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Blindes Vertrauen

Blindes Vertrauen

Titel: Blindes Vertrauen
Autoren: Brown Sandra
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»Rechnung, Rechnung, überfällige Rechnung… Einladung zum Dinner im Weißen Haus.« Sie sah den Hund an, der fragend den Kopf schief legte. »Wollte bloß mal sehen, ob du aufpaßt.«
    Cronkite folgte ihr nach oben ins Schlafzimmer, wo sie Kleid und Pumps gegen ein fast knielanges Redskins-Trikot und Sportsocken vertauschte. Nach einigen Bürstenstrichen durch ihr Haar faßte sie es zu einem Pferdeschwanz zusammen. »Umwerfend«, murmelte sie, als sie ihr Spiegelbild betrachtete. Aber dann dachte sie nicht mehr an ihr Aussehen, sondern konzentrierte sich auf ihre Arbeit.
    Im Lauf der Jahre hatte sie sich verschiedene Quellen erschlossen  – Angestellte, Sekretärinnen, Callgirls, Zimmermädchen, Polizeibeamte, eine Handvoll Leute in einflußreicher Position –, von denen sie gelegentlich wertvolle Informationen und verläßliche Hinweise bekam. Eine dieser Quellen war Anna Chen, eine junge Verwaltungsangestellte im General Hospital. Der üppig blühende Klatsch, den Anna Chen im Krankenhaus
mitbekam, führte oft zu guten Storys. Sie war eine von Barries verläßlichsten Quellen.
    Weil Barrie hoffte, sie noch im Büro erwischen zu können, suchte sie Annas Nummer in ihrer privaten Rolodex-Kartei und tippte sie ein. Die Telefonistin im Krankenhaus verband sie sofort weiter.
    Â»Hi, Anna. Hier ist Barrie Travis. Ein Glück, daß ich Sie noch erwischt habe.«
    Â»Ich wollte eben gehen. Was gibt’s?«
    Â»Wie gut wären meine Chancen, eine Kopie vom Obduktionsbefund des Merritt-Babys zu bekommen?«
    Â»Soll das ein Witz sein?«
    Â»So schlecht?«
    Â»Unmöglich, Barrie. Sorry.«
    Â»Das hab’ ich mir gedacht, aber fragen kostet ja nichts.«
    Â»Wozu wollen Sie den?«
    Sie verstieg sich zu einiger Wortakrobatik, die ihre Quelle zufriedenzustellen schien. »Trotzdem vielen Dank, Anna.«
    Barrie legte enttäuscht auf. Ein Autopsiebericht wäre ein guter Ausgangspunkt gewesen, obwohl sie noch immer nicht recht wußte, worauf sie hinauswollte.
    Â»Was willst du zum Abendessen, Cronkite?« fragte sie, während sie mit ihm nach unten in die Küche trabte. Sie öffnete eine Schranktür und las vor, was auf der Speisekarte stand. »Im Angebot sind heute abend Kibbles and Bits, Huhn mit Leber von Alpo oder Gravy Train.« Er winselte vor Enttäuschung. Sie erbarmte sich seiner und fragte: »Luigi’s?« Cronkite ließ seine lange rosa Zunge heraushängen und begann zu hecheln wie ein Perverser in einer Peep-Show.
    Ihr Gewissen ermahnte sie, sich mit einem Lean-Cuisine-Menü zu begnügen, aber wozu eigentlich? Was machten ein paar Gramm Fett, wenn man seine Abende in einem alten Footballtrikot
und Sportsocken daheim verbrachte, sich mit einem Mischlingshund unterhielt und nichts vor sich hatte als stundenlange Recherchen?
    Als sie telefonisch zwei Pizzas bestellte, begann Cronkite zu winseln, weil er nach draußen wollte. Barrie hielt die Sprechmuschel zu. »Wenn es so dringend ist, kannst du zur Hundetür raus.« Cronkite musterte die Öffnung in der Hintertür verächtlich. Sie war groß genug für den Hund, aber nicht so groß, daß sie sich wegen Einbrechern Sorgen machen mußte. Während sie die Pizzabestellung wiederholte, deutete sie mit ihrem Zeigefinger energisch auf die Hundetür. Cronkite kroch sichtlich gedemütigt hindurch. Als er wieder hereinkommen wollte, hatte sie bereits aufgelegt und machte ihm die Hintertür auf. »Unsere Pizzas kommen garantiert in fünfundzwanzig Minuten, sonst kriegen wir sie umsonst.«
    Während sie auf die Pizzas wartete, goß sie sich ein Glas Merlot ein und nahm es mit in den zweiten Stock hinauf, den sie zum Arbeitszimmer ausgebaut hatte. Sie hatte einen Treuhandfonds mit ihrer Erbschaft aufgelöst, um sich das Stadthaus im fashionablen Wohnviertel Dupont Circle kaufen zu können. Das Haus war anheimelnd altmodisch, hatte Charakter und lag zudem sehr verkehrsgünstig.
    Ursprünglich hatte sie die abgeschlossene Wohnung im zweiten Stock vermietet. Aber als ihre Mieterin ein halbes Jahr vor Vertragsablauf nach Europa übersiedelte, hatte Barrie das Geld dazu verwendet, die drei beengten Räume in ein einziges großes Atelierbüro umzuwandeln.
    Eine Wand des Raums verschwand jetzt völlig hinter Videokassetten. Barrie hatte ganze Regale voll davon. Sie bewahrte ihre eigenen
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