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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller
Autoren: Sharon Bolton
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rausfinden. Die Leute werden denken, Sie sind mit der kleinen Millie auf dem Arm ausgerutscht und die Treppe runtergefallen. Nur der alte Tobias wird die Wahrheit wissen.«
    Evis Kehle wurde schier zerquetscht. Der Pathologe würde sehen, dass sie gewürgt worden war. Kein großer Trost. Das Geländer drückte gegen ihren Rücken. Es tat höllisch weh, aber es stützte sie auch. Sie riss das gesunde Bein hoch und rammte der anderen hart das Knie in den Unterleib. Jenny ächzte, und ihr Griff lockerte sich, doch letzten Endes war sie eine Frau, und allzu viel Schaden war nicht angerichtet worden. Evi drehte sich herum und versuchte, das Geländer zu packen, merkte jedoch, wie sie vom Boden hochgehoben und darüber gewuchtet wurde.
    Ehe sie sich einstemmen konnte, waren ihre Hüften über den Rand des Geländers gedrückt worden, und sie war im Begriff, zu fallen. Ihre Arme schnellten vor, eine Hand bekam das Geländer zu fassen, doch ihre Beine wurden hoch in die Luft gehoben, sie wurde geschoben, und irgendetwas drosch auf ihre Hand ein, stampfte heftig darauf, und ihr blieb nichts anderes übrig, als loszulassen.
    Es schien sehr lange zu dauern, bis sie auf dem Schieferboden aufschlug.
    Sie hatten aufgehört zu läuten. Die drei Jungen kamen in den Turm geklettert. Hatten sie Joe noch bei sich? Ja, da war er, in die Patchworkdecke gewickelt, das Gesicht gegen Dan Knowles’ Brust gepresst, noch immer mit dünnem Nylonseil gefesselt, er zitterte immer noch wie Espenlaub, war immer noch am Leben.
    Dan Knowles, der während der kurzen Zeit auf dem Dach gewachsen zu sein schien, der mehr wie der junge Mann aussah, der er in einem Jahr oder so sein würde, als wie ein halbstarker Teenager, hatte das untere Ende der Treppe erreicht, kam auf die Empore heraus. Sein Bruder Will folgte ihm und dann Billy, gerade als das Geräusch einer schweren Tür, die aufgerissen wurde, durch die Kirche hallte.
    »Hallo?«, ertönte eine laute Stimme.
    »Er ist hier oben! Wir haben ihn!«, rief Dan Knowles zurück.
    »Joe!«, brüllte Toms Dad.
    »Dad!«, schrie Tom.
    »Polizei! Keiner rührt sich von der Stelle!«
    Die beiden Gruppen trafen sich auf der Treppe zur Empore. Gareth Fletcher und Dan Knowles stießen fast zusammen. Das kleine, schlotternde Paket wurde von einem zum anderen gereicht, und Joe gab ein leises Stöhnen von sich, als die Arme seines Vaters sich um ihn schlossen. Etwas weiter oben auf der Treppe begegnete Toms Blick über den Kopf seines Dads hinweg dem von Harry. Dann machte der Vikar kehrt, drängte sich an dem verdutzten Polizisten vorbei und rannte aus der Kirche.
    Evi war kaum bei Bewusstsein. Ihr war sehr kalt. Ein eisiger Wind wehte überall um sie herum. Schnee fiel sachte auf ihr Gesicht, und die Welt wurde allmählich dunkel. War sie wieder auf dem Berg? Nein, im Haus der Fletchers. Das war Millie, die sie da aus vollem Hals brüllen hörte. Die Haustür war offen, und ein Mann stand keinen Meter von ihr entfernt. Braune Lederschuhe, feuchte Flecken auf dem Steinboden darum herum. Etwas in seiner linken Hand, lang und dünn, aus Metall. Etwas, das sie wiederzuerkennen glaubte, doch es schien ihr so fehl am Platze, dass sie sich nicht sicher war.
    »Lass sie los«, sagte eine Stimme. Zu spät, dachte Evi, ich bin doch schon gefallen.
    »O ja, gleich«, antwortete eine Frauenstimme hoch über ihnen.
    »Keinen Schritt weiter«, sagte der Mann. »Und lass das Kind runter.«
    »Das ist nicht dein Ernst«, erwiderte die Frau.
    Das Ding, das der Mann bei sich hatte, wurde angehoben, bis Evi es nicht mehr sehen konnte.
    »Es ist vorbei«, sagte er. »Lass sie runter.«
    Ein Schweigen, als die Welt innezuhalten schien, dann ein Schritt und eine Geräuschexplosion. Evi hörte den zweiten Schuss nicht, doch sie fühlte, wie die Vibration durch ihren Körper zitterte, und sie sah den blendenden Lichtblitz. Und dann nichts mehr.
    Harry hörte den ersten Schuss, als er gerade über die Mauer setzte und um Alices Auto bog. Ganz kurz erblickte er Alice selbst, die auf die Kirche zuhetzte, doch er hatte keine Zeit, stehen zu bleiben. Er sah die offene Haustür und die hochgewachsene Silhouette von Tobias Renshaw, der im Türrahmen stand und ein Gewehr gegen sich selbst richtete. Gleich darauf zerbarst der Kopf des alten Mannes in einer Masse aus Blut und Knochensplittern. Harry sprang über den Leichnam, noch bevor dieser auf dem Boden zur Ruhe gekommen war.
    Ein durchdringender Schrei ließ ihn hochblicken. Millie, von
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