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Blut klebt am Karlspreis

Blut klebt am Karlspreis

Titel: Blut klebt am Karlspreis
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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versöhnlichen Tagesabschluss bringen.
     
     
    Meat Loaf schien endgültig die Hölle verlassen zu haben. Laute Rockmusik dröhnte mir im Hausflur entgegen, in dem etliche Fahrräder ungeordnet herumstanden. Alle Zimmertüren waren offen. Meiner Nase folgend schlängelte ich mich an den Drahteseln vorbei zum vorletzten Zimmer am Flurende und landete in der Küche. Für mich gab es dort ein ungeordnetes Chaos aus Töpfen, Tellern und Schüsseln, die auf Tischen, Schränken, am Herd und der Spüle abgestellt waren. Aber augenscheinlich gelang es den Hausbewohnern, nicht am Hungertod zu sterben. Aus einem großen Topf dampfte Wasser, am Tisch kämpften zwei junge Frauen und ein Mann mit den Tränen und den Zwiebeln sowie den Tomaten.
    Als sie mich erblickten, lachte eine der Frauen freundlich auf. „Wollen Sie mit uns essen?“, fragte sie unbekümmert. „Heute gibt es Spaghetti mit Tomatensoße.“
    Ich wisse nicht, ob ich diese herzliche Einladung annehmen könne, antwortete ich verlegen, zumal ich bedauerlicherweise nicht aus privaten Gründen gekommen sei. Es täte mir Leid, aber ich käme in beruflicher Mission und wolle mit der Hausgemeinschaft sprechen, fuhr ich fort. „Von mir aus auch beim Essen.“ Der Mann, von mir aus nach seinem Äußeren als Philosophiestudent eingeschätzt, sah mich über die dünne Nickelbrille mit großen, braunen Augen skeptisch an. Er traf genau den Punkt mit seiner Frage: „Wollen Sie uns etwa hier rausschmeißen?“
    Beschwichtigend hob ich die Arme. Das sei beileibe nicht meine Absicht. „Ich muss hier eine Kuh vom Eis kriegen und weiß nicht, wie dünn die Schicht ist“, versuchte ich mich philosophisch. Aber damit war ich wohl glatt am Zeitgeist vorbeigeschliddert.
    „Wer sind Sie? Was wollen Sie?“, fragte mich der Nickelbrillentyp nüchtern.
    Weiter als bis zur bescheidenen Nennung meines Namens kam ich nicht.
    „Raus!“, brüllte das Trio unisono und trommelte damit weitere Hausbewohner herbei. Schnell war ich von etlichen Langhaaraffen und Bartträgern umringt. Da man hier in einer pazifistischen Wohngemeinschaft lebe, könne ich unbehelligt gehen, wies mir ein Mensch, vermutlich männlich, Maschinenbauer im fünfzehnten Semester und damit auf der Schwelle zum Dauerstudenten, höflich, aber zugleich bestimmt den Weg zum Ausgang. „Hier gibt es nichts zu verhandeln“, sagte mir ein weiterer Hausbesetzer, der erschreckend normal aussah. So, wie der gekleidet und frisiert war, musste der Mathematik und Biologie fürs Lehramt studieren, vermutete ich für mich, als ich meinen Rückzug antrat.
    „Über Ihre Pleite können Sie morgen garantiert in der Zeitung lesen“, rief mir eine Frau nach.
    Höhnisches Gelächter klang mir noch lange in den Ohren, als ich missmutig zum Templergraben stapfte. Jeder Student, der mir begegnete, schien mich von oben bis unten abfällig zu mustern. Dabei hatte ich überhaupt nichts Verwerfliches getan, redete ich mir ein. Ich wollte doch nur helfen. Lange stellte ich mich unter die Dusche, versuchte danach vergeblich, Sabine telefonisch in der Kanzlei, bei Do oder in ihrem Appartement am Adalbertsteinweg zu erreichen, stöpselte schließlich, um ungestört zu bleiben, das Telefon aus und setzte mich an meinen Schreibtisch. Unter der Dusche war mir eine Idee für eine Kurzgeschichte gekommen, die ich nun umsetzte. „Die Demokraten“, so lautete der Titel des Werks, das wohl zur großen Schar meiner unveröffentlichten wandern würde. Noch war auf der nach meinem persönlichen Geschmack sortierten Bücherwand dafür Platz.

Rechtsruck
     
     
     
    Dieter war ungehalten, als ich am Morgen lustlos in die Kanzlei getrottet kam. „Führst du nachts immer Dauergespräche?“, pflaumte er mich noch im Flur an und ich musste zerknirscht eingestehen, dass ich es versäumt hatte, das Telefon wieder betriebsbereit zu machen.
    „Was ist denn?“, fragte ich verwundert, während ich in mein Zimmer ging. „So, wie ich es sehe, dreht sich die gute, alte Welt immer noch.“
     
     
    Über diese Einstellung konnte mein Chef nicht einmal mehr lachen. „Wenn wir so weitermachen, dreht sich die gute, alte Welt bald ohne uns“, sagte er verärgert. „Nicht mehr lange und die schießen uns in die rechte Ecke.“
    „Wieso? Wer sind die?“ Ich verstand Dieter nicht, der mir daraufhin heftig die aktuellen Tageszeitungen auf den Schreibtisch knallte. „Wenn du das gelesen hast, weißt du, was ich meine.“
    „Besuch vom Anwalt“ und „Anwalt
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