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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut
Autoren: Linda Barnes
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ließ die geborgte
Taschenlampe auf einem Arbeitstisch liegen. Es war inzwischen hell genug, um
darauf verzichten zu können. Wie wurde der Fahrstuhl bedient? Ganz sicher nicht
aus der entfernten Beleuchterkabine im hinteren Teil des Zuschauerraumes. Die
Kommunikation wäre zu schwierig. Auch nicht von hinter der Bühne. Die
Fahrstuhlplattform selbst besaß keine Schalter oder Hebel. Das wäre zu einfach.
Aber da, keine drei Meter nach links, an der Wand befestigt: ein Schaltkasten.
Ja. Dracula stellte sich auf den Versenktisch. Ein Bühnenarbeiter betätigte den
Schalter, beförderte den Vampir wie von Geisterhand nach oben.
    Konnte er das auch allein? Den
Schalter drücken, auf die Plattform springen, sicherstellen, keine
herabhängenden Gliedmaßen zurückzulassen. Falls der Hauptschalter der
Stromversorgung an war. Er machte sich bereit — die rechte Hand nach hinten zum
Schalter ausgestreckt, die Knie gebeugt, bereit zu laufen.
    Der Versenktisch reagierte
schneller, als er erwartet hatte. Vorher kein leises Summen, nicht allmählich
schneller werdend. Die Plattform hob sich einfach. Als er sich darauf warf,
befand sie sich bereits in Schulterhöhe.
    Gott sei Dank war die hölzerne
Plattform nicht glatt. Er fand einen sicheren Halt, schwang seinen rechten Fuß
hinauf. Die Decke kam näher, die Versenköffnung kaum mehr als eine Briefmarke.
Spraggue zog sein linkes Bein nach. Sein Knie berührte festen Boden. Als der
Versenktisch bündig mit der Bühne zum Stillstand kam, kauerte Spraggue in ihrer
Mitte.
    Ohne Fenster und Lampen war die
Bühne schwärzer als die Sünde. Spraggue fluchte leise, bedauerte, die
Taschenlampe zurückgelassen zu haben. Intuition und Instinkt. Allmählich
übernahm der Instinkt besser die Leitung.
    Die Treppe war verlockend nahe,
direkt vor der jetzt geschlossenen Tür nach hinten, aber genausogut hätte sie
auf einer Insel in der Südsee liegen können, solange Menlos Schuhe Trommelnachrichten
auf den Boden hämmerten.
    Gab es eine direkte Verbindung
zwischen der Bühne und den Büros im ersten Stock? Das Bühnenhaus war drei
Stockwerke hoch, die Arbeitsgalerie ganz oben. Zu hoch. Die Seitenkabinen; sie
befanden sich etwa in der richtigen Höhe. Der Plan des Theaters sprang wieder
in Spraggues Kopf. Die Kabine auf der linken Seite. Falls es eine Tür, ein
Fenster, gab, dann mußte es dort sein.
    Eine stählerne Wendeltreppe,
kaum mehr als die Rutschstange in einer Feuerwehrwache, war der einzige Weg in
die Kabine. Spraggue tastete sich auf Händen und Füßen hinauf, hielt dabei die
winzige Schlüsselringlampe zwischen den Zähnen.
    In der Kabine schwere
Samtvorhänge. Ein etwa zwei mal vier Meter großer Raum oberhalb der Bühne. Die
Rückwand müßte den Büros am nächsten liegen, vielleicht sogar von beiden
genutzt werden. Aber gab es auch einen Weg durch?
    Die Samtvorhänge waren bloße
Wandbehänge, die nackte Wände bedeckten. Beinahe im Staub erstickend, machte
Spraggue sich hinter ihnen auf die Suche, klopfte in der undurchdringlichen
Schwärze die Wände ab.
    Die Stimmen waren so leise, daß
Spraggue nicht sicher war, ob sie real waren. Doch als er sich aufrichtete und
langsam in die rechte Ecke der Kabine ging, wurden sie deutlicher, lauter, bis
er ganze Sätze ausmachen, einzelne Töne unterscheiden konnte.
    «Hier oben ist nichts.» Menlos
Assistent.
    «Wir sehen im Keller nach.» Der
Captain selbst.
    Direkt über seinem Kopf sah
Spraggue ein schwaches Lichtgitter. Keine Tür, kein Fenster, nur eine
unschuldige Öffnung der Klimaanlage. Vielleicht neunzig mal sechzig Zentimeter
groß. Groß genug, wenn die Cops erst nach unten gingen.
    Mit angehaltenem Atem wartete
er auf das Geräusch zuschlagender Türen und Schritte auf der Treppe, dann griff
er nach oben und rüttelte vorsichtig an dem Gitter. Eine Ecke war locker. Er
bog sie zurück, bekam so ein Dreieck mit gut zehn Zentimeter Seitenlänge frei.
Er brauchte mehr Platz.
    Mit einer Trittleiter,
ausreichend Licht, einer Zange und einem Schraubenzieher hätte er vielleicht drei
Minuten gebraucht. Im Dunkeln, halberstickt unter Samtvorhängen, die Arme
unbequem über den Kopf gehoben und mit einem Dime an den Schrauben fummelnd,
verlor Spraggue jedes Zeitgefühl. Eine Schraube fiel auf den Boden, wurde durch
den Teppich gedämpft. Zwei. Drei. Eine andere, lockere, gab mühelos nach.
Schweißperlen liefen über sein Gesicht. Er wischte die Hände an der Hose ab.
Noch eine. Dann konnte er das Gitter zurückbiegen und genau
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