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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller
Autoren: Sharon Bolton
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oben bis unten voller Blut und winziger grauer Gewebestückchen, stand oben an der Treppe. Der Leichnam einer Frau lang bäuchlings quer über dem Flur im Obergeschoss. Als sie jemanden erblickte, den sie kannte, tappte die Kleine vorwärts, kam dem Rand der obersten Stufe gefährlich nahe. Harry rannte die Treppe hinauf und hob sie hoch. Dann drehte er sich um. Am Fuß der Treppe, keinen Meter von Tobias’ Leiche entfernt, lag eine junge Frau in einem violetten Pullover. Gerade ließ sich eine Schneeflocke auf ihren schwarzen Wimpern nieder. Ihre Augen waren genauso blau, wie er sie in Erinnerung hatte.

Epilog
     
    Der Februar hatte dem Moor noch mehr Schnee gebracht, und seit dem Morgen waren Männer damit beschäftigt gewesen, den Weg von der Kirche zum Grab freizuschaufeln. Trotzdem nahmen sich die Trauernden beim Gehen in Acht.
    Die Sargträger folgten den leisen Anweisungen des Bestattungsunternehmers und hoben den Sarg von den Schultern. Die Rosen auf dem Deckel erbebten, als er auf den dicken, flachen Gurten abgestellt wurde, die sich über das offene Grab spannten. Harry richtete sich auf und rieb die Hände aneinander. Sie fühlten sich an wie Eisbrocken.
    Der alte Geistliche, der seine Stelle im Benefizium übernommen hatte und dort Dienst tun würde, bis ein Ersatz gefunden worden war, begann zu sprechen.
    »So sehr es dem allmächtigen Gott auch gefallen haben mag, die Seele unserer verstorbenen Schwester von dieser Welt abzuberufen …«
    Die junge Frau in dem Sarg war nicht in der Nacht der Wintersonnenwende gestorben, an jenem Abend, als Joe Fletcher seiner Familie zurückgegeben worden war. Ihre Verletzungen waren schwer gewesen, aber ein paar Wochen lang hatte es Hoffnung gegeben, dass sie sich erholen würde. Doch zu Beginn des neuen Jahres hatte sich eine Infektion eingestellt, die sich rasch zu einer Lungenentzündung entwickelt hatte. Ihr schwer geschädigter Körper hatte nicht die Kraft gehabt, dagegen anzukämpfen, und vor zehn Tagen war sie gestorben. Als er es erfahren hatte, war auch in Harry etwas gestorben.
    Als er und die anderen Sargträger sich daranmachten, den Sarg in die Erde hinabzulassen, wurde Harry klar, dass Alice ihm genau gegenüberstand. Vielleicht sah er sie zum letzten Mal. Die Familie würde Heptonclough in wenigen Wochen verlassen. Sinclair Renshaw, dem möglicherweise noch immer polizeiliche Ermittlungen und diverse Anklagen drohten, war nichtsdestotrotz fest entschlossen, die Kontrolle über den Ort nicht aufzugeben. Er hatte den Fletchers ein großzügiges Angebot für ihr Haus gemacht, und sie hatten es angenommen.
    Den Jungen ging es gut, das schien Alice unaufhörlich jedem zu versichern, der danach fragte. Ihr neuer Therapeut riet ihnen immer wieder, über alles zu reden, es zuzugeben, wenn sie Angst hatten, ehrlich zu sein, wenn sie wütend waren. Und vor allem keine Wunder zu erwarten, das Ganze würde seine Zeit dauern.
    Von allen Fletchers schien nur Millie so zu sein wie immer. Wenn überhaupt, schien sie sogar mit jedem Tag neugieriger, frecher und fröhlicher zu werden, als hätte die Energie, die dem Rest der Familie fehlte, eine Möglichkeit gefunden, sich in ihr zu sammeln. Manchmal dachte Harry im Stillen, dass die Fletchers die letzten Wochen ohne Millie nicht überstanden hätten.
    Neben Alice, die viel zu große Hand um die ihre geklammert, stand ihr neues Patenkind: Heather Christine Renshaw. In den ersten Tagen des neuen Jahres hatte Harry in seiner letzten Amtshandlung als Vikar des Benefiziums Heather getauft. Der Gottesdienst war kurz gewesen, nur die verbliebenen Mitglieder der Familie Renshaw hatten daran teilgenommen: Christiana, Sinclair und Mike. Und außerdem, auf ihren eigenen Wunsch hin, Alice, Joe und Tom. Heather – oder Ebba, so würde er stets an sie denken – wurde mittlerweile medizinisch behandelt. Es war zu spät, um die Schäden, die jahrelange Vernachlässigung angerichtet hatte, vollständig rückgängig zu machen, doch die Medikamente würden ihr helfen. Und was noch wichtiger war, ihre Zeit als Gefangene war vorbei.
    Aus den Augenwinkeln sah Harry eine Bewegung weiter unten am Hügel. Mike Pickup, der vorhin in der Kirche gewesen war, hatte sich den Trauergästen nicht angeschlossen. Stattdessen stand er neben dem Grab, das Lucys neue Ruhestätte war und in dem jetzt auch ihre Mutter lag. Tobias lag wie ein gefallener König in einem der Steinsärge in der Familiengruft.
    Der Priester hatte seine Ansprache beendet. Er
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