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Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21

Titel: Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
Autoren: Jonathan Kellerman
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getötet werden müssen. Das Gesetz hatte keine Verwendung für moralische Subtilitäten, und die Nachricht von der Gefangennahme veranlasste Milo, eine verdrießliche philosophische Predigt zu halten. Er kippte einen Doppelten, entschuldigte sich für den Ausrutscher und wechselte das Thema: zum Friseur.
    »Maurice ist dir nicht en vogue genug?«
    »Wenn man lange genug wartet, ist alles en vogue .«
    »Maurice ist ein Künstler.«
    »Ich bin sicher, George Washington war auch dieser Meinung.«
    »Sei nicht so seniorenfeindlich. Er kann immer noch mit der Schere umgehen.«
    »Solche Geschicklichkeit«, sagte ich. »Er hätte Medizin studieren sollen.«
    Seine grünen Augen begannen vor Belustigung und Äthylalkohol zu strahlen. »Vor ein paar Wochen hab ich in West Hollywood Park vor einer Gruppe von Leuten, die in ihrer Nachbarschaft Streife fahren, eine Rede gehalten. Vorbeugende Maßnahmen der Verbrechensbekämpfung, Grundlagenwissen. Ich gewann den Eindruck, dass ein paar von den jungen Burschen nicht ganz bei der Sache waren. Anschließend kam einer von ihnen zu mir hoch. Schlank, braun gebrannt, orientalische Tätowierungen auf den Armen, all diese antrainierten Muskeln. Er sagte, er hätte die Botschaft kapiert, aber ich wäre der langweiligste Schwule, den er je kennen gelernt hätte.«
    »Klingt wie eine Anmache.«
    »Oh, klar.« Er zog an einer Hängebacke, ließ die Haut wieder los und nahm einen Schluck. »Ich hab ihm gesagt, ich wüsste das Kompliment zu schätzen, aber er sollte mehr darauf achten, was sich in seinem Rücken abspielt, wenn er seine Runden dreht. Er dachte, ich hätte mir eine Zweideutigkeit erlaubt, und lachte sich halb tot, als er ging.«
    »Für West Hollywood ist der Sheriff zuständig«, sagte ich. »Warum du?«
    »Du weißt, wie es ist. Manchmal bin ich der inoffizielle Sprecher der Polizei, wenn das Publikum alternativ ist.«
    »Der Captain hat dich unter Druck gesetzt.«
    »Das auch«, sagte er.
     
     
    Ich ging zu der Stelle hinüber, wo Michaela gefunden worden war. Milo blieb ein wenig zurück und las in den Notizen, die er sich letzte Nacht gemacht hatte.
    In dem Grün blitzte es weiß auf. Noch ein Stück von dem Seil des Gerichtsmediziners. Die Fahrer hatten die Enden gekappt, weil Michaela ein schlankes Mädchen gewesen war.
    Ich wusste, was hier vor Ort geschehen war: Ihre Taschen waren geleert worden, ihre Nägel vom Schmutz gereinigt, ihre Haare ausgekämmt, jedes mögliche »Produkt« war gesammelt worden. Schließlich hatten die Fahrer sie verpackt und auf eine Tragbahre gehoben und sie in einen weißen Leichenwagen der Gerichtsmedizin gerollt. Mittlerweile würde sie zusammen mit Dutzenden anderer Plastikbündel warten, fein säuberlich auf einem Regal in einem der großen, kühlen Räume gestapelt, die die grauen Korridore im Untergeschoss des Leichenschauhauses in der Mission Road säumen.
    In der Mission Road werden die Toten mit Respekt behandelt, aber angesichts des Rückstaus - der schieren Masse der Leichen - gerät die Würde notgedrungen ins Hintertreffen.
    Ich hob das Stück Seil auf. Glatt, stark. Wie es sein musste. Wie war es im Vergleich zu dem gelben Strick, den Michaela und Dylan für ihre »Übung« gekauft hatten?
    Wo war Dylan jetzt?
    Ich fragte Milo, ob er eine Ahnung hätte.
    »Das Erste, was ich gemacht habe«, sagte er, »war, die Nummer auf seinem Festnahmeformular anzurufen. Der Anschluss existiert nicht mehr. Seinen Vermieter habe ich noch nicht ausfindig gemacht. Und den von Michaela auch nicht.«
    »Sie hat mir erzählt, ihr ginge langsam das Geld aus, sie hätte einen Zahlungsaufschub von einem Monat, bevor sie vor die Tür gesetzt würde.«
    »Falls sie die Wohnung räumen musste, wäre es gut zu wissen, wo ihre letzte Bleibe war. Meinst du, sie könnten zusammengezogen sein?«
    »Nicht, wenn sie mir reinen Wein eingeschenkt hat«, sagte ich. »Sie hat ihm die Schuld für die ganze Sache gegeben.«
    Mein Blick wanderte zu der Stelle, wo sie gelegen hatte. »Nicht viel Blut. Ist sie woanders umgebracht worden?«
    »Sieht so aus.«
    »Wer hat die Leiche gefunden?«
    »Eine Frau, die ihren Pudel ausführte. Der Hund hat sie gerochen.«
    »Erwürgt und erstochen.«
    »Mit den Händen erwürgt, so hart, dass der Kehlkopf eingedrückt wurde. Anschließend erhielt sie fünf Stiche in die Brust und einen in den Hals.«
    »Nichts in der Nähe der Genitalien?«
    »Sie war vollständig bekleidet, und an ihrer Haltung und Lage war nichts eindeutig
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