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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit
Autoren: Shiloh Walker
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gehen.
    »Will sie das Blumenarrangement denn noch einmal ändern?«
    Roz stöhnte. Ein seltsames, dumpfes Rumsen ertönte, dann war die undeutliche Stimme ihrer Freundin zu hören. »Ich hab keine Ahnung. Sie hat bloß gesagt, dass sie noch einmal über die Blumen sprechen möchte. Ihr sind wohl irgendwelche Bedenken gekommen.« Es folgten noch zwei Rumser.
    »Tja, mit dem Kopf auf die Arbeitsplatte zu schlagen wird dir da wohl auch nicht weiterhelfen … Es sei denn, du schaffst es, dass du dabei bewusstlos wirst. Ansonsten wirst du lediglich Kopfschmerzen bekommen.«
    »Kopfschmerzen habe ich eh schon«, brummelte Roz.
    »Pass auf, sollte sie wirklich noch einmal den Blumenschmuck ändern wollen, dann erzähl ihr einfach, dass der Florist im Ort seit Freitagmittag geschlossen habe und ihre Bestellung bereits bearbeitet werde, aber Änderungswünsche zu diesem Zeitpunkt nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Und sich so kurzfristig noch an einen Blumenladen außerhalb der Stadt zu wenden, stelle natürlich ein Risiko dar. Wenn du dick genug aufträgst, wird sie das Risiko nicht eingehen wollen.«
    »Hmmm. Gutes Argument.« Es quietschte, als Roz den Stuhl zurückschob, um aufzustehen. »Ich weiß schon, warum ich dich eingestellt habe.«
    »Du hast mich wegen meiner Kekse eingestellt«, erwiderte Lena trocken.
    »Dann gab es eben zwei Gründe.« Roslyn holte tief Luft. »Also gut, Schluss mit den Plätzchen. Ich muss noch ein paar Dinge überprüfen, bevor ich mit meiner … Kundin spreche.«
    »Viel Erfolg. Aber tu mir bitte einen Gefallen … Sollte sie sich überlegen, in letzter Sekunde auch noch das Festessen ändern zu wollen – stell dich stur. Was auch immer du ihr erzählen musst, das ist mir ganz egal. Aber rede es ihr aus.«
    »Leichter gesagt als getan.« Roz seufzte. »Die Frau hat so einen Dickkopf – es grenzt schon fast an ein Wunder, dass sie damit überhaupt aufrecht laufen kann.«
    »Lass dir was einfallen.« Nie und nimmer würde Lena auf den letzten Drücker noch das Menü ändern.

2
    Unbarmherzig knallte Ezra King die Spätsommersonne auf den Rücken, während er einen langen Balken auf die Dachterrasse schleppte. Es herrschte eine Affenhitze hier draußen, über dreißig Grad, aber davon ließ er sich nicht aufhalten.
    Oh nein, er würde diese verdammte Terrasse noch vor Ende des Sommers fertig bauen. Und dann verbrächte er die kühlen Herbstabende – falls es wirklich jemals abkühlen sollte – hier oben auf einem Liegestuhl und würde ins Leere starren, während er darüber nachdachte, wie er am besten auch den Rest seines Lebens vergeudete.
    »Jedenfalls nicht als Zimmermann«, brummelte er vor sich hin. »So viel steht fest.«
    Ezra war dazu erzogen worden, den Lohn harter Arbeit zu würdigen zu wissen – damals hatte er es gehasst, aber nun kam es ihm zugute. Nichts Begehrenswertes fiel einfach so vom Himmel. Wollte ein Mann etwas haben, musste er entweder dafür arbeiten oder dafür bezahlen. Ansonsten bekam er es nicht – und hatte es auch nicht verdient. So war das Leben.
    Und mit dieser Terrasse war es das Gleiche. Ezra wollte sie haben, und zwar nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltet, und er war nicht dazu bereit, jemand anderes dafür zu bezahlen. Zwar hatte er ein bisschen Geld beiseitegelegt, aber wenn es reichen sollte, musste er sorgsam damit umgehen. Also nahm er die Sache selbst in die Hand. Auch wenn er drei Kreuze machen würde, wenn endlich alles fertig war.
    Um die Mittagszeit legte er eine kleine Pause sein, aber nur, weil das Knurren seines Magens sogar schon die Hammerschläge übertönte. Nach einem hastig geschmierten Sandwich und einer halben Kanne Eistee ging er jedoch gleich wieder an die Arbeit, fiel in seinen gewohnten Rhythmus und hämmerte einen Nagel nach dem anderen ins Holz.
    Dabei verlor er jegliches Zeitgefühl. In seinem Kopf herrschte Leere.
    Nur mit einer tief sitzenden Khakihose und seinen Turnschuhen bekleidet, verrichtete er seine Arbeit. Ein rotes Kopftuch hielt ihm die schweißnassen, braunen Haare aus dem Gesicht, und eine Sonnenbrille schützte seine grünen Augen.
    Er besaß ein hübsches Gesicht, das hatte er oft genug gehört und ihm damals in der Schule mehr als nur eine Prügelei eingebracht. Dabei war es doch lediglich ein Gesicht, das Gesicht seines Vaters, mit den grünen Augen seiner Mutter.
    Für Ezra stellte es jedoch Fluch und Segen zugleich dar. Seit er denken konnte, hatten die Mädchen mit ihm geflirtet, noch
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