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Blut klebt am Karlspreis

Blut klebt am Karlspreis

Titel: Blut klebt am Karlspreis
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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wegen versuchten Mordes begangen in Tateinheit mit Volksverhetzung ermittelt. Es bestehe der dringende Tatverdacht, so las ich weiter, dass Franz Loogen am Tag des UEFA-Cupspiels in Kerkrade an der deutsch-niederländischen Grenze in Herzogenrath einen niederländischen Staatsbürger mit einem Baseballschläger erschlagen wollte. Der Haftrichter habe Untersuchungshaft angeordnet wegen der Schwere der Tat und der vorhandenen Fluchtgefahr. Der Tatverdächtige sei in die Justizvollzugsanstalt für Jugendliche in Heinsberg eingewiesen worden, da derzeit das Untersuchungsgefängnis in Aachen nicht zur Aufnahme weiterer Häftlinge geeignet sei.
    Damit wurde kompliziert der Umstand umschrieben, dass das Gefängnis am Adalbertsteinweg momentan umgebaut und modernisiert wurde.
     
     
    Ich wusste nicht, wie ich mich in dieser Situation verhalten sollte. Das sah durchaus plausibel aus, was die Staatsanwaltschaft geschrieben hatte. Es musste sich schon um einen gravierenden Fall handeln, wenn ein Richter für einen Jugendlichen U-Haft anordnete. Da gab es allem Anschein nach nicht sonderlich viel zu machen. Ich konnte der Frau wahrscheinlich wenig Hoffnung machen, aber sollte ich deshalb die Übernahme des Mandats ablehnen? „Warum sind Sie zu mir gekommen?“, fragte ich vorsichtshalber nach, bevor ich mich endgültig entscheiden wollte.
    „Mein Sohn wollte es so“, antwortete die Frau. „Franz hat mitbekommen, wie Sie die Morde auf dem Tivoli aufgeklärt und die Alemannia gerettet haben. Er ist wie Sie ein großer Alemannen-Fan und er glaubt, dass Sie auch ihn retten können, Herr Grundler.“
     
     
    Seufzend lehnte ich mich in meinen Sessel zurück und schloss die Augen. Das hatte mir gerade noch gefehlt, dass mich jemand zum Alemannen-Fan machte und nur deswegen von mir vertreten werden wollte. Andererseits war der Junge gerade einmal siebzehn Jahre alt und offenbar sehr naiv. „Okay“; sagte ich, „ich werde mich dafür einsetzen, Ihren Sohn so schnell wie möglich wieder nach Hause zu holen.“ Versprechen könne ich natürlich nichts. Falls möglich, würde ich heute noch nach Heinsberg fahren.
    Ziemlich abrupt beendete ich das Gespräch, stand auf, reichte der beunruhigten Mutter zum Abschied die Hand und verwies sie an unser Sekretariat, das sich um die Formalitäten kümmern würde.
     
     
    Mein Gang zur Toilette war mehr aus Verlegenheit als körperbedingt. Ich wollte meine Ruhe haben und fand, wie erhofft, nach meiner Rückkehr mein Zimmer leer vor. Auf dem Schreibtisch hatte Sabine zwei Bananen abgelegt und einen Zettel mit der Durchwahlnummer zu einem Kommissar im Aachener Polizeipräsidium. Er verschaffte mir zuweilen unter dem Deckmäntelchen der Vertraulichkeit Informationen, die ich offiziell nicht so einfach bekommen würde. Die gute Zusammenarbeit mit Hauptkommissar Böhnke bei der Entführung von Lennet Kann trug inzwischen Früchte. Er werde sich umhören und zurückrufen, versprach er mir, nachdem ich ihn vertrauensvoll in meinen Fall eingeweiht hatte.
    Meinen offiziellen Anruf bei der Staatsanwaltschaft hätte ich mir sparen können. Sobald etwas Schriftliches vorläge, werde man mich informieren, wurde ich von unseren Nachbarn an der Theaterstraße nichts sagend vertröstet, als ich mein Mandat für Franz Loogen ankündigte. Selbstverständlich könne ich jederzeit mit dem U-Häftling sprechen.
    Günstig wäre der nächste Morgen, wenn Loogen zur weiteren Vernehmung ins Aachener Gericht gebracht würde. Man habe nichts dagegen, wenn ich bei der Vernehmung zugegen wäre. Mein Einverständnis vorausgesetzt, würde man auch einen Psychologen hinzuziehen. Die Verbrechensaufklärung und die Feststellung der Schuldfähigkeit meines Mandanten würde dadurch erleichtert, zumal es sich bei dem vermeintlichen Täter um einen Jugendlichen handelte.
    Jetzt fehlte nur noch die Klage über die Jugend von heute, stöhnte ich und legte auf.
    Der Tag verlief von Stunde zu Stunde unbefriedigender. Am besten war es wohl, sich aufs Fahrrad zu klemmen und zu einer kleinen Tour aufzubrechen. Aber daraus würde in Anbetracht meines weiteren Programms nichts werden, brummte ich vor mich hin.
    Von meinem vorübergehenden Nachfolger als Bürovorsteher ließ ich mich mit Brandmann verbinden. Jerusalem war wie immer fix zur Stelle. Zurückhaltend und still erledigte er seine Arbeit, ohne lange zu fragen. Er gehörte zu der Sorte von Arbeitsbienen, deren Bedeutung im Betrieb erst dann erkennbar wurde, wenn sie nicht mehr
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