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Blaue Wunder

Blaue Wunder

Titel: Blaue Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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Wochenende geht. Das ist schon tragisch, wenn die beste Zeit deiner Beziehung gleich nach dem Kennenlernen vorbei ist.
    Nun, diese Sorgen brauchten Martin und ich uns jedenfalls nicht zu machen. Unsere holprige Anfangssequenz wurde nun auch noch durch Nino de Angelos einzigen Hit überschattet. Es konnte nur besser werden.
    Ich schmiegte mich an Martin, legte meine Wange an seinen Hals und hoffte eindringlich auf das ganz große Gefühl, das Gefühl, dass einzig er der Richtige für mich war.
    «Du siehst wirklich wunderschön aus», flüsterte mir Martin ins Ohr. «Dass du hier bist, erleichtert mir die Entscheidung unglaublich.»
    Ich löste mich von ihm und schaute direkt in seine Augen.
    «Du hast dich also für mich entschieden, Martin?»
    «Ja, mein Engel. Ohne Wenn und Aber.»
    Es hätte ein großer Moment sein können. Warum spürte ich ihn nicht?
    «Ich habe mich auch entschieden.»
    «Wie schön. Dann ist ja jetzt alles perfekt.»
    «Gegen dich.»
    Ich starrte Martin ebenso überrascht an wie er mich. Wir konnten beide nicht glauben, was ich da gesagt hatte. Wir hörten auf zu tanzen und standen uns jetzt mitten auf der Tanzfläche gegenüber.
    «Es tut mir Leid, aber du bist nicht der Richtige für mich», hörte ich eine Stimme sagen. Es war tatsächlich meine.
    «Elisabeth, was redest du denn da? Komm, lass uns eine ruhige Ecke suchen und in Ruhe darüber reden.»
    Martin griff meinen Arm und wollte mich von der Tanzfläche ziehen.
    «Glaub mir, Martin, es gibt nichts zu reden.»
    Im selben Moment riss mein Kleid am Rücken, und zwei blaue Knöpfe kullerten über das Parkett. Bedauerlicherweise hatte der Ni- no-de-Angelo-Imitator gerade eine kurze Pause eingelegt. Die Leute um uns herum versuchten so zu tun, als hätten sie nichts mitbekommen, wollten aber auch kein Wort der Darbietung verpassen - die hanseatische Art von Diskretion eben.
    Martin bückte sich nach den Knöpfen und drückte sie mir in die Hand.
    «Was ist bloß in dich gefahren, Elisabeth?» «Es tut mir Leid, Martin, aber ich bin wohl einfach noch nicht bereit für eine neue feste Beziehung.»
    Ich drehte mich um und ging gemessenen Schrittes Richtung Ausgang - wohl wissend, dass mein Kleid am Rücken sperrangelweit aufstand und die Sicht freigab auf das Preisschild und den Bund meines nur beinahe hautfarbenen, oberschenkelformenden Miederhöschens. Ich warf stolz den Kopf in den Nacken. So wie ich es im «Strip and Dance»-Kurs gelernt hatte.
    Nach ein paar Schritten drehte ich mich nochmal um. «Ach und noch was, Martin, du solltest den Müll unter deinen Sofakissen entsorgen.»
     
    8. Stock
    Der Dicke steigt aus. Die Türen schließen sich, und ich bin allein. Ein Glück. Ich hätte mich keine drei Sekunden mehr zusammennehmen können. Ich heule auf der Stelle los.
    Was habe ich mir da bloß freiwillig angetan? Wie konnte ich nur? Heute sollte das Happy End meines Lebens stattfinden. Und jetzt?
    Ich bin eine über dreißigjährige Singlefrau, die Größe 38 sprengt. So enden trübselige, lebensnahe Dokumentationen mit einem nicht messbaren Zuschaueranteil auf 3Sat. Und keine Blockbuster, die innerhalb eines Wochenendes hundert Millionen Dollar einspielen.
    Ich will kein lebensnahes Leben leben. Ich will mehr.
    «Wer immer mehr will, der bekommt am Ende gar nichts», höre ich förmlich meine Mutter meckern. «Ein wenig Bescheidenheit würde dir gut stehen, Elisabeth Dückers, dann wärest du bestimmt zufriedener.»
    Aber ich will nicht zufrieden sein, so lauwarm, so halb gar, so mittelmäßig, so kompromissbereit. Ich will glücklich sein.
    Ist unglücklich sein besser als zufrieden sein? Da bin ich mir, ehrlich gesagt, nicht hundertprozentig sicher. Soll ich zurück in den 24. Stock fahren? Vielleicht ist es noch nicht zu spät.
    Ich bin, das muss man so sagen, auf dem Weg nach ganz unten.
     
    5. Stock
    Er hat sich für mich entschieden. Das habe ich doch gewollt.
     
    4. Stock
    Schöner wäre allerdings gewesen, er hätte nicht so lange überlegen müssen.
     
    3. Stock
    Ich war so sehr damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass er mich will, dass ich ganz vergessen habe, mich zu fragen, ob ich ihn will. Aber warum sollte ich ihn nicht wollen? Es war doch alles perfekt. Der Mann hat Geschmack, Manieren, Geld und einen ordentlichen Hintern. Bis gestern habe ich mich noch gewundert, warum sich so einer überhaupt für mich interessiert. Und heute ist er mir plötzlich nicht mehr gut genug?
     
    2. Stock
    Vielleicht ist es wie mit

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