Nico, der sich unsicher durch das zerzauste Haar fuhr.
    Nico, der ihn verzweifelt musterte, näher an ihn herantrat und ihm den Weg versperrte.
    Nico, der die Taschenlampe auf sich selbst richtete und im selben Moment seine Oberlippe zurückzog.
    Etwas in Elias sagte ihm, er solle nicht hinsehen, er solle sich weiterhin in den Gedanken flüchten, dies sei ein böser Traum. Aber als Nicos Eckzähne sich plötzlich verformten – immer länger, immer dünner und immer spitzer wurden – konnte Elias nur regungslos auf das Geschehen starren. Er fühlte, wie sein Herz wild zu pumpen begann, wie das Flimmern vor seinen Augen zunahm. Die voranschreitende Schwäche betäubte seinen Körper und gewann.
    Kurz darauf sackte er bewusstlos zusammen.

Kapitel 4
    W ORTE
     
    Als Elias bei Tagesanbruch die Augen öffnete, genoss er die herrlich weiche Bettdecke, die seine nackten Beine umschmiegte, wie nie zuvor. Sanft streichelte sie seine Haut und strahlte die abgegebene Wärme wieder zurück.
    Gähnend streckte er sich, noch immer schlaftrunken. Das Bett war viel zu gemütlich, um es zu verlassen. Liebend gerne hätte er noch weitere Minuten dort herumgelungert – wäre da nicht der Wecker gewesen, der ihn wie jeden Morgen mit langsam steigender Lautstärke daran erinnerte, dass es Zeit zum Aufstehen war. Elias musste sich für den Montag an der Uni fertigmachen.
    Das Ungetüm zum Pausieren gebracht, setzte sich Elias wehmütig auf und hielt in dieser Position inne. In seinem Kopf drehte sich alles, was eine Nachwirkung des unruhigen Schlafes sein musste. Diese unsinnigen Träume waren so real gewesen … Er
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