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Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
Autoren: Laurell K. Hamilton
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gewesen, und die gehörten zu einer Clique, die häufig in die Stripbars ging. Von denen war jedoch keiner Mitglied des Saphirsalon-VIP-Clubs. Ich hatte ihre Namen und eine Adresse der jüngsten unter den Vampiren. Vielleicht hatten sie etwas mit dem Mord zu tun oder ihnen war einfach langweilig geworden und sie waren früh nach Hause gefahren. Es war kein Verbrechen, ein Lokal zu verlassen.
    Zerbrowski hatte tatsächlich Verstärkung angefordert, damit wir die Vampire sicher zu ihren Wagen bringen konnten. Von denen war keiner alt und machtvoll genug, um nach Hause fliegen zu können. Nachdem wir den letzten der Untoten in ihre Minivans und Kleinwagen verfrachtet hatten, nahm Zerbrowski mich auf die Seite und sagte: »Habe ich richtig gehört? Die Vampirkirche lässt ihre Mitglieder eine Moralklausel unterschreiben?«
    Ich nickte. »Die anderen Vampire nennen sie die Nachtschichtmormonen.«
    Er grinste. »Nachtschichtmormonen, wirklich?«
    »Ehrlich.«
    »Das ist gut. Das muss ich mir merken.« Er schaute hinter uns zu den wartenden Kranken- und Feuerwehrwagen und dem vielen Personal. »Da die Vampire jetzt gerettet sind, wie wär’s, wenn Sie sich jetzt die Leiche ansehen?«
    »Ich dachte schon, Sie fragen nie.«
    Er grinste, und es vertrieb ein wenig die Müdigkeit aus seinen Augen. »Ich geh als Erster die Leiter runter.«
    »Welche Leiter?«, fragte ich stirnrunzelnd.
    »Die Tote liegt in einem Loch, das ein paar übereifrige Straßenarbeiter hinterlassen haben. Nach Aussage des Clubmanagers haben sie die Straße aufgerissen, aber nicht alle Genehmigungen beisammen, sodass es bei dem Loch geblieben ist. Dafür haben wir die Feuerwehr bestellt, damit sie uns die Leiche heraufhieven, wenn Sie fertig sind.«
    »Sie werden nicht vor mir runtersteigen, Zerbrowski.«
    »Was tragen Sie unter Ihrem Mini?«
    »Das geht Sie überhaupt nichts an. Und wenn Sie mich nicht als Erste runtersteigen lassen, sage ich es Ihrer Frau.«
    Er lachte, und einige Leute blickten zu uns herüber. Die froren noch mehr als wir und waren genauso müde. Ich glaube nicht, dass die einen Grund zum Lachen sahen. »Katie weiß, dass ich ein Lustmolch bin.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wie schlimm ist es da unten?«
    »Mal sehen, es hat geregnet, gefroren, getaut und wieder geregnet.«
    »Scheiße.«
    »Wo ist der Overall, den Sie sonst bei der Tatortbegehung tragen?«
    »Es verstößt jetzt gegen die Firmenpolitik, diese Dinger bei Totenerweckungen zu tragen.« Ich erwähnte nicht, dass ich versehentlich einen Overall getragen hatte, an dem noch Blut klebte. Die Frau eines Klienten war ohnmächtig geworden. Konnte ich etwas dafür, dass sie eine schwache Konstitution hatte? Das Verbot war nicht auf Berts Mist gewachsen, sondern per Abstimmung unter den Animatoren entstanden. Darum musste ich mich daran halten. »Ich hatte nicht vorgehabt, heute Nacht in Erdlöcher zu kriechen und mir Leichen anzusehen.«
    Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht. »Ich auch nicht. Bringen wir’s hinter uns. Ich will nach Hause und meine Frau und Kinder umarmen, bevor sie zur Schule und zur Arbeit müssen.«
    Ich wies ihn nicht darauf hin, dass es halb sieben und seine Chance, es rechtzeitig nach Hause zu schaffen, verschwindend gering war. Jeder braucht ein bisschen Hoffnung. Wer war ich, seine zu zerstören?

47
    D ie Frau in der Grube war längst jenseits von Hoffnung oder Furcht. Ihr Gesicht wirkte leer, wie bei allen Toten. Gelegentlich sieht mal einer aus, als hätte er Angst, aber das ist Zufall, abhängig davon, wie sich die Gesichtsmuskeln im Augenblick des Todes bewegt haben. Die meisten sehen nur leer aus, als ob ihnen etwas Wesentliches fehlt, nicht nur der Atem oder der Herzschlag. Ich hatte genug Augen leer werden sehen, um sagen zu können, dass mit dem letzten Atem noch etwas anderes ausgehaucht wird. Oder vielleicht war ich nur müde und wollte nicht knöcheltief im Matsch stehen, um auf eine Frau hinunterzublicken, die jünger war als ich und nun nicht mehr älter werden würde. Wenn ich noch nicht im Bett gewesen bin, werde ich umso makabrer, je mehr es auf die Dämmerung zugeht.
    Es gab viele Ähnlichkeiten zwischen dieser und der vorigen Leiche. Sie lag genauso auf dem Rücken, beide waren Stripperinnen gewesen, beide waren vor der Tür des Clubs getötet worden, in dem sie gearbeitet hatten, beide waren blond und weiß. Rechts und links am Hals hatte sie Bissmale, dazu eins in der linken Armbeuge, am rechten Handgelenk und an der Brust.
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