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Bleib bei mir, kleine Lady

Bleib bei mir, kleine Lady

Titel: Bleib bei mir, kleine Lady
Autoren: Barbara Cartland
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Partylöwe zu sein, hielt es ihrer Meinung nach nicht lange auf dem Land aus.
    „In seinem Palazzo in Venedig“, hatte sie ihre Stiefmutter einmal mit einem Anflug von Neid sagen hören, „scheinen ja die reinsten Orgien gefeiert zu werden.“
    „Orgien?“ hatte die Freundin gefragt, mit der sich ihre Stiefmutter unterhalten hatte. „Was passiert denn bei diesen Orgien?“
    „Das interessiert mich auch schon lange“, hatte die dritte Frau ihres Vaters entgegnet. „Emily kommt nächste Woche zurück, und dann fragen wir sie. Emily weiß doch immer alles.“
    Aber ihre Stiefmutter hatte Emily nicht zu sich gebeten, sondern war zum Tee zu ihr gefahren, und so hatte Gracila nie erfahren, was eine Orgie eigentlich war.
    „Nein, er bleibt bestimmt nicht lange“, sagte sie jetzt voll Überzeugung. „Wenn er wieder abgereist ist, dann ist doch alles gar kein Problem mehr.“
    „Ich kann Sie nicht verstehen, Mylady“, sagte Millet gequält. „Nicht nur, daß ich Myladys Vater nicht hintergehen will – Seine Lordschaft haben mich immer wie einen Gentleman behandelt. Ich will auch meine Stellung nicht aufs Spiel setzen.“
    „Ich habe gehört, daß Sie nach dem Tod des alten Temple Butler geworden sind. Stimmt das?“
    „Ja, Mylady. Mr. Baines, der Güterverwalter von Lord Damien, hat mich gefragt, ob ich die Stelle haben will, und da habe ich natürlich gleich ja gesagt.“
    Millet zuckte mit den Schultern.
    „Ich bin weiß Gott nicht mehr der Jüngste, Mylady“, fügte er hinzu. „Noch einmal würde ich keine neue Stellung bekommen.“
    Gracila stieß einen Seufzer aus.
    „Wie hat meine Stiefmutter Sie aber auch entlassen können, Mitipy!“ sagte sie. „Ich habe mir fast die Augen aus dem Kopf geweint, als Sie nicht mehr da waren.“
    „Sie hatte ihre Gründe, Mylady.“
    „Davon bin ich überzeugt“, sagte Gracila, und ihre Stimme klang verbittert.
    Millet sah sie von der Seite her an.
    „Wenn Sie nicht nach Hause zurückgehen können, Mylady“, sagte er. „müssen wir uns eine andere Möglichkeit einfallen lassen.“
    „Es gibt aber keine andere Möglichkeit, Mitty“, erwiderte Gracila. „Ich habe hin und her überlegt. Dazu kommt, daß ich ja kein Geld habe.“
    „Kein Geld?“
    „Nein, nur ein paar Schmuckstücke, die ich von Mama geerbt habe. Aber selbst wenn es Ihnen gelingen würde, sie für mich zu verkaufen, ich würde mich fürchten – mutterseelenallein in London.“
    „Aber, Mylady, das wäre undenkbar. Völlig undenkbar!“
    Gracila lächelte.
    „Dann wird Ihnen wohl nichts anderes übrig bleiben, Mitty, als mich zu behalten.“
    Der alte Butler sah das junge Mädchen an und wußte, daß ihm wirklich nichts anderes übrigblieb. Wie hätte er dieses bildhübsche Kind – und in seinen Augen war Gracila noch ein Kind –, wie hätte er sie allein in eine Welt ziehen lassen können, von der sie keine Ahnung hatte?
    Allein schon bei dem Gedanken, was ihr passieren könnte, lief es ihm kalt über den Rücken.
    Dieses Mädchen war schon immer sein ein und alles gewesen, und wenn er verhungern mußte, so war das ein geringer Preis für das Glück, das Gracila ihm im Laufe der Jahre geschenkt hatte.
    „Mitty, Mitty!“
    Er sah sie vor sich, wie sie auf ihn zugetrippelt kam, die Ärmchen ausgestreckt, ein Strahlen auf dem pausbäckigen Gesichtchen.
    Und wie oft hatte sie sich ein paar Jahre später an seiner Schulter ausgeweint.
    Weil ihre Kinderfrau sie zu unrecht gescholten, weil sie keine gleichaltrigen Geschwister, weil sie ihre beste Freundin, nämlich ihre Mutter, verloren hatte.
    Wenn er zurücksah, hatte er den Eindruck, als habe sich sein ganzes Leben um Lady Gracila gedreht.
    „Gut, ich verstehe Sie, Mylady“, sagte erschließlich. „Aber Sie müssen mir schwören, daß Sie alles tun werden, um eine Begegnung mit Lord Damien zu vermeiden.“
    „Schon Ihretwegen schwöre ich das, Mitty“, entgegnete Gracila. „Ich will Sie doch nicht in Schwierigkeiten bringen. Vielen Dank, Mitty. Vielen, vielen herzlichen Dank. Ich wußte, daß Sie mich nicht im Stich lassen würden.“
    Der alte Butler machte ein sehr ernstes Gesicht.
    „Mylady“, sagte er. „Ich helfe Ihnen, muß aber betonen, daß ich meine Handlungsweise im Grunde ablehne. Ein guter Diener hintergeht seinen Herrn nicht. Ich weiß, das Lord Damien von mir genausoviel Aufrichtigkeit verlangt wie ich von ihm.“
    „Lord Damien ist meiner Meinung nach kaum in der Position, das zu kritisieren, was in einem Haus vor
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