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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld
Autoren: David Ignatius
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entfernt, und wählte die Privatnummer des Prinzen, die er aus alten Zeiten behalten hatte. Nachdem es ein Dutzend Mal geklingelt hatte, nahm Jalal ab.
    «Die bist hartnäckig, mein lieber Hoffman. Was willst du?» Es lag eine Schärfe in seiner Stimme. Der verträumte Ton war verschwunden.
    «Unerledigte Geschäfte», sagte Sam. «Ich hatte versprochen, etwas für dich zu tun. Ich bin jetzt bereit.»
    «Wie aufmerksam. Aber ich brauche deine Dienste nicht mehr.»
    «Na komm, Jalal! Ich mache alles, was du von mir verlangst. Ich bin in Geldschwierigkeiten.»
    «Tatsächlich? Willkommen im Club.»
    «Verdammt nochmal! Sag deinem Typ, dass er mich reinlassen soll. Ich muss mit dir reden.»
    «Tut mir leid, aber ich empfange zurzeit keine Gäste. Hier sieht es ziemlich schlimm aus. Ich hatte vor kurzem unerwarteten Besuch.»
    «Was ist passiert?»
    «Du weißt es nicht? Nun, dann sollten wir uns vielleicht doch treffen, damit dir mal klar wird, was du angerichtet hast.»
    «Treffen wir uns zum Mittagessen. Im Mirabelle in der Brook Street.»
    «Um Gottes willen, nein! Zu viele Araber. Arabern geh ich zur Zeit aus dem Weg.»
    «Dann sag mir, wo. Irgendwo. Ich muss mit dir sprechen.»
    Es trat eine Pause ein, während der Prinz überlegte. «Burger King», sagte er. «Am Piccadilly Circus.»
     
    Sam erkannte den Prinzen kaum wieder, der im hinteren Teil des Restaurants an einem Plastiktisch saß. Er trug einen unförmigen Regenmantel und eine dunkle Brille. Als er ihm gegenüber Platz nahm, sah er, dass Jalals glattes Gesicht übel zerschnitten war. Das makellose Kakaobraun seiner Haut war durch blauschwarze Narben unterbrochen, und über einem Auge trug er einen großen Verband.
    «Du siehst ja schrecklich aus», sagte Sam. «Wie geht es dir?»
    «Es verheilt, danke. Mein Schönheitschirurg sagt, dass ich großes Glück gehabt habe.»
    «Was ist passiert?» Aber Sam wollte nur höflich sein. Er kannte die Antwort.
    «Einige deiner irakischen Freunde waren überhaupt nicht begeistert über die Rolle, die ich bei Miss Alwans Flucht gespielt habe. Sie schienen der Meinung zu sein, sie sei so was wie eine israelische Spionin. Stimmt das?»
    «Nein. Sie ist ein gute irakische Muslimin. Das habe ich dir doch gesagt.»
    «Es war jedenfalls höchst unangenehm. Sie haben den Eindruck, dass deine Freundin mit einem Teil von Hammuds Geld durchgebrannt ist. Von einhundertfünfzig Millionen Dollar war die Rede. Eine ganze Menge, selbst für jemanden wie Nassir Hammud.»
    «Das tut mir leid», sagte Sam. Er lehnte sich über den Plastiktisch und küsste den Prinzen auf die Wange. «Ich möchte es gerne wiedergutmachen. Das habe ich dir am Telefon zu sagen versucht. Ich bin bereit, das zu tun, was ich versprochen habe. Sag mir einfach, wann ich den Deal machen soll.»
    Jalal legte den Kopf leicht schief und gab einen glucksenden Laut von sich, der beinahe mitleidig klang. «Ich brauche dich nicht mehr, Sam.»
    «Aber was ist mit deinem türkischen Freund? Der in Amerika die Bank kaufen wollte. Du hast gesagt, ich wäre ideal für ihn.»
    «Jetzt nicht mehr. Er hat um einen anderen Mittelsmann gebeten. Ich habe ihm einen besorgt.»
    «Aber ich will dir helfen. Ich muss dir helfen. Du bist jetzt mein einziger Freund.»
    «Du scheinst nicht zu begreifen, mein lieber Sam. Du hast keine Freunde mehr. Du bist, wie ihr Amerikaner es gerne ausdrückt, ‹bad news›.»
    Als Sam den saudischen Prinzen im Burger King zurückließ, zwischen den Gerüchen von Hamburger-Fett und Pommes, fragte er sich, was er tun sollte, jetzt, da er zum Paria erklärt worden war. Aber ganz gleichgültig, welche Schwierigkeiten ihm in der Zukunft bevorstanden, es gab doch einen enormen und ewigen Segen: Ihm wurde klar, er würde Prinz Jalal nie wieder sehen müssen.
     
    Die ersten Nächte nach seiner Rückkehr konnte Sam nicht schlafen. Die Bilder von so vielen zertrümmerten Gesichtern füllten seine Gedanken. Sein Vater, der clevere Bankier Asad Barakat, das Zimmermädchen; jetzt sogar Jalal und, irgendwo, Lina. Er hatte das Gefühl, als würde er zwischen abgetrennten Fingern und zerbrochenen Gliedern liegen. Er konnte sich nicht bewegen, ohne jemand zu zerdrücken. Nach der dritten schlaflosen Nacht ging er zu einem Arzt, der ihm ein Rezept für ein Schlafmittel gab. In seinem betäubten Schlaf sah er vor seinem geistigen Auge nur einen stumpfen grauen Kasten, aber er wusste, dass darin noch mehr gebrochene Knochen waren.
    Mitten in einer jener schlaflosen
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