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Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift

Titel: Blaues Gift - Almstädt, E: Blaues Gift
Autoren: Eva Almstädt , luebbe digital
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zusammengezimmert, unser Baumhaus. Ich habe einmal kurz nach unten geguckt, und da habei ch ihn gesehen, wie er auf Dorothea lag. Ich war damals schon aufgeklärt, das schon. Aber so richtig begriffen habe ich es wohl noch nicht. Seine Hose war heruntergezogen, und sein Hintern leuchtete weiß zwischen seinen schwarzen Sachen hervor. Auf seinem Hintern hatte er ein blaurotes Mal, das aussah wie ein Totenkopf. Es war so groß.«
    Sie zeigte mit ihren Händen eine gut handgroßeFläche und hielt sie Gabler vor die Nase. »Und wissen Sie, was ich damals dachte? Ich weiß, dass das bescheuert klingt, aber ich dachte, es wäre eine Art Teufelsmal. Ich bin mit einer Mischung aus Glauben und Aberglauben groß geworden. Als ich jünger war, wurde mir mit solchen Dingen richtiggehend Angst gemacht. In dem Moment dachte ich wirklich, mir wäre der Leibhaftige erschienen. Ich glaubte, Dorothea wäre bereits tot, weil sie sich überhaupt nicht rührte, und dann dachte ich ... der Teufel holt sich ihre Seele. Heute klingt das alles nur noch blöd, das weiß ich, aber als Kind ...«
    »Was geschah weiter?«, fragte die Anwältin mit ruhiger Stimme. Pia, die den Ort des Geschehens noch gut in Erinnerung hatte, war schon vom Zuhören schlecht geworden. An Broders versteinerter Miene sah sie, dass auch er erschüttert war.
    »Irgendwann war es mucksmäuschenstill. Ich rührte mich immer noch nicht. Erst als eine geraume Zeit vergangen war, sah ich endlich wieder runter. Der Mann war verschwunden. Dorothea lag reglos im Gras, ihre Sachen waren zerrissen, sie blutete im Gesicht und ... und zwischen den Beinen. Ich musste meinen ganzen Mut zusammennehmen, um zu ihr hinunterzuklettern.
    Sie nahm mich erst gar nicht wahr, aber sie lebte noch. Ich sah es daran, dass Doro zitterte. Ich sprach sie an. Erst als ich sagte, ich wolle Hilfe holen, reagierte sie. Sie hielt mich fest und hat es mir verboten. Ich sollte ihr nur helfen, nach Hause zu kommen. Niemand sollte sie sehen.
    Ihre Sachen waren zerrissen. Ein Sommerkleid und eine Unterhose. Ich habe eine von den alten Decken aus dem Baumhaus geholt und sie ihr umgehängt. Das Blut im Gesicht haben wir mit Tempos und Spucke abgewischt, so gut es ging. Dabei hatten wir die ganze Zeit Angst, dass er zurückkommt!
    Es gab einen Pfad durch den Wald, der direkt gegenüber von unserer Wohnanlage endete. Dort sind wir lang gegangen, und niemand hat uns gesehen. Gegenüber von unserem Haus haben wir noch eine Weile im Gebüsch warten müssen, weil gerade zwei Nachbarinnen vor dem Eingang standen und tratschten. Dann sind wir rein.
    Dorothea hatte immer ihren Wohnungsschlüssel um den Hals hängen, weil ihre Mutter nachmittags und abends arbeiten war. Als wir oben in ihrer Wohnung waren, stieg sie sofort in die Badewanne, und ich sollte durch den Türspion aufpassen, dass niemand käme.
    Ich weiß, ich hätte gleich Hilfe holen sollen, aber sie wollte es doch nicht. Bis abends um sechs bin ich bei ihr geblieben, dann musste ich nach Hause.
    Doro hatte fast eine ganze Flasche Badeschaum verbraucht und sich abgeschrubbt. Ihre Haut war knallrot, und ich glaube, sie hatte ziemliche Schmerzen, als ich sie zurückließ. Sie hat auch die ganze Zeit gezittert und konnte nicht damit aufhören.
    Ich fühlte mich vollkommen hilflos. Meine Eltern haben mir natürlich sofort angemerkt, dass etwas nicht stimmte. Außerdem hatte ich Blutflecken auf meinem Rock. Ich habe ihnen dann doch erzählt, was passiert war. Ich hatte Angst um Dorothea, mehr als vor ihr und vor dem, was sie mir angedroht hatte, falls ich sie verraten würde.«
    »Die Polizei ist erst deshalb so spät informiert worden, weil das Opfer, Dorothea Bauer, Ihnen verboten hatte, Hilfe zu holen, richtig?«, fragte die Anwältin mehr der Form halber. Sie wollte diesen Punkt wohl noch einmal extra festgehalten wissen.
    »Sie wollte es geheim halten. Sie schämte sich.«
    »Sie müssen doch gewusst haben, dass sie ärztliche Hilfe brauchte und dass man die Polizei einschalten musste?«, fragte Gabler.
    »Das tut jetzt nichts mehr zur Sache. Frau Liebig war damals noch ein Kind«, erinnerte die Anwältin ihn bestimmt.
    »Hat die Polizei auch mit Ihnen gesprochen?«
    »Ja, später, aber nur kurz. Ich sollte nicht aufgeregt werden. Ich haben damals mit einer Polizistin geredet.«
    »Warum habe Sie nichts von dem Feuermal gesagt?«
    »Ich hatte es wohl verdrängt, weil es mir zu viel Angst gemacht hatte. Es war wie ein Albtraum, so irreal. Zeitweise dachte
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