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Bleib bei mir, kleine Lady

Bleib bei mir, kleine Lady

Titel: Bleib bei mir, kleine Lady
Autoren: Barbara Cartland
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Blicke trafen, dann brachen sie mitten im Satz ab und vergaßen alles um sich herum.
    Nachdem Lord Damien zehn Minuten vor zwei auf die Uhr gesehen hatte, sagte er, daß sie nun zum Krähennest aufbrechen sollten.
    „Sollen wir Sampson mitnehmen?“ fragte Gracila.
    „Ja, aber ich führe ihn am Zügel“, antwortete Lord Damien. „Alles andere lassen wir vorerst liegen und nehmen es auf dem Rückweg mit.“
    Gracila wollte nicht daran denken.
    Wenn sie erst auf dem Rückweg waren, dann waren die fünf Stunden abgelaufen, und Gracila würde Lord Damien nie wieder sehen.
    Sie legte eine Hand in die seine.
    „Ist dir klar, daß wir nie zusammen durch den Wald gegangen sind? Er sieht so geheimnisvoll aus. Da wohnen bestimmt Märchengestalten, die zusehen, wie wir Eindringlinge durch ihre stille Welt wandern.“
    „Ich bin der Eindringling“, sagte Lord Damien. „Du gehörst dazu, denn du, mein geliebtes Wesen, bist ein Teil alles Geheimnisvollen und aller Wunder der Natur.“
    „Ich wollte, das wäre wahr“, erwiderte Gracila. „Als Kind habe ich mir immer gewünscht, eine Elfe zu sein und fliegen zu können oder ein Zwerg zu sein und mich unter den Wurzeln der Bäume verstecken zu können.“
    „Ich glaube, das kannst du alles und tust es auch.“
    Und Lord Damien war überzeugt von dem, was er gesagt hatte. Gracila war wie eine Gestalt aus einer verborgenen Welt, deren Bewegungen wie Poesie und deren Worte wie Musik waren.
    Gracila sah ihn an.
    „Ich liebe dich“, sagte sie, und ihre Worte klangen ganz einfach.
    Lord Damien spürte, wie sie seine Hand ein wenig drückte.
    Es wäre der Himmel auf Erden, dachte er, wenn ich dieses zauberhafte Mädchen immer an der Hand halten und immer bei mir haben dürfte.
    Sie waren schon bald an der Stelle, wo der Bach aus dem Wald austrat und direkt auf Lynmouth House zufloß.
    Da Gracila bei ihm war, sah alles anders aus, als es früher auf ihn gewirkt hatte.
    Es gab keine Phenice, die ihn umgarnte und ihn dazu bewegte, ihr zu folgen. Jetzt gab es nur noch Gracilas Stimme, die sich in den Gesang der Vögel mischte.
    Er hatte einen Augenblick lang gefürchtet, Erinnerungen könnten ihn überfallen und quälen, doch es war ihm plötzlich klar, wie noch nie, daß Phenice tot war und ihn nicht mehr verletzen konnte.
    Gracila hatte sein ganzes Sein erfüllt.
    Wenn er sie ansah, dieses frische junge Wesen, das einen Charme und eine Anmut besaß wie bisher keine der vielen Frauen, die durch sein Leben gezogen waren, dann wußte er, daß ihre Liebe die Wunden geheilt hatte.
    Er hatte geglaubt, sie ewig mit sich herumtragen zu müssen, doch jetzt wußte er, daß vielleicht Narben zurückblieben, daß sie aber keine Bedeutung mehr hatten.
    Direkt vor sich sah Gracila den Lattenzaun, der die Grenze zwischen den beiden Besitzungen bildete. Er war an mehreren Stellen eingefallen und reparaturbedürftig. Daneben floß der Bach – auf der Seite, die zu Barons’ Hall gehörte.
    Hinter dem Zaun wuchsen hohe Rhododendronsträucher, die in voller Blüte standen. Ohne das Krähennest, das war Gracila sofort klar, hätte sie die Königin nie zu sehen bekommen.
    Lord Damien blieb stehen und deutete in die Höhe.
    Hoch oben in den Zweigen einer mächtigen Fichte sah Gracila eine Art Plattform.
    „Mein Gott, ist das weit droben!“ rief sie.
    „Hast du Angst?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin schon auf höhere Bäume geklettert“, sagte sie. „Allerdings noch auf keinen, der so kerzengerade war.“
    „Du mußt dir die Angelegenheit genauer ansehen“, meinte Lord Damien.
    Gracila tat es und entdeckte jetzt erst die u-förmigen Eisenstangen, die in regelmäßigen Abständen in den Stamm geschlagen waren und bis zu der Plattform hinaufführten.
    „Da kletterte es sich leicht“, sagte Gracila lachend.
    „Allerdings. Und bequem.“
    Lord Damen holte einen kleinen Feldstecher aus der Satteltasche und hängte ihn sich um den Hals.
    „Ich steige zuerst hinauf“, sagte er. „Falls eine der Stangen nicht mehr fest sitzt, kommst du nicht in Gefahr. Und du kletterst mir dann nach, einverstanden?“
    Gracila lächelte ihn an, und Lord Damien mußte sich zurückhalten, um sie nicht in die Arme zu nehmen.
    Schnell und ohne die geringste Anstrengung kletterte Lord Damien den Baum hinauf, wobei er jede Eisenstange erst mit den Händen und dann noch einmal mit den Füßen prüfte.
    „Alles in Ordnung!“ rief er zu Gracila herunter, als er sich auf die Plattform geschwungen hatte. „Sei
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