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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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an ihrer Seite, den Ort des Geschehens. Alles, was danach geschah, nahm Pia nur noch durch einen Filter aus Verwirrung und Enttäuschung wahr.
    Dorothea Bauers Revolver war nach Pias Schuss zu Boden gefallen. Es dauerte eine Weile, bis man ihn in dem hohen Gras auf der Lichtung gefunden hatte. Und er war nicht einmal entsichert gewesen.
    »In so einem Fall bist immer du die Dumme«, gab Broders ihr auf dem Rückweg durch den Wald mitleidlos zu verstehen. »Sei froh, dass Frau Bauer nicht schwerer verletzt ist.«
    Sie stiegen ins Auto, fuhren zurück zum Polizeirevier.
    »Glaubst du wirklich, Dorothea Bauer hätte ihrer Freundin etwas angetan?«, unterbrach Broders schließlich das bedrückende Schweigen im Wagen. Er hörte sich an wie ein Arzt, der kurz davor ist, einem Patienten eine tödliche Krankheit zu diagnostizieren. Pia verbarg ihre zitternden Hände in den Taschen ihrer Jacke. Sie wusste, dass die Antworten und Argumente, die sie jetzt vorbrachte, Broders Meinung über die Angelegenheit ein für alle Mal festlegen würden.
    Glaubte sie selbst es denn? In dem Moment, als sie sich entscheiden musste, war sie sich sicher gewesen, genau das Richtige zu tun. Aber sie hatte auch nur Bruchteile von Sekunden für diese Entscheidung gehabt. Hätte sie, wenn es sich bei der bedrohten Frau nicht um Marlene gehandelt hätte, genau so reagiert? War sie objektiv gewesen – war man das jemals?
    Pia wählte ihre Worte mit Bedacht. »Dorothea Bauer wollte ihre Rache um jeden Preis. Ich habe gehört, was sie Marlene vorgeworfen hat. Hätte sie sich am Täter selbst rächen können, dann hätte Marlene vielleicht eine Chance gehabt. Ich denke, das war der Handel. Als sie erfahren musste, dass der Mann, der sich 20 Jahre lang seiner Strafe entzogen hatte, kurz bevor sie kam, gestorben war, ist sie ausgerastet. Sie hat sich wieder einmal vom Schicksal betrogen gefühlt. Irgendjemand hätte dran glauben müssen, und Marlene bot sich an. Dorothea hat ihr vorgeworfen, dass sie die Identifizierung des Täters damals absichtlich verhindert habe.«
    »Und meinst du, das stimmt?«
    »Sie hat die Ermittlung behindert, aber ich weiß nicht, ob das aus Absicht geschah. Findest du es nicht auch bemerkenswert, dass es Marlene gelungen ist, den Vergewaltiger nach so langer Zeit hier aufzuspüren? Wie hat sie das gemacht? Sie muss mehr gewusst haben als die Polizei.«
    »Sie hatte sich als Ahnenforscherin ausgegeben, sagte die Pflegerin des Altenheims am Telefon. Aber was sie genau getan hat, das kann sie uns ja nun alles selbst erzählen.«
    »Dorothea Bauer wollte sich an irgendwem für das Unrecht rächen, das ihr zugefügt wurde. Als dieser Heck nicht mehr am Leben war, hat sie ihre Wut und ihren Hass auf Marlene übertragen.«
    »Das ist deine Vermutung! Du hast auf die Frau geschossen, obwohl du dir nicht sicher sein konntest, dass sie Marlene Liebig etwas antut.«
    »Das Risiko war zu hoch.«
    »Das Risiko, sie dabei zu töten, war auch sehr hoch.«
    »Ich schieße sehr gut. Ich gehe regelmäßig in den Schießstand. Das Risiko war kalkulierbar.«
    »Und wie fühlst du dich jetzt?«
    »Beschissen ...«
    Broders nickte wissend.
    »Es wird noch schlimmer, wenn sie erst mal alle auf dich einhacken. Aber du wirst damit fertig werden. Dorothea Bauer ist jetzt sicherlich schon im Krankenhaus ...«
    Pia sehnte sich plötzlich nach ihrer Wohnung, nach einem scharfen chinesischen Essen und russischem Wodka, der das flaue Gefühl in ihrem Magen beseitigen würde. Sie sehnte sich sogar nach Hinnerks Vorwürfen über ihren überstürzten Aufbruch. War das wirklich noch nicht einmal 24 Stunden her?
    Broders stellte den Wagen direkt neben der Eingangstür des Polizeireviers ab. Pia sah ihn fragend an. »Meinst du, dass Dorothea Bauer es überlebt?«
    »Natürlich. Eventuell muss sie in Zukunft die Gefängniskost mit nur einem Arm in sich hineinschaufeln. Aber das schafft die schon ...«
    »Du bist so ein Aas, Heinz Broders!«
    »Ich bin Realist. Damit können halt nur die wenigsten umgehen.«

29. Kapitel
 
    D orothea ist damals in Barsinghausen meine beste Freundin gewesen«, sagte Marlene Liebig mit leiser Stimme, »wir hatten uns ewige Treue geschworen, mit Blut vermischen, geflüsterten Schwüren und geheimen Zeichen und Briefen.«
    Sie saßen in einem Vernehmungsraum im Polizeihochhaus, Kriminalrat Horst-Egon Gabler, Hauptkommissar Heinz Broders, der zuständige Staatsanwalt, Marlene Liebig mit ihrer Anwältin und Oberkommissarin Pia
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