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Blut klebt am Karlspreis

Blut klebt am Karlspreis

Titel: Blut klebt am Karlspreis
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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vielleicht gerade Mitte zwanzig, ins Gesicht. „Ich suche jemanden, der mir etwas über diese Hausgemeinschaft sagen kann“, antwortete ich ruhig und höflich dem lässig, aber durchaus sauber gekleideten Mann, der mich misstrauisch musterte. Ich käme äußerst ungelegen, meinte er und griff nach einem alten Hollandfahrrad, das am hinteren Ende des Flures gegen die Wand gelehnt war. Seine Kollegen seien alle außer Haus und er selbst müsse ebenfalls fort. „Wenn Sie etwas von uns wollen, pinnen Sie einen Zettel an die Wand“, schlug er vor und deutete auf eine braune Korktafel neben der Treppe zu den oberen Stockwerken. „Falls es uns interessiert, werden wir mit Ihnen sprechen.“
    Mit einer kurzen Armbewegung gab er mir zu verstehen, ich solle gefälligst vor ihm auf den Gehweg nach draußen treten. „Wir mögen es nicht besonders, wenn sich jemand während unserer Abwesenheit im Haus aufhält.“ Er kramte einen Schlüssel aus seiner Tasche und schloss die Tür ab. „Gegen sechzehn Uhr sind die Ersten zurück. Dann können Sie gerne wiederkommen“, sagte er noch zum Abschied, schwang sich aufs Rad und fuhr auf dem Bürgersteig davon.
    Unzufrieden machte ich mich auf den Weg zurück zur Theaterstraße. ‘Ich würde ein interessantes Gespräch mit Brandmann führen müssen’, dachte ich mir. Für sein Vorpreschen an die Presse würde er die passende Quittung bekommen.
    Doch ich kam nicht dazu, meinen militaristisch angehauchten Mandanten anzuläuten. Mit einem lauten Klopfen an die Zimmertür deutete Sabine ihr Erscheinen an. Das laute Klopfen bedeutete, dass sie nicht alleine und somit in offizieller Funktion kam.
    „Was gibt’s?“, rief ich fragend und beugte mich über die Akten auf meinem Schreibtisch. Es machte immer großen Eindruck auf die Mandanten, wenn ihr Anwalt viel beschäftigt aussah; wenn er ihnen etwas von seiner kostbaren Zeit opferte, war das schon ein enormer Gunstbeweis.
    „Eine Frau Loogen wünscht Sie zu sprechen, Herr Grundler“, gab sich Sabine äußerst förmlich.
    Nach einem kurzen Gruß bot ich der kleinen Frau, die zaghaft näher getreten war, einen Sessel vor meinem Schreibtisch an. Nervös war sie, knapp über vierzig schätzte ich sie, nach ihrer Kleidung zu urteilen, nicht gerade eine höhere Gehaltsklasse. Sauber und gepflegt war diese Frau zwar, aber auch preiswert und nicht nach dem neuesten Stand der Mode gekleidet. Sie gehörte nicht unbedingt zu unserer üblichen Klientel; das sah weder nach Erbschaft noch nach Scheidung aus. Was sie zu uns führe, fragte ich betont geschäftig, „Sie müssen meinen Sohn Franz befreien“, sprudelte die Frau aufgeregt los. Sie vermied es, mich anzusehen, schaute zu Boden und hielt sich an den Griffen ihrer Handtasche fest. „Er ist verhaftet worden. Er soll an der Grenze einen Holländer fast erschlagen haben. Dabei ist er unschuldig. Das müssen Sie mir glauben!“ Sie sah kurz auf.
     
     
    Wie ich mir eingestehen musste, hatte ich nicht viel verstanden, was allerdings auch zum Teil darauf zurückzuführen war, dass mich ihr Gerede bislang nicht sonderlich interessiert hatte. Fragend sah ich Sabine an, die in einer Ecke hockte und das Gespräch stenographierte.
    Auch sie schien aus der Schilderung von Frau Loogen nicht ganz schlau geworden zu sein. Jedenfalls zuckte meine Liebste nur ahnungslos mit den Schultern und schob mit der Hand ihr langes blondes Haar aus dem Gesicht.
    „Nun noch einmal dasselbe von vorne, Frau Loogen“, redete ich beruhigend auf die nervöse Klientin ein. „Ihr Sohn ist verhaftet worden, sagen Sie. Von wem und warum? Und vor allem, wann?“
    „Heute Morgen sind die Polizisten gekommen, Franz und ich saßen gerade beim Frühstück“, antwortete die Frau. Sie schluckte. „Es ging alles so schnell. Ehe wir uns besinnen konnten, haben die Polizisten meinen Sohn geschnappt und mitgenommen. Sie haben einen Durchsuchungsbefehl vorgelegt und sein Zimmer auf den Kopf gestellt“, berichtete sie. „Die Polizei hat mir noch nicht einmal gesagt, worum es überhaupt ging. Sie haben Franz mitgenommen und mir nur gesagt, ich würde am Mittag Bescheid bekommen.“ Frau Loogen stockte kurz. „Das habe ich vor einer Stunde erhalten.“ Aus ihrer Handtasche kramte sie ein offizielles Schreiben der Staatsanwaltschaft Aachen, adressiert am Maritta Loogen in Bardenberg, wie ich lesen konnte, nachdem sie es mir gegeben hatte.
    Darin teilte ihr die Staatsanwaltschaft mit, gegen ihren minderjährigen Sohn Franz werde
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