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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser
Autoren: László Darvasi
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auf allen prangen Aufkleber, sie sind aus den verschiedensten Gegenden Europas eingetroffen, aus Wien, Amsterdam, Paris, London, Berlin, Moskau und Sarajevo. Die Kisten verbreiten einen stickigen Geruch. Die Burschen erinnern sich, den Geruch haben sie schon auf der Straße bemerkt, und als sie den alten Herrn auf die Beine stellen, wird ihnen fast schwindlig!
    Was sind das für Machenschaften, Herr Schütz?!
    Spielen Sie ein geheimes Spiel?!
    Ist das eine Verschwörung?!
    Raub, Plünderung vor einer Katastrophe?!
    Der Alte lacht nur zufrieden in sich hinein!
    Ich, Gustav Schütz, Doktor der Medizin, glaube nicht, dass man vor den Tatsachen kuschen muss!
    Schon recht, kuschen Sie nicht! Sehen Sie nun was oder nicht?!
    Wer hat gesagt, dass ich blind bin?! Ich sehe immer!
    Lieber Himmel, er hat uns zum Narren gehalten!
    Er sieht, er sieht nicht, egal! Wir haben ihn nach Hause gebracht, da ist er jetzt!
    Schön hierbleiben, Herr Schütz!
    Der Alte steht schwankend auf einer Holzkiste und schwingt Reden, die Bretter ächzen unter seinen Füßen.
    Schnauze, Herr Schütz, es ist besser für alle, wenn Sie nichts mehr sagen! Kommen Sie da runter! Holt ihn doch runter!
    Versteht irgendwer, was er da quatscht?!
    Sie können ihn nicht allein lassen, nicht einfach die Tür hinter sich zuschlagen, sie holen ihn von der Kiste, stoßen ihn auf einen Stuhl, dass es kracht, und zischen sich über seinem Kopf etwas zu, die starken Fäuste geballt, am liebsten würden sie losschlagen, denn ihnen ist das Ungeheuerliche wieder eingefallen.
    Was für eine haarsträubende Geschichte!
    Viele Leute glauben, der Doktor habe zwei Menschen auf dem Gewissen, der wunderliche Pflanzenforscher und seine Frau seien vor ein paar Tagen seinetwegen zugrunde gegangen, seinetwegen seien Imre und Klara Schön in ihrer verschlossenen Wohnung buchstäblich verhungert. In dem verfluchten Zimmer, Tür und Fenster waren von innen vernagelt, hatten sie einander umarmt, einander verschlungen. Kein Wunder, dass die Leute reden. Das Sterbezimmer war ein Blumenzimmer gewesen, vollgestopft mit allen möglichen Pflanzen, sich rankenden Gewächsen und Trieben! Ein mörderisches Gewächshaus! Klara Pelsőczy und Imre Schön hatten bunte Nägel verwendet! Bemalte kleine Haken, gebogene Nägel, Bauklammern und gestrichene Leisten verhinderten das Eindringen des Lichts, verdeckten Spalten und Ritzen, damit nichts und niemand sie stören konnte, weder menschliche Hilfe noch ein neugieriger Lichtstrahl.
    Und der Doktor hat beim Tod des Ehepaars mitgeholfen!
    Er hat über die Anschuldigungen nur gelacht!
    Stimmt es, dass Sie sich mit Leichen unterhalten, Herr Schütz?!
    Stimmt es, dass Sie verrückte Tote zum Leben erwecken wollen?!
    Der alte Idiot, der senile Verrückte hat zugelassen, dass ihre Zeit ablief! Statt Hilfe zu holen, einen Schlosser, eine Amtsperson, statt einen richtigen Arzt aufzutreiben, hat er nur an der vernagelten Zimmertür gehorcht, um dann tagelang in der Stille des Leichengeruchs zu hocken.
    Geben Sie zu, dass es so war, alter Kurpfuscher!
    Totenvogel, Totenvogel!
    Ach, Kinder, ach, Kinder, ich höre sie, ich höre sie immer noch! Der alte Mann schneuzt sich.
    Was hören Sie, alter Affe?!
    Sie waren Spitzel, nicht wahr?!
    Und weil er aufzustehen versucht, wird er in den Lehnstuhl gestoßen, dass er aufstöhnt.
    Er schüttelt den Kopf, der Rotz tropft ihm auf die Jacke.
    Genau, ein Schnüffler, das hat auch mein Vater gesagt!
    Müssen Sie ein widerliches Leben gehabt haben, Herr Schütz!
    Schlagen wir den alten Gauner tot!
    Hängen wir ihn auf, damit er niemandem mehr schaden kann!
    Es sind viele, und es scheinen immer mehr zu werden, Füße trappeln, die Burschen überschreien einander, als wollten sie die Angst übertönen, sie sind betrunken, sie haben den restlichen Wein gefunden, den Palinka geleert und die Gläser weggeworfen. Schließlich schlagen sie den Alten. Von wegen blind! Sie packen ihn beim Kragen, schlagen seinen Kopf gegen die Tischplatte.
    Da hast du deine Legende, Schütz!
    Sie stoßen ihn zu Boden, treten ihn, spucken ihn an. Die Männer reißen die Kisten auf, und weil sie nichts Wertvolles finden, schleudern sie die Deckel gegen die Wand, dass sie zerbersten. Sie fordern Schmuck und Geld; erst langsam dämmert ihnen, dass Herr Schütz absolut nichts besitzt.
    Der alte Mann kriecht auf allen vieren, er winselt und bellt sie an. Schon wollen sie ihn aufhängen, da stocken ihre Bewegungen. Das Entsetzen hat sie gepackt, es fährt
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