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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Autoren: Unknown
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Unkosten gestürzt mit Heidis Mantel. Das kann man ja gar nicht wieder gutmachen. Ich danke Dir und Vater vielmals und habt Ihr hoffentlich recht viel Freude noch an Heidi. Bitte sei nicht zu sehr entsetzt über die schlechte Schrift; ich vertrete auf paar Stunden den Schliesserposten und da die Beleuchtung so schlecht ist, schreibe ich im Stehen.
    Meine Rückreise von Holtensen war sehr ungemütlich. Ich bin um 8 Uhr gestern früh weg und hatte acht Kilometer zum Bahnhof. Um 10 Uhr ging der Zug und um 12 Uhr war ich in Hannover. ½ 2 Uhr ging es weiter, nach Nienburg, wieder waren alle Fenster kaputt und hab ich mir da einen netten Schnupfen geholt. Um 4 Uhr war ich in N. und war froh, als ich auf unserer warmen Bude war. Und nun ist der zweite Advent mit Faulenzen, Schreiben und Posten halb herumgegangen. Könnt Ihr denn nun in unserer Stube in den Sesseln am Ofen hocken und Radio hören? Hat Vater viel zu tun oder schont er sich? Ja, nun will ich mal zum Schluss kommen und schicke Dir noch Grüsse und Küsse und hoffe, dass Du nicht traurig bist, sondern Dich mit mir auf unser Wiedersehen im Frühjahr freust. Grüss Vater vielmals und bleibt recht gesund. Wie immer bin ich
    Dein Hans
     
     
     
    d. 11. Dez. 45
    Mein lieber, lieber Junge!
    Für Deinen lieben Brief vom 27.11. und Deine erste Karte vom 2.12. 45 recht vielen Dank. Wir haben uns sehr darüber gefreut. Du kannst mit gutem Gewissen einen Bummel für die 5 Mark machen, es geht uns deshalb nichts ab. Allerdings wird das Geld, welches wir auf unsere Postsparbücher eingezahlt haben, verloren sein. Auch die Bausparkasse wird wohl ??? sein. Aber Vater arbeitet ja noch und so ist es bis jetzt nicht so schlimm. Mit den Lebensmitteln könnte es ja etwas besser sein, aber es ist ja nicht das erste Mal, daß wir uns einrichten müssen, und so wursteln wir eben so hin. Haben wir doch von oben Ruhe und müssen nicht mehr in den Keller, das waren doch furchtbare Zeiten. Und warum das Ganze? Keiner der Lumpen stand für seine Tat gerade. Nun ist bald wieder ein Jahr zu Ende, das liebe Weihnachtsfest naht und Du bist noch nicht daheim. Du kannst Dir gar nicht denken, wie ich mich auf Dein Kommen freue und immer darauf warte. Ich habe ja so vieles mit Dir zu besprechen, was ich brieflich nicht so kann. Du fehlst mir sehr, das kannst Du mir glauben. Es freut mich auch, das es Dir gesundheitlich wieder besser geht, da müßt Ihr ja auch viel durchgemacht haben. Gott sei Dank, daß die schreckliche Zeit vorüber ist. Wenn ich so denke, wie wir zur Messe mit allen Fremden waren, wir waren doch keinem Feind, denn sie hatten uns ja ebenso wenig getan wie wir ihnen. Ob die Menschen wohl mal klug werden und sich auf ihr besseres Ich besinnen? Zeit würde es wohl.
    Als Vater aus Elster zurückkam, war er wohl bei guter Laune. Er hatte auch so manches mitgebracht. Aber jetzt geht schon manchmal das Gebrummel wieder los. Er ist aber auch nicht mehr gesundheitlich auf dem Posten. Du glaubst gar nicht, wie er friert, er möchte bald in den Ofen kriechen. Dabei bekommen wir die Stube gar nicht richtig warm, überall zieht es. Es ist nichts, wenn man alt wird und die Kräfte nachlassen. Vater war bei Frau Rank, aber sie wußte noch nichts von ihrem Mann.
    Gestern Abend waren wir alle drei in der Oper ‘Hoffmanns Erzählungen’. Es war ein sehr schöner Abend. Alle Künstler haben ihr Bestes geleistet. Almenroth als Hoffmann war hervorragend. Leni hat es auch sehr gut gefallen und da habe ich meine Freude gehabt. Beim Heidikind war Frau Kürbis geblieben. Diese tut mir auch sehr leid, sie hat noch keine Nachricht von ihrem Mann, und ich weiß, wie es tut, wenn man auf ein Lebenszeichen wartet.
    Heute waren Tante Frieda und Ilse zu Besuch und haben wir ein paar schöne Stunden gehabt. Heidi hat Ilse in ihr Herz geschlossen. Erich und Onkel Ernst haben noch keine Arbeit und kommt Onkel Ernst schwer darüber weg. Ich soll Dich von allen grüßen. Das Heidikind ist ein liebes Kerlchen. Gestern war ich mit ihr allein zu Haus. Sie war in der Stube und kam auf einmal zu mir in die Küche und sagte ganz entrüstet: ”Ich könnte gleich verrückt werden…” So kommen manchmal ganz drollige Sachen raus. Sie kommt manchmal, zupft an Dir herum und wenn du fragst, was sie will, so sagt sie: ”Ich will Dich nur mal drücken.” Sie ist mit einem Wort mein Sonnenschein.
    (Rest fehlt)
     
     
     
    d. 27.12. 45
    Mein lieber, lieber Junge!
    Für Deinen lieben Weihnachtsbrief, welchen wir heute
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