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Blitz wird herausgefordert

Blitz wird herausgefordert

Titel: Blitz wird herausgefordert
Autoren: Walter Farley
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und weichen Knaben vom Lande, der die Pferde heiß liebte. In geschäftlichen Dingen war er jedoch zugleich ein gerissener alter Fuchs, den keiner hereinlegen konnte, weil sein Pferdeverstand kaum zu übertreffen war.
    Vor kurzem hatte Henry immerhin gesagt, Blitz könnte vielleicht früher wieder ins Rennen gehen, als er geglaubt hätte; das war vorerst schon recht gut. Jetzt würde er die Morgengalopps ernster nehmen.
    Alec wandte sich zu seinem Pferd zurück, das irgendwie beunruhigt schien. Blitz hatte aufgehört zu grasen, hob den Kopf, seine Nüstern zuckten, und seine Ohren richteten sich nervös auf. Ein plötzlicher Windzug fuhr durch seine Mähne und seinen Schweif. Wenn er Blitz nur ansah, wurde es Alec warm ums Herz. So war es ihm von Anfang an ergangen. Dies und noch viele andere Dinge waren nicht zu erklären; sie anderen Menschen klarmachen zu wollen nützte nichts, denn sie konnten es nicht verstehen. Blitz war ein Ausnahmepferd, das unglaublich viel Kraft hatte. Aber man mußte auf seinem Rücken sitzen, um sie richtig einzuschätzen. Wenn er auf der Rennbahn lief, schien es stets so, als gäbe er alles her, bis er dann auf einmal loszulegen begann, sich streckte und so schnell wurde, daß sein Reiter das Gefühl hatte zu fliegen! Nur wenn man Blitz ritt, überwältigte einen dies Gefühl, und das war eben für alle anderen unbegreiflich.
    »Was hast du denn?« fragte Alec sein Pferd.
    Blitz witterte etwas; seine Nüstern zuckten beim Ein- und Ausatmen, aber weder schnaubte noch wieherte er. Das Stallgebäude lag vollkommen still; nur die bewegte Luft trug ihm etwas Neues zu. Er war in Freiheit geboren, daher wußte Alec, daß auf seine Wahrnehmungen Verlaß war. Er war durch und durch ein selbstbewußter Hengst, kraftstrotzend und zeitweilig wild und angriffslustig. Er fuhr fort, in den Wind zu schnuppern, der ihm irgendeine Witterung zutrug.
    Alec wandte sich in dieselbe Richtung wie sein Pferd, überblickte die verlassene Stallgegend, konnte aber nichts Befremdliches entdecken. Er sah wieder zu Blitz, und ihm wurde ein wenig unbehaglich zumute, weil es lange Zeit her war, daß sich sein Pferd so benommen hatte.
    Die großen, glänzenden schwarzen Augen des Hengstes bewegten sich nicht; das in ihm brennende Feuer schien sich der Luft, die ihn umgab, mitzuteilen.
    Alec sprach ihm sanft zu. Blitz atmete rascher. Er schien genau zu hören, was Alec sagte, denn ein Ohr war zu ihm hinüber gespitzt, aber das andere lauschte zu den Ställen hinüber.
    Mit hoch erhobenem Kopf starrte Blitz dorthin; dann röteten sich seine Nüstern plötzlich, als er sie schnaubend weitete. Die großen Augen blitzten wütend; er zog seine Lippen hoch und zeigte das starke Gebiß. Plötzlich zerriß ein heller trompetender Kampfschrei die Stille — die Kriegserklärung eines Hengstes an einen anderen!
    Der wilde Schrei verklang langsam, doch kam keine Antwort auf die plötzliche, unerklärliche Kampfansage. Einige der in den Ställen stehenden Hengste schnaubten, aber wohl eher aus Furcht als aus Kampfeslust, denn in ihnen war keine Wildheit mehr, sie waren vollkommen domestiziert. Keiner von ihnen trug Narben aus schweren Kämpfen wie Blitz. Denn sie hatten niemals der Notwendigkeit gegenübergestanden, einen Streit auszutragen, um ihre Kraft zu beweisen, weil ein Nebenbuhler sie ärgerte oder eifersüchtig machte.
    Alec war darauf gefaßt, daß sein Pferd jetzt nach dem wilden Schrei vorschießen würde, und stemmte sich vorsorglich dagegen, indem er das Ende der Führleine um seinen Körper schlang. Aber Blitz tat nichts dergleichen; er hielt weiter den Kopf hoch aufgerichtet mit dem Blick auf eine entfernte Stallgasse.
    Doch es geschah nichts, es kam weder ein Pferd noch ein Mensch. Minuten gingen vorbei. Schließlich warf Blitz den Kopf auf und stieß ein hohes, signalartiges Schnauben aus. Als er auch diesmal keine Antwort bekam, schien er das Interesse vollständig zu verlieren, senkte schnell den Kopf und begann wieder, mit seinen scharfen Zähnen Gras zu rupfen.
    »Mit dir wird es einem wirklich nie langweilig«, murmelte Alec erleichtert.
    Was mochte die Aufregung nur hervorgerufen haben? Alec wunderte sich. Während dieser wenigen Minuten war Blitz wieder ganz Wildhengst gewesen, Beherrscher einer Stutenherde, bereit, diese gegen einen Nebenbuhler zu verteidigen.
    Jetzt hob Blitz abermals den Kopf und schnaubte. Diesmal kam jemand auf sie zu, ein junger Mann, der von weitem sehr groß erschien; als er näher
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