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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition)
Autoren: Mila Herbst
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Zimmer verfügte nur über ein Bett. Auf der rechten Seite stand ein Stuhl, über dessen Lehne eine schwarze Lederjacke hing. Ich besaß solch eine Jacke nicht und fragte mich, ob eine Krankenschwester sie dort wohl vergessen hatte, als plötzlich die Tür aufging und ein bekanntes Gesicht hereinkam.
    »Du bist wach, wie schön.« Uwe setzte sich auf den Stuhl und zeigte auf einen Pappbecher, den er in der Hand hielt. »Ich war nur kurz Kaffee holen. Wie geht es dir?«
    Das wusste ich selber noch nicht so recht. Ich hatte noch keine Zeit gehabt, meinen Körper richtig zu erkunden, auf die Suche nach Verletzungen zu gehen, mich zu fragen, was denn überhaupt passiert ist, warum ich denn hier lag …
    » Wie fühlst du dich?«
    Ich tastete mich kurz ab, um zu spüren, ob ich sonst noch irgendwo Schmerzen hatte, oder ob ich irgendwo bandagiert war und erschrak, als ich an meinem Hals einen Verband entdeckte.
    »Das ist nicht s Schlimmes«, beruhigte mich Uwe, »nur eine kleine Verbrennung. Die Ärzte meinen, du wirst keine große Schäden davontragen. Wie viele Finger siehst du hier?« Er streckte mir die Hand entgegen und hielt drei Finger in die Höhe.
    Ich entfernte die S auerstoffmaske. »Vier«, sagte ich. »Drei, die dir gehören und diesen hier, wenn du mir noch ein einziges Mal dumm kommst.« Ich zeigte ihm den Mittelfinger. »Ich bin noch nicht dement, nur etwas benebelt, also behandle mich nicht wie eine Idiotin.«
    » Jetzt sei doch nicht gleich beleidigt. Ich wollte nur sehen, ob du durch die Rauchvergiftung eine geistige Behinderung davongetragen hast. Das hätten die Ärzte sowieso getan.«
    »Ach so, bevor du weiterhin deine wertvolle Zeit mit mir verbringst, wolltest du sichergehe n, dass ich noch die Gleiche geblieben bin. Möchtest du vielleicht auch noch nachschauen, ob sich andere Narben in meiner makellosen Haut bilden werden, oder ob meine Beine noch da sind?«
    Uwe schaute mich seelenruhig an . »Ist das jetzt der erste Streit in unsere Beziehung?«
    Hat er gerade Beziehung gesagt?
    Damit hatte er mich völlig aus dem Konzept gebracht. Wir kannten uns doch erst seit ein paar Tagen, wir hatten uns nur einmal gesehen, und doch fühlte es sich in seinem Beisein so vertraut an, als wäre er schon immer ein Teil meiner bescheidenen Welt gewesen.
    »Bitte entschuldige , ich weiß nicht, was mich geritten hat.«
    »Das ist schon in Ordnung. «
    »Was ist denn passiert? Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich gefesselt und geknebelt in meinem Büro saß ... Und dann das Feuer.«
    »Wir hatten uns verabredet, erinnerst du dich?« I ch nickte, musste gleichzeitig husten. Meine Kehle schmeckte rauchig. »Da du nicht kamst, rief ich dich an. Du gingst aber nicht ans Telefon, auch nicht das zweite Mal, daher beschloss ich, in deinem Büro nachzusehen. Es ist ja nicht weit vom Inder. Ich schnappte mir das Fahrrad und fuhr hin.«
    »Woher weißt du, wo mein Büro liegt?«
    »Als wir uns kennenlernten, hast du mir deine Visitenkarte gegeben, da steht es drauf: Wedding Concept, Niebuhrstraße 66.« Um ehrlich zu sein, konnte ich mich nicht erinnern, das lag aber wahrscheinlich daran, dass ich an dem besagten Abend ziemlich angetrunken war. »Und dann wollte ich klingeln, die Eingangstür war aber angelehnt, also ging ich direkt hoch. Im Treppenhaus roch es schon nach Rauch, und als ich vor deiner Tür stand, sah ich, dass die Rauchwolken aus deinem Büro kamen. Ich weiß nicht mehr, wie ich es schaffte, aber ich brach die Tür auf und dann sah ich dich: auf dem Boden liegen, bewusstlos und an einen umgekippten Stuhl gefesselt. Ich holte dich samt Stuhl aus dem Büro und rief die Feuerwehr.«
    Plötzlich war alles wieder da: Wie ich, verzweifelt und ohne Erfolg, versuchte , mich aus dem Stuhl zu befreien, sobald hinter Rossmann die Tür zufiel; wie sich die Flammen schnell ausbreiteten und ich mich hüpfend in Richtung Tür bewegte und mit meinem ganzen Gewicht gegen sie stieß. Dabei kippte der Stuhl und ich fiel auf den Boden. Meine Schreie hörte nur ich, jeder Fetzen Papier im Mund verhinderte den Ausbruch meiner Stimme. Der Rauch dehnte sich wie eine Wolke in den Räumlichkeiten aus. Ich bekam kaum Luft, hörte das schnelle Pochen meines Blutes in den Ohren. Meine Augen brannten, dann wurden sie schwerer, innerhalb von Sekunden war ich nicht mehr fähig, meinen Kopf zu halten.
    Danach war alles verschwommen .
    »Was ist mit meinem Büro?« Uwe senkte die Augen und schüttelte wehmütig den Kopf.
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