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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch
Autoren: Dia Reeves
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in Runyons Haus und holen Rosalee raus.«
    »Das ist kein Plan! Das ist Selbstmord. Wenn die Bürgermeisterin das rausfindet …«
    »Scheiß auf die Bürgermeisterin.« Ich dachte an die Selbstmordtür und zuckte die Schultern. »Außerdem, wer hat schon Angst vor Selbstmord?«
    Er sah schockiert aus … Aber dann huschte eine Form von nicht sehr edelmütiger Bewunderung über sein Gesicht. »Wenn die Bürgermeisterin jetzt hören könnte, wie du von ihr sprichst …«
    Sein Telefon klingelte und ließ Wyatt fast aus der Haut fahren. Er zog das Handy aus der Tasche und fluchte. »Was zum Teufel, Shoko? Ich dachte, ich hätte den Tag frei.« Er sah auf seine erleuchtete Uhr. »Oh.«
    Es war nach Mitternacht. Offenbar war seine zweitägige Auszeit vorbei.
    »Wo soll ich hinkommen?« Er warf mir einen langen Blick zu. »Ich kann nicht. Ich muss etwas tun. Nein, für einen Freund.«
    Ich stolperte gegen den Baum, erschrocken darüber, dass er mich ausnahmsweise den Mortmaine vorgezogen hatte.
    »Meine Freunde sind wichtig, und es kotzt mich an, dass ich sie ständig vernachlässigen muss, nur um die moralischen Ziele von irgendwem aufrechtzuerhalten. Denkst du, ich habe nicht meine eigenen Moralvorstellungen? Ist mir egal, was sie gesagt hat. Hör auf mir zu sagen, was sie gesagt hat. Zum letzten Mal, scheiß auf die Bürgermeisterin und scheiß drauf, was sie gesagt hat!« Er klappte das Telefon zu und stopfte es zurück in seine Tasche.
    Dann gaben seine Beine nach, und er kauerte sich zitternd auf den Boden.
    Mit großen Augen sah er mich an. »Hab ich wirklich gerade gesagt … was ich gesagt habe?«
    Ich strich die feuchten Blätter von seiner Schulter. »Ja.«
    Er schüttelte, noch immer erstaunt über seinen eigenen Wagemut, den Kopf. »Ich bin so was von tot.«
    »Wir beide. Warum lassen wir’s dann nicht noch ein letztes Mal richtig krachen?«
    Er stakste zurück ins Haus, um seine Ausrüstung zu holen, und ich wartete auf ihn. Als er in seinem grünen Mantel wiederkam, war er viel ruhiger, und er hatte mir etwas mitgebracht.
    »Ich hab das auf der Straße gefunden, nachdem Shoko und ich diese Steinkreatur niedergemacht haben«, sagte er und gab mir Schwänchen. »Ich hätte den Schwan fast in die Gosse geworfen, aber …« Er drehte sich weg, als könnte er es nicht ertragen, mich auch nur noch eine Sekunde länger anzusehen, und stürmte davon.
    Ich legte mir Schwänchen um den Hals und rannte ihm nach. »Ich bin froh, dass du ihn nicht weggeworfen hast.«
    »Egal.« Er schob die Hände in die Taschen und vermied es, mich anzusehen.
    Wir verließen seinen Hinterhof und gingen die Straße runter, vorbei an dunklen Schlitzen und Kreisen – versteckte Türen, wo man nur hinsah.
    »Dieser Anruf gerade … suchen die Mortmaine nach mir?«
    »Machst du Witze? Keiner ist jemals aus einer Selbstmordtür entkommen. Die denken nicht mal im Traum daran, dass du irgendwo hier draußen rumlaufen und mit mir reden könntest. Sie rätseln rum, warum sich die Selbstmordtür nicht öffnet. So lange hat es noch nie gedauert. Wenn sich die Leute nicht entscheiden können, wie sie sterben wollen, ist nach einer Stunde die Luft weg, und sie ersticken.«
    Mir fiel wieder ein, dass es mir schwergefallen war zu atmen.
    »Sie haben mich angerufen, weil sie wollten, dass ich hinkomme und rausfinde, wie man die Tür öffnet. Sie wissen , dass du meine Freundin bist, und deshalb wollen sie, dass ich die Tür öffne, ganz egal, ob ich beim Anblick deiner Leiche durchdrehe. Hauptsache, ich mache meinen Job!«
    Trotz seiner Schimpferei und seiner verletzten Gefühle freute ich mich doch, dass er mich als seine Freundin bezeichnete. In der Gegenwartsform.
    »Wie bist du da rausgekommen?«, fragte er mich.
    Ich blieb stehen und zeigte ihm dort auf der Straße meine Hüfte.
    »Verdammt!«, rief er und befühlte die hässliche Glyphe, die in meine Haut gebrannt war. Sie war nicht annähernd so elegant wie die grüne Verzierung auf seinem Oberarm.
    Aber er war eher beeindruckt als abgestoßen von dem Zeichen. Sogar stolz. Ich erzählte ihm von der versteckten Tür, die zu unserem Familiengrab geführt hatte.
    »Mir scheint«, sagte ich ihm, »dass die versteckten Türen, die von einem Ort zu einem anderen führen, einer bestimmten Logik folgen. Wenn jemand nun die Logik dahinter herausfinden könnte … Warum siehst du mich so an?«
    Er zuckte die Schultern und versuchte so zu tun, als sei sein Gesicht nicht gerade von Emotionen überflutet
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