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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch
Autoren: Dia Reeves
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ihn heute Morgen, also muss euer Projekt erst mal verschoben werden. Auf unbestimmte Zeit .«
    Cowboy machte ein langes Gesicht. »Aber …« Er drehte sich dem finster blickenden Jungen zu und sah ihn bittend an. »Aber wir haben uns drauf verlassen, dass du …«
    »Was soll ich sagen?« Der Junge, Wyatt, senkte den Kopf in Richtung der grünen Frau, ganz wie eine Ziege, bevor sie jemanden über den Haufen rennt. »Offenbar ist das nicht meine Aufgabe .«
    »Stimmt genau!« Die grüne Frau sah Wyatt zornig an, er wandte sich angewidert von ihr ab …
    … und sah mich an.
    Er war makellos: saubere Kleider, aufrechte Haltung, kurzrasiertes Haar wie bei einem Marinesoldaten. Er war einer von der Sorte, die mit Freuden einem altersschwachen Sachbearbeiter an ihrer Schule freiwillig ihre Hilfe anbieten. Einer von der anständigen Sorte.
    Zu anständig für jemanden wie mich.
    Ich riss mich von seinen hübschen braunen Augen los und widmete mich wieder meinen Formularen.
    »Aber was sollen wir denn jetzt machen?«, rief Cowboy. »Ich bin diese Sachen so leid.« Er warf zwei rote Ohrstöpsel auf die Theke. Einer davon rollte mir fast auf die Formulare.
    »Steck sie dir wieder rein!«, blaffte ihn die Frau an.
    »Oh. Entschuldigung.« Cowboy gehorchte, obwohl die grüne Frau vom Alter her seine Urenkelin hätte sein können.
    Und als er sie sich wieder eingestöpselt hatte, sah ich, dass jeder rote, geleeartige Stöpsel in den Ohren hatte. Die Sachbearbeiter, die grüne Frau, Wyatt. Jeder.
    »Es ist doch so«, sagte Cowboy. »Diese Sauerei würde ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen. Man kann ja nicht mal aus dem Fenster sehen, ohne …«
    »Jammer mich nicht voll«, sagte die grüne Frau. »Das hier ist allein eure Sache. Das heißt, es ist nicht Sache der Stadt. Außerdem hat sich Wyatt ja schon um das Problem gekümmert. Wie üblich ohne Genehmigung.«
    »Drum gekümmert?«, sagte Wyatt. »Und deshalb heult hier jeder wegen einer Glasstatue?«
    Aber die grüne Frau ignorierte ihn. »Wyatt hat euch sogar Ohrstöpsel gemacht«, sagte sie zu dem Cowboy. »Aber seid ihr zufrieden? Nein. Jetzt wollt ihr auch noch, dass er euch den Sir Galahad gibt und Drachen bekämpft.«
    »Das hat mit Drachen überhaupt nichts zu tun, Shoko«, sagte Wyatt, der sich nicht länger ignorieren lassen wollte. »Außerdem hab ich das schon öfter gemacht.«
    »Und siehst du, was passiert ist?«, sagte Shoko und schlug mit der Hand auf die Theke. »Jetzt wollen sie, dass du alles für sie machst.«
    »Ich mach nicht alles. Nur diese eine Sache. Und wenn ich’s nicht mache, wer zum Teufel denn dann? Die Mortmaine haben noch viel größere Probleme an der Backe, und die können längst nicht, was wir können.«
    Aber Shoko gab sich unbeeindruckt. »Das geht uns nichts an.«
    »Was ist mit Ed?«, fragte eine der Frauen neben der Statue.
    »Sehen wir aus, als hätten wir Abstellräume zu vermieten?« , schrie Shoko. Ich rückte von ihr weg.
    »Soll sich doch seine Familie um ihn kümmern!«
    » Hat er denn Familie?«, fragte Wyatt in ruhigerem Ton.
    »Ich habe schon seine Frau angerufen«, begann die Frau, und der Rest ging in ihren Tränen unter.
    »Und hört auf zu winseln!«, sagte Shoko. »Die Frem kommt damit besser klar als ihr.«
    Ich wurde durch die plötzliche Stille aufmerksam. Als ich von meinen ausgefüllten Formularen hochsah, starrten mich gerade alle an.
    »Sie weiß wahrscheinlich nicht mal, um was es hier geht«, verteidigte sich die Frau mit der verschmierten Mascara. »Und außerdem ist sie Rosalees Tochter.«
    Wyatt und Shoko starrten mich mit offenen Mündern an. Sie drängten sich aneinander. Ihren Streit hatten sie vor lauter Überraschung vergessen. » Unsere Rosalee?« Shoko warf ihr Haar zurück, um mich besser sehen zu können. »Aber sie ist so …«
    So was? So abstoßend, dass man keine Worte mehr dafür findet?
    Ich nahm die Formulare, die mir Cowboy ausgedruckt hatte, und stapfte wütend aus dem Büro.
    »Warte!«, rief mir Cowboy nach. »Deine Ohrstöpsel!«

5

    Es war in Ordnung. Alles war in Ordnung.
    Ich ließ das beruhigende Mantra als Endlosschleife durch mein Gehirn laufen, als ich das Klassenzimmer für meine erste Geometriestunde betrat. Die Lehrerin, Ms Harrison, sah freundlich aus. Auf ihren Nacken war ein Dodekaeder tätowiert. Sie trug wie alle ihre Schüler schwarz.
    Wie alle an dieser Schule außer mir.
    Meine schwarzen Regensachen hatte ich in meinem Spind verstaut. Jetzt stand ich hier in
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