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Blitz wird herausgefordert

Blitz wird herausgefordert

Titel: Blitz wird herausgefordert
Autoren: Walter Farley
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Zeit!«
    »Trotzdem brauchst du nicht unordentlich auszusehen«, tadelte der Alte, während er zur Tür ging. Alec folgte ihm.
    Es war spät am Vormittag und sehr still in der Umgebung der Ställe; aber in zwei oder drei Stunden würde es wieder lebendig werden, denn bald darauf begannen die Nachmittagsrennen unter den hohen Königspalmen Hialeahs.
    Draußen blieb Henry stehen und nahm den breitrandigen Strohhut ab, den er in Florida stets trug, um Kopf und Gesicht vor der heißen Sonne zu schützen. Mit dem bloßen Arm wischte er sich den Schweiß von der Stirn.
    Alec sagte: »Wenn dich die Hitze plagt, dann denk daran, daß New York wieder mal tief im Schnee liegt. Seit zehn Tagen haben sie starken Frost.«
    »Ich weiß, ich hab’s heute morgen auf dem Bildschirm gesehen. New York hätte ebensogut Nome in Alaska sein können, so verschneit sind die Straßen. Autos und Busse im Schnee versunken, die Flugplätze geschlossen. Es sah tatsächlich geisterhaft aus. Aber den Schnee und die Kälte könnte ich schon ertragen. Nur nicht den eisigen Wind. Im Alter, scheint’s, weht einem der Eiswind durch den ganzen Körper.«
    »So war es keine schlechte Idee, den Winter hier zu verbringen?«
    »Nein, tatsächlich nicht.«
    Alec lächelte. Henry mochte derselbe hellsichtige, unbestechliche Trainer sein, wie ihn seine Freunde auf den Rennbahnen des Nordens kannten, aber sie würden ihn hier in seiner dem Klima angemessenen Kleidung nicht wiedererkannt haben. Mindestens unterschied er sich sehr von dem Henry, den sie kannten. Zu dem weichrandigen Strohhut trug er ein lustig-rotes Baumwollhemd und helle leichte Hosen. Sein graues Haar war der Hitze wegen kurz geschnitten. Insgesamt wirkte er weit jünger, als er war, denn er hatte auch noch ein paar Pfund Übergewicht verloren und war somit eher stattlich zu nennen als korpulent.
    Der Trainer ging jetzt mit leichten und sicheren Schritten die Stallgasse entlang bis zu einer Box mit einem großen goldenen Stern über der Tür, den die Leitung der Hialeah-Rennbahn hatte anbringen lassen, zum Zeichen, daß dies hier das Domizil eines Champions war. Sogleich erschien ein großer schwarzer Kopf über der Halbtür. Es war Blitz, der neugierig auf die Stallgasse hinausspähte.
    »Da ist ja unser guter alte Junge!« sagte Henry.
    Von wegen alter Junge! dachte Alec, denn der schwarze Hengst war immer noch so unternehmungslustig wie ein ganz junges Pferd! Jetzt wieherte er laut und schüttelte zur Begrüßung den Kopf; man sah seine Muskeln unter dem blanken schwarzen Haarkleid vibrieren.
    Der untrügliche Glanz strahlender Gesundheit umgab ihn, was Alec veranlaßte, noch einmal zu versichern: »Du wirst an seinem Huf nichts finden, was bedenklich wäre, Henry! Selbst wenn wir ihn sofort auf die Rennbahn brächten, würde er siegen!«
    Henry betrat die Box, ohne zu antworten. Alec folgte ihm, wobei er sich ermahnte, den Mund zu halten. Er wußte ja schließlich, wie Henry zu nehmen war! Er streifte Blitz den Halfter über und stellte ihn für Henry zurecht.
    »Gib mir die Zange!« forderte dieser und hob das linke Vorderbein des Hengstes. Der Huf fühlte sich kühl und gesund an, wie es sein mußte. Henry tastete jede Stelle mit der kleinen Zange ab, indem er sie vorsichtig zuklemmte. Das Pferd zuckte nicht ein einziges Mal. Nicht das geringste Zeichen verriet, daß noch irgendwo eine Empfindlichkeit von der alten Verletzung zurückgeblieben wäre. Trotzdem meinte Henry: »Man kann’s nie wissen; irgendwo könnte doch ein Nerv gedrückt werden.«
    »Wenn das der Fall wäre, hätte er doch heute morgen nach dem langen Galopp gelahmt«, antwortete Alec. »Ich bin überzeugt, daß er so fit ist wie in seinen besten Zeiten.« Er hatte nichts sagen wollen; es war ihm unwillkürlich herausgefahren.
    Henry sagte tadelnd: »Hast du überhaupt eine Ahnung, wie viele Pferde während ihrer Rennkarriere gesund bleiben?«
    Alec schüttelte den Kopf.
    »Bloß ein Zehntel von ihnen!« belehrte ihn Henry, »bloß ein Zehntel von den Tausenden, die Rennen laufen! Überleg dir das einmal! Und ich setze meinen Ehrgeiz darein, Blitz gesund zu erhalten!«
    »Das ist dir ja auch geglückt«, antwortete Alec.
    »Gewiß, bisher! Und ich glaube jetzt auch, daß er in guter Kondition für sein nächstes Rennen ist. Aber es gibt Dinge, die sich unserer Kontrolle entziehen; deshalb können wir nicht wachsam genug sein. Wenn man ein Pferd wie Blitz hat, darf man nichts aufs Spiel setzen und ihn nur ins Rennen
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