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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst
Autoren: Chevy Stevens
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ungestörter, aber immer noch in Sichtweite wären, dann holte ich Heather.
    Als ich die Tür zum Krisenzimmer aufschloss, betrachtete ich sie kurz. Sie lag immer noch zu einer Kugel zusammengerollt da, die blassen Arme um ihren Oberkörper geschlungen, so dass die zierlichen Hände auf den Schultern lagen, als versuchte sie, sich selbst zusammenzuhalten.
    »Heather, fühlen Sie sich jetzt einem Besuch von Daniel gewachsen?«
    Beim Klang meiner Stimme zuckte sie zusammen und drehte sich langsam um. Bittend und mit feuchten Augen sah sie mich an. »Ich muss ihn sehen.«
    »Gut, aber Sie müssen mit mir kommen, da in den Krisenzimmern keine Besucher zugelassen sind. Fühlen Sie sich stark genug, um aufzustehen?«
    Sie richtete sich bereits auf.
    Als wir den Eingangsbereich betraten, sprang Daniel auf – und erstarrte, als er sah, wie seine Frau langsam an meiner Seite auf ihn zuschlurfte. Sein Blick fiel auf die Verbände an ihren Handgelenken, den blauen Krankenhauspyjama, die Decke, die sie um die Schultern gelegt hatte wie eine alte Frau einen Schal.
    »Daniel!«, rief sie.
    »Ach, Schatz«, sagte er, als er sie in die Arme schloss. »Du darfst mir nie wieder solche Angst einjagen.«
    Sobald die Patienten ein paar Tage hier sind, lassen wir sie mit ihren Besuchern allein, aber ich wollte sehen, wie Daniel und Heather miteinander umgingen – für den Fall, dass Daniel Teil des Problems war. Ich setzte mich ein wenig abseits in einen der Sessel.
    Daniel half Heather vorsichtig, sich zu setzen, ehe er selbst Platz nahm. Heather legte den Kopf an seine Schulter, und er schlang den Arm um sie und hielt sie fest.
    »Es tut mir leid, Daniel.« Heathers Stimme war rau. »Ich hasse es, was ich dir antue. Dass du dich die ganze Zeit um mich kümmern musst.«
    Ein Alarmsignal. Selbstmordpatienten versuchen sich davon zu überzeugen, dass andere Menschen ohne sie besser dran sind.
    »Sag doch nicht so etwas«, sagte Daniel. »Ich liebe dich. Ich werde nirgendwo hingehen. Ich werde mich immer um dich kümmern.« Als wollte er seine Worte bekräftigen, zog er ihr die Decke über die Schultern, stopfte sie an ihrem Hals fest, wo der Krankenhauspyjama offen stand und ihr sich spitz abzeichnendes Schlüsselbein zu sehen war.
    Offensichtlich fürchtete sie sich nicht vor Daniel, also beschloss ich, sie allein zu lassen und meine Visite zu beenden. Doch dann sagte Heather ganz leise etwas, das meine Aufmerksamkeit weckte.
    »Ich habe der Ärztin gesagt, dass sie ständig anrufen.«
    »Was hast du ihr erzählt?« Daniel klang nicht erschrocken, nur ein wenig besorgt.
    »Nicht viel, glaube ich … ich bin so durcheinander, und mein Kopf fühlt sich ganz komisch an. Bist du mir böse?«
    »Ich bin dir nicht böse, Liebes. Aber vielleicht solltest du jetzt gar nicht über das alles nachdenken, sondern nur daran, wieder gesund zu werden. Über alles andere können wir ein anderes Mal reden.« Er sah sie ernst an, als wollte er sichergehen, dass sie ihn verstand.
    »Glaubst du, Emily weiß … was ich getan habe?«
    »Nein, wahrscheinlich haben sie ihr im Zentrum nichts erzählt.«
    Heather nickte, dann schaute sie zur Kamera in der Ecke hoch. Sie hatte bereits einen Blick darauf geworfen, als sie sich hingesetzt hatte, und ich überlegte, ob sie schon einmal in einem Behandlungszentrum gewesen war, in dem die Patienten überwacht wurden.
    »Gibt es vielleicht jemanden, den ich für Sie informieren kann?«, fragte ich.
    Heather sah zu Daniel. Er schüttelte den Kopf, nur eine winzige Bewegung, doch sie nickte und fügte sich seinem Schweigen, worüber auch immer.
    Ich sagte: »Es würde Heathers Behandlung sehr erleichtern, wenn ich wüsste, ob Sie irgendwo eine Therapie machen.«
    Heather legte Daniel eine Hand aufs Bein und sah ihn bittend an. Daniel starrte auf ihre Verbände, dann drehte er sich zu mir um.
    »Wir haben früher in einem spirituellen Zentrum gelebt, draußen in Jordan River. Als Heather schwanger wurde, sind wir gegangen, weil sie das Baby nicht dort bekommen wollte. Ein paar von den Mitgliedern haben angerufen, um zu hören, ob es uns gutgeht. Es sind nette Leute.«
    Ich hatte gehört, dass es da in Jordan River ein Zentrum gab, eine Art spirituelle Lebensgemeinschaft, die einen guten Ruf genoss, aber sehr viel mehr wusste ich nicht darüber.
    Heather hatte wieder angefangen zu weinen. Ihre Schultern bebten.
    »Sie haben mir das Gefühl gegeben, es sei meine Schuld, dass ich das Baby verloren habe.«
    »Sie glauben
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