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Blut klebt am Karlspreis

Blut klebt am Karlspreis

Titel: Blut klebt am Karlspreis
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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eine große Familie waren, zu der auch noch Tobias junior, der Nachwuchs meines Chefs und Freundes gehörte.
    „Wenn ihr mit eurem Speichelaustausch fertig seid, habe ich eine Aufgabe für dich“, sagte Dieter zu mir, „du kannst dadurch dazu beitragen, dass zum Teil deine Ausbildungskosten wieder hereinkommen.“ Er grinste mich an.
    Noch vor einigen Wochen hätte ich wahrscheinlich mit spitzer Zunge gekontert, doch nachdem ich meinen Job als Bürovorsteher in der Anwaltskanzlei von Schulz hatte aufgeben müssen, um in Vorbereitung auf das Zweite Juristische Staatsexamen als Referendar bei ihm arbeiten zu können, hatte ich keine passenden Argumente mehr. Meinen bisherigen Job machte nun ein junger Mann, der sich auf unser Stellenangebot beworben hatte und der auf den traditionsreichen Aachener Namen Jerusalem hörte. Das war neben den guten Noten für den Uröcher Schulz Grund genug gewesen, den Mann einzustellen. Matthias Jerusalem wollte nach einer Ausbildung zum Rechtspfleger die Zeit bis zum Beginn eines Jurastudiums praxisnah überbrücken.
     
     
    Unser Umgang miteinander würde sich bald wieder ändern, wenn ich als Rechtsanwalt in die Kanzlei von Schulz eintrat. Das konnte nur noch einige Monate dauern, dann würde Dr. Dieter Schulz, Rechtsanwalt in Aachen, spezialisiert auf Familienstreitigkeiten aller Art, einen Kompagnon haben: meine Wenigkeit. Dann hatten wir endlich unser Ziel erreicht, das wir uns vor fast zehn Jahren gesetzt hatten, als er damals in einem Strafprozess meine Pflichtverteidigung übernommen hatte. Seitdem waren wir fast unzertrennlich gewesen und galten ebenso wie Sabine und Do als Zwillinge, fast gleich alt und immer noch lange nicht vierzig, fast gleich groß und schlank, beide kurzhaarig blond und ziemlich blauäugig.
     
     
    Zwischen uns gab es nur selten ernsthaft Streit und dann allenfalls wegen der unterschiedlichen Auffassung über die angemessene Kleidung. Dieter fühlte sich nur wohl im grauen Anzug mit Hemd und Krawatte in Reinkultur, für mich hingegen gehörten zum absoluten Lebensgefühl Jeans, Sweatshirt und Lederjacke.
     
     
    „Daran kann man euch wenigstens noch auseinander halten“, hatte Do unlängst gemeint, als Dieter mich anlässlich eines Festaktes der Anwaltskammer in einen Anzug zwängen wollte.
    Do und Sabine unterscheiden konnten eh nur Experten, konnten fast nur Dieter und ich und vielleicht auch noch unser Rezeptionsdrachen in der Kanzlei, das ältliche Fräulein Schmitz. Sabine und Do sind halt beide schön, groß, schlank, blond, immer froh gelaunt und wahrlich nicht auf den hübschen Kopf gefallen. „Eine muss euch halt Paroli bieten können, sonst macht ihr nur Blödsinn“, hatte Sabine zuletzt auf ihre Kontrollfunktion und die ihrer Schwester für Dieter und mich hingewiesen.
     
     
    Ohne unsere Frauen hätten Dieter und ich schon so manches Mal dumm im Regen gestanden, musste ich unumwunden zugeben, auch wenn ich es niemals laut in Gegenwart der beiden Holden ausgesprochen hätte.
     
     
    „Hier!“ Dieter holte mich in den Kanzleialltag zurück und warf einen dünnen Schnellhefter auf den Schreibtisch. „Was ist das?“, fragte ich neugierig.
    „Nichts Besonderes“, antwortete Dieter verdächtig gelassen. „Wohl so’ne Art Mietstreitigkeit. Ich weiß es auch nicht so genau.“ Er schmunzelte. „Außerdem soll es doch deine Sache sein, herauszufinden, was das ist.“
    ,Das sind die Aufgaben, die ich liebe’, knurrte ich in mich hinein. Ich lehnte mich in den Sessel zurück und öffnete den Hefter. Er enthielt gerade einmal ein Schreiben an unsere Kanzlei von einem Eduard Brandmann aus Gerolstein, in dem er uns bat, möglichst diskret für ihn eine Hausräumung vorzubereiten. ,Das wird doch nicht?’, dachte ich ein wenig beunruhigt; aber leider wurde meine Befürchtung wahr.
    Eines der alten Wohnhäuser an der Monheimsallee, das mehrere Monate leer gestanden hatte, war vor knapp vier Wochen von Studenten besetzt worden. In Anbetracht der Wohnungsnot hatten die Studenten kurzerhand das Haus in Beschlag genommen und sich dort eingenistet. Brandmann beabsichtigte, so schrieb er jedenfalls, unverzüglich mit Umbauarbeiten an dem Gebäude zu beginnen. Er wollte dort Eigentumswohnungen errichten und hatte bereits zwei verkauft. Spätestens am Freitag, dem fünfzehnten Mai, müsste das Haus geräumt sein, weil am darauf folgenden Montag die erste Arbeitskolonne anrücken würde.
     
     
    „Dieter, das mache ich nicht!“, war meine
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