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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë
Autoren: Antonia Kerr
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prachtvollen Rottönen erstrahlen sollen, und nun hatte mich das Reisefieber bereits gepackt.
    Der Gedanke aber, die Stadt zu verlassen, oder vielmehr die Aussicht, meiner Assistentin Condoleezza diesen Weggang ankündigen zu müssen, jagte mir gehörig Angst ein. Ich hatte sie in Bezug auf Evelyn angelogen und in dem Glauben gelassen, meine Frau sei in humanitärer Mission in Uganda unterwegs. An einem Montagmorgen konnte ich mich endlich dazu durchringen, ihr alles zu beichten – montags ist sie meist guter Laune. Ich wartete, bis sie wie üblich die Tür lautstark gegen die Wand knallte und mir meinen koffeinfreien Kaffee mit Süßstoff reichte. Ich nippte daran und überprüfte, ob auch kein Karamell drin war, weil sie manchmal etwas davon hineintat, ohne mich zu warnen. »Wenn ich dicker werden wollte, würde ich echten Zucker nehmen«, sagte ich dann zu ihr. Worauf Condoleezza erwiderte, ich sei »mager wie ein wilder Kater«, auch so ein Ausdruck von ihr.
    Â»Was ist los?«, fragte sie und legte dabei besorgt ihre Stirn in Falten. »Sie sehen ja ganz zerknautscht aus!«
    Â»Eher zerknirscht«, korrigierte ich sie.
    Â»Aber wo drückt denn der Schuh? Sagen Sie mir jetzt nicht, da wäre nichts, ich kenne Sie, als hätte ich Sie selbst zur Welt gebracht! Ich weiß doch, wenn meinem lieben Richard etwas auf der Seele liegt!«
    Sie kniff mich in die Wange und tätschelte die schlaffe Haut, die sie zwischen den Fingern hielt. Lieber Richard, so nannte sie mich also, mich, ihren Arbeitgeber, ihren Chef. Wo war der Respekt von einst geblieben? Fragen wie »Schmeckt Ihnen der Kaffee, Mister?« oder »Interessiert Sie der Wetterbericht für heute?«. Seitdem wir nicht mehr miteinander flirteten, legte sie eine neue Zärtlichkeit an den Tag, eine Art mütterliche Wärme, die sämtliche Gelüste radikal unterband, die ich ihr gegenüber gehabt hatte. Condoleezza ist die imposanteste Frau, die ich jemals flachgelegt habe – 124 Kilogramm auf eine Größe von 1,70 Meter verteilt, mit Händen wie Venusmuscheln und an den Handgelenken immer eine beträchtliche Anzahl von falschen Diamanten und Plastikarmreifen. Ein nächtlicher Ausrutscher im Pool meiner Wohnung hatte den Weg für weitere sinnliche Begegnungen geebnet, aber wir waren grundsätzlich so verschieden, dass wir bald wieder zu unserer platonischen Beziehung von früher zurückgekehrt sind.
    Â»Ich hänge meinen Beruf an den Nagel und wandere nach Kanada aus. Ach, und Evelyn ist übrigens nicht in Uganda, wir haben uns getrennt«, verkündete ich in theatralischem Ton. Die Reaktion ließ nicht auf sich warten. Condoleezza stand einen Moment wie angewurzelt da, ohne jede Regung, bevor ihre Füße konzentrische Kreise auf dem Teppich zu zeichnen begannen. »Nein, nein«, empörte sie sich und wackelte dabei mit dem Kopf wie eine Taube. »Doch noch nicht jetzt! Für den Ruhestand sind Sie viel zu begabt! Die Rente, das ist was für Verlierer, für Feiglinge, aber nicht für Leute wie Sie!« Sie ließ sich auf dem Fußschemel des Eames Sessels nieder, die Augen weit aufgerissen. »Oh Gott, oh Gott, Herr Jesus, steh mir bei!«
    Â»Tut mir leid«, sagte ich zu ihr, »aber ich fürchte, der kann jetzt auch nicht helfen.«
    Sie lag nun auf dem Boden, die Arme über der Brust verschränkt, und stand erst wieder auf, nachdem sie ihr Blumenkleid glattgestrichen hatte. »Gut, dann machen Sie doch, was Sie wollen«, stieß sie hervor, bevor sie das Zimmer verließ. Als ich ihr folgte, saugte sie gerade mit dem Staubsauger in der einen Hand das Wohnzimmersofa ab und führte mit der anderen eine Flasche Scotch zum Mund. Ich zog mein Hemd aus und legte mich auf das Polster. Eine runde, weiße Stelle zeichnete sich auf meinem Oberkörper ab, als sie mich zufällig absaugte und mir bei der Gelegenheit ein paar Härchen ausriss.
    Â»Tut mir leid!«, entschuldigte sie sich.
    Â»Sie müssen mich jetzt nicht mehr abstauben, Condoleezza!«
    Sie schaltete den Staubsauger aus.
    Â»Die Milben... Diese Viecher fressen Sie auf! Wussten Sie, dass die Ihre abgestorbenen Hautpartikel essen? Richtige Kannibalen sind das!«
    Â»Kannibalen essen nur ihre eigene Spezies.«
    Â»Ist ja auch egal, ich dulde jedenfalls nicht, dass man Sie frisst!«
    Ich zog mich in mein Büro zurück, um die Annonce aufzusetzen,
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