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Bleib bei mir, kleine Lady

Bleib bei mir, kleine Lady

Titel: Bleib bei mir, kleine Lady
Autoren: Barbara Cartland
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er tatsächlich zurückgekommen?“
    „Ja, Mylady. Aus Italien.“
    Gracila nickte. Während der letzten Jahre hatte immer wieder einmal jemand erzählt, Lord Damien in Paris oder Wien, in Rom, Venedig, Palermo, Neapel oder San Remo begegnet zu sein.
    Wenn von Lord Damien gesprochen wurde, dann jeweils mit einem seltsamen Unterton in der Stimme. Man fand seine Verhaltensweise schockierend, redete aber gern und viel über ihn.
    Als sich die skandalöse Geschichte in Windeseile über ganz England verbreitet hatte, war Gracila noch zu jung gewesen und hatte nicht verstanden, was eigentlich geschehen war.
    Sie war damals erst sechs gewesen, aber wenn sie es sich jetzt überlegte, so mußte sie feststellen, daß eigentlich ständig über Lord Damien gesprochen worden war, nicht nur zwischen den Erwachsenen im Salon oder bei Tisch, sondern auch zwischen den Dienstboten.
    Sie hatte oft gedacht, daß die Menschen einen großen Fehler machten, wenn sie sich im Beisein von Kindern unterhielten! als seien diese taub oder schwachsinnig.
    Wie dem auch sei, der junge Mann, der Barons’ Hall einmal erben sollte, war für sie bald der Inbegriff alles Geheimnisvollen und gleichzeitig Abenteuerlichen geworden.
    Anfangs hatte sie lediglich begriffen, daß er etwas sehr Verwerfliches angestellt hatte. Sie hatte gedacht, er habe vielleicht einen Mord begangen oder einen wertvollen Schatz gestohlen.
    Doch dann hatte sie mit der Zeit begriffen, daß eine Frau eine Rolle spielte.
    Bemerkungen waren aufschlußreich.
    „Gut, er ist schon immer ein wilder Junge gewesen, aber wer hätte denn damit gerechnet!“
    „Wirklich schändlich. Wenn man sich vorstellt, daß sie knapp vier Wochen vorher bei Königin Adelaide zu einem Empfang geladen war!“
    „Ich habe sie in Paris in der Oper gesehen“, hörte Gracila etwas später. „In aller Öffentlichkeit! Und den Schmuck hätten Sie sehen sollen, den sie getragen hat. Phantastisch!“
    „Zugegeben, er sieht fabelhaft aus und erinnert an Lord Byron, aber einfach wegzulaufen!“
    Und so hatte es sich in Gracilas Kopf festgesetzt, daß der junge Mann, der keine fünf Meilen entfernt in Barons’ Hall zu Hause gewesen war, wie Lord Byron aussah.
    Obwohl sie sich anfangs dessen nicht bewußt gewesen war, hatte sie versucht, möglichst viel über den jungen Mann in Erfahrung zu bringen.
    Und schließlich hatte sie die volle Wahrheit erfahren. Nicht etwa von ihrer Mutter, die nie Skandalgeschichten erzählte, sondern erstaunlicherweise von ihrem Vater.
    „Es ist eine Schande“, hatte dieser nach dem Tod seines alten Freundes Lord Damien gesagt. „Der einzige Sohn kommt nicht zur Beerdigung seines Vaters. Ganz gleich, was er angestellt hat, er hätte seinem Vater doch wenigstens die letzte Ehre erweisen können.“
    „Ich habe irgend jemand erzählen hören, daß Virgil in Indien ist“, hatte Gracila entgegnet.
    „Indien!“ hatte ihr Vater zornig wiederholt. „Hier sollte er sein und seine verdammte Pflicht tun. Ich finde es abscheulich, daß einer unserer nächsten Nachbarn in einem solchen Ruf steht.“
    „Aber was hat er denn getan, Papa“, hatte Gracila gefragt, „daß alle so schlecht über ihn reden?“
    Ihr Vater hatte überlegt und schließlich mit den Schultern gezuckt.
    „Wenn ich es dir nicht sage, erfährst du es irgendwann von jemand anderem.“
    „Es wird wirklich viel über ihn geredet.“
    „Was kein Wunder ist.“ Ihr Vater schüttelte verständnislos den Kopf. „Wenn man mit der Marquise von Lynmouth durchbrennt, muß man damit rechnen.“
    Gracila starrte ihren Vater mit großen Augen an. Sie wußte, daß der Marquis ein sehr einflußreicher Mann war.
    „Mit der Frau des Marquis von Lynmouth?“ fragte sie schließlich.
    „Ja“, antwortete ihr Vater. „Sie war ein gutes Stück jünger als er und Ausländerin. Diesen ausländischen Frauen kann man nicht über den Weg trauen, was Damiens Verhalten allerdings in keinster Weise entschuldigt.“
    Mehr hatte Gracila von ihrem Vater nicht erfahren, aber das hatte genügt.
    Der verstorbene Lord Damien hatte einen einzigen Sohn, Virgil, der von seiner Mutter sehr verwöhnt worden war, wie Gracilas Kinderfrau erzählt hatte. Virgil war ein äußerst intelligenter und talentierter junger Mann von lebhaftem Temperament und fabelhaftem Aussehen.
    Daß die Frauen sich, wie die Marquise, wahnsinnig in ihn verliebten, war kein Wunder.
    Allem Anschein nach hatte jeder gewußt, wann sie sich heimlich getroffen hatten, wann sie
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