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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst
Autoren: Chevy Stevens
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länger leben. Wir ziehen zu ein paar Leuten draußen am Fluss.«
    Ein verwirrendes Gedanken-Kaleidoskop setzte bei mir ein. Würde sie sich von unserem Dad scheiden lassen? Was für Leute? Meinte sie die Hippies, die wir getroffen hatten?
    »Das ist eine Revolution«, erklärte sie, »und wir werden Teil davon sein. Wir werden die Welt verändern, Kinder.«
    Robbie und ich wussten beide, dass sich bei ihr gar nichts ändern würde, außer vermutlich ihre Stimmung am nächsten Tag, aber wir wussten auch, dass es am besten war, einfach mitzuziehen. Irgendwann würde sie sich wieder beruhigen, und dann würden wir wieder nach Hause kommen.
    Jetzt zerrte sie ein paar alte Koffer aus dem Schrank und drückte sie uns in die Hand. »Packt eure Sachen und alles, was ihr mitnehmen wollt.«
    Robbie und ich sahen uns an, dann nickte er: Tu einfach, was sie sagt, das geht schon in Ordnung . Ich hatte Angst, aber ich vertraute Robbie.
    Alles, was ich einpackte, waren ein paar Klamotten und meine Bücher. Als wir fertig waren, fanden wir Mom draußen beim Truck. Ihren Koffer und Taschen voller Essen hatte sie bereits hinten reingeworfen. Unser Hund Jake, ein schwarzer Bordercollie-Mischling mit einem blauen und einem braunen Auge, folgte uns aus dem Haus, wedelte zaghaft mit dem Schwanz und winselte besorgt. Ich fürchtete, sie könnte ihn zurücklassen – wir hatten zwei Katzen, Jake und ein paar Pferde –, und fragte: »Was ist mit den Tieren?«
    Sie war gerade dabei, ein paar von Dads Werkzeugen in den Truck zu werfen, und hielt mitten in der Bewegung inne. Sie machte ein verwirrtes Gesicht, als würde sie in diesem Moment zum ersten Mal an unsere Tiere denken. Kurz darauf sagte sie: »Wir nehmen sie mit. Sie sollen auch frei sein.« Sie wandte sich um, ihre Augen leuchteten fiebrig vor Erregung, die Haut war mit einem dünnen Schweißfilm bedeckt. »Ihr Kinder wisst gar nicht, wie viel Glück ihr habt. Ihr werdet etwas ganz Unglaubliches erleben. Euer Leben wird sich für immer verändern.«

    Das Camp der Kommune befand sich auf einer Lichtung neben dem Fluss, verborgen hinter einer dichten Mauer aus Wald. Ganz in der Nähe verlief eine Schotterpiste, die zum Glen Eagle Mountain hinaufführte und die vor allem von Holzschwertransportern genutzt wurde. Der Fluss führte an einer Seite der Lichtung vorbei, und durch die Bäume erhaschte ich einen Blick auf jadegrüne, natürliche Schwimmbecken. Von der Mitte des Camps aus öffnete sich der Wald zum Fluss hin, und ich konnte die sandige Böschung erkennen, an der das Winterhochwasser hier und da einen toten Baum angespült hatte. Ein Baum diente als improvisierter Wäscheständer, während eine Frau im Fluss die Wäsche wusch. Seifenblasen tanzten mit der Strömung davon. Auf der anderen Seite des Flusses war die Böschung hoch und steil, Bäume und Farne klammerten sich in den Mutterboden, der unter ihren Wurzeln erodierte.
    In dem Camp lebten mindestens zwei Dutzend Menschen. Die Frauen trugen weite Kleider und Röcke und hatten lange Haare. Die Männer steckten in abgeschnittenen Jeans, ihre Oberkörper waren nackt, und sie hatten ebenfalls lange Haare und Bärte. Katzen, Hunde, Hühner und Kinder liefen durcheinander, und die Luft schwirrte vor Energie, dass ich fast glaubte, sie mit den Händen greifen zu können. Es war kalt, und in der Woche zuvor hatte es geschneit, trotzdem lebten ein paar Leute in Zelten. Zwei alte Schulbusse waren in Schlafräume umgewandelt worden, und es gab Anzeichen, dass sie weitere Hütten bauten. Ein paar Pferde grasten auf einer Wiese rechts von der Hauptlichtung. Ich sah einen Traktor und Pferche mit Ziegen und Schweinen.
    Ein Grüppchen kam zu uns, um uns zu begrüßen. Sie umarmten uns, berührten und streichelten unser Haar, als sie uns in ihrem Lager willkommen hießen. Eine blonde Frau, die nach Zeder und Rauch roch, wandte sich an meine Mutter.
    »Frieden, Schwester. Wie heißt du?«
    »Kate. Dies sind meine Kinder, Nadine und Robbie.«
    Die Frau lächelte. »Willkommen, Kate. Ich bin Joy.«
    Ein großer Junge mit roten Haaren und Sommersprossen, der in Robbies Alter sein musste, trat vor und stellte sich als Levi vor. Er klopfte Robbie auf die Schulter. »Willkommen in unserem Camp, Mann. Willst du ein paar coole Girls kennenlernen?«
    Als sie davongingen, rief ich: »Robbie, warte!« Aber er war bereits außer Hörweite und ging auf ein paar Mädchen im Teenageralter zu, die von seinem Anblick höchst erfreut schienen. Seit er
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