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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë
Autoren: Antonia Kerr
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hätte dich dieser Bär auch nicht angegriffen. Er hat dich sicher für ein großes Murmeltier gehalten.«
    John-John setzte nun den Lauf seines Revolvers wie ein Messer ein und schnitt eine tiefe Kerbe ins Verdeck des Cadillacs, bevor er mich nach draußen schob. Dieser unglaubliche Regen hatte aufgehört und ließ penetranten Fischgestank zurück. John-John bückte sich, um sich eine Handvoll Sardinen in den Mund zu stopfen. Mich packte die Verzweiflung eines Schiffbrüchigen, als ein Lastwagen bloß hupte, ohne anzuhalten, während ich wild die Arme schwenkte. »Sicher ein Republikaner«, schnaufte John-John und bückte sich erneut, um weitere Sardinen aufzulesen.
    Nachdem wir uns eine Stunde als Anhalter versucht hatten, beschlossen wir, zu einer
Sinclair
-Tankstelle zu laufen und dort um Hilfe zu bitten. Glücklicherweise wurde diese Filiale von zwei Bahamaern geführt, die in John-John einen Bruder sahen, dem geholfen werden musste. Niedergeschlagener denn je fuhr ich ins nächstgelegene Motel, in dem das einzige freie Zimmer eine Hochzeitssuite war. Ich warnte John-John, meinen Eiern in der Nacht nur ja nicht zu nahe zu kommen, ansonsten würde ich nicht zögern, ihm eins in seine Antillen-Beatnikfresse zu geben. Er brach in schallendes Gelächter aus und verschwand im Badezimmer. Ich versuchte, mich auf eine Folge von
Baywatch
zu konzentrieren, aber die leichte Übelkeit, die mich erfasst hatte, seit ich auf dem Wasserbett lag, lenkte meinen Geist auf metaphysischere Gedankengänge als rote Badeanzüge. Ich durchforstete die Schublade des Nachttisches, es konnte ja sein, dass ehemalige Gäste ein gutes Buch da gelassen hatten, doch ich fand bloß die übliche Bibel und das Telefonbuch. »Ich habe immer noch Hunger«, verkündete John-John und raufte sich dabei die Dreadlocks. Während er Pamela Andersons hüpfende Brüste betrachtete, drehte er sich mit entblößtem Schwanz und unbekümmerter Miene zu mir um, um zu fragen, warum ich denn im Telefonbuch läse. Das um seine Taille geschlungene Tuch war heruntergerutscht, ohne dass er sich dessen bewusst gewesen wäre – oder vielleicht hatte er es auch absichtlich gemacht, um mich zu testen, aber ich zog es doch vor, an einen schlichten Zufall zu glauben. »Ich lese lieber darin als in der Bibel«, antwortete ich und versuchte dabei verzweifelt, meinen Blick abzuwenden, der ein altes Klischee über Schwarze überprüfen wollte. Leider konnte ich meine Augen nicht sehr lange im Zaum halten und machte so die leidvolle Entdeckung, dass John-John wie ein Angus-Stier gebaut war.
    Wir brauchten geschlagene drei Tage und drei Nächte, bis wir heil in Key West angekommen waren. Auf den Straßen liefen Hühner und polydaktyle Katzen umher, vor allem aber war diese Insel mit
WASP
s * verseucht, was mich etwas enttäuschte. Wegen der Aussicht, Marquette wiederzusehen, war John-John aufgeregter als eine Katze beim Anblick einer Eidechse – und nach den schwierigen Stunden, die wir soeben durchlebt hatten, tat mir seine Begeisterung richtig gut. Außerdem wollte er mich unbedingt seiner Familie vorstellen. Ich versuchte, Condoleezza zu erreichen, aber da diese sich tot stellte, bedachte ich schließlich meine Tochter Maddie mit einem Anruf.
    Maddie und ich haben nie ein Vater-Tochter-Verhältnis gehabt, wie Hollywoods Drehbuchautoren es entwerfen, aber wir lieben uns durchaus, und das ist doch auch schon mal nicht schlecht. Ich besuche sie allerdings nicht sehr oft, und sie ruft mich auch nur dann an, wenn ihr Freund Owen nach einem Streit von ihrer großen Ranch im San Fernando Valley abhaut – dieser Schwächling! Seit einigen Jahren schon beherbergt sie meinen Schwiegersohn, ohne dass er etwas dafür zahlen würde. Er ist »konzeptioneller« Künstler und hängt an ihr wie eine Zecke im Fell eines streunenden Hundes. Sowohl ihr als auch mir gegenüber macht Owen einen auf unverstandenes Genie; die Beziehung der beiden bringt mich zur Verzweiflung, aber ich muss mich damit abfinden. Wie ich diese ungeschriebenen Gesetze hasse, die es Eltern diktieren, sich nicht mehr in das Leben ihrer Kinder einzumischen, sobald diese das Erwachsenenalter erreicht haben. Ich würde sie so gern vor diesem Typen retten, stattdessen bin ich dazu verdammt, ihrem Untergang beizuwohnen.
    Â»Paps, wie schön, dich zu hören! Was treibst du so?«
    Â»Ich
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