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Blaue Wunder

Blaue Wunder

Titel: Blaue Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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geworden ist. Das ist bitter, Elli, einfach nur bitter. Ich denke, ich gönne mir jetzt eine Messerspitze Mascarponecreme. Zucker beruhigt die Nerven.»
    Erdal lässt mich stehen, und ich betrachte missgelaunt die anderen Gäste. Ich kenne hier mal wieder keine Sau. Außer Super-Nucki, aber der hat mich mit einem so derartig abfälligen Kopfnicken begrüßt, dass ich mich jetzt schon gar nicht mehr traue, überhaupt in seine Richtung zu schauen. Vielleicht ist er ja auch schon gegangen. So wie ich ihn kenne, ist das hier keine Party nach seinem Geschmack. Zu viele Fernsehnasen, zu viel Make-up, zu viel Bussi rechts und Bussi links. Gerade überlege ich, ob ich vor lauter Langeweile vielleicht doch etwas Gehaltvolleres zu mir nehmen soll, als Super-Nucki wie unabsichtlich auf mich zuschlendert.
    Ich bekomme Herzklopfen. Wie albern. Jetzt noch ’ne fiese Bemerkung von dem, und ich renne heulend raus, verbrenne mein blaues Kleid und verlängere meine Mitgliedschaft in der Hiltruper «Fitness Oase» bis ins Jahr 2044. Ich habe genug durchgemacht. Ich straffe die Schultern und versuche, unbeteiligt auszusehen.
    «Wie geht’s?»
    Schon allein das klingt aus seinem Mund so gemein, dass ich mich zusammennehmen muss, um nicht auf der Stelle in die Knie zu gehen und um Gnade zu betteln.
    «Danke, sehr gut.»
    «Schön für dich.»
    Die Sprechpause, die darauf folgt, ist mit «ungemütlich» noch freundlich umschrieben.
    «Musst du heute noch in der Videothek arbeiten?»
    «Meine Schicht beginnt um elf. Ich hau gleich ab.»
    «Mmmh.»
    «Hast du dir angeschaut?»
    «Oh, dazu bin ich noch gar nicht gekommen.»
    «Klar, hatte ich mir schon gedacht.»
    «Ich wollte unbedingt, aber mir ist da was Wichtiges dazwischengekommen. Dieses Wochenende schaffe ich es aber ganz bestimmt.»
    «Klar, eilt ja nicht. War das da neulich an der Elbe eigentlich dein Freund?»
    «Also weißt du, ich.»
    «Das klingt ja nicht nach der großen Liebe.»
    «Doch, oder nein, es ist etwas kompliziert, weißt du.»
    «Nee, weiß ich nicht. Liebe ist nicht kompliziert. Man muss einfach nur sagen, was man fühlt, mehr nicht.»
    «Ach, mehr nicht? Du findest das einfach, und dir gelingt es ständig? Toll, Glückwunsch, Mister Loverman!»
    «Nein, Entschuldigung, du hast Recht. Mir selber gelingt das leider auch.»
    In diesem Moment geht das Licht aus, und Yvonne Catterfield plärrt mit ohrenschmerzender Lautstärke aus den Boxen. Die meisten Gäste verdrehen kollektiv entrüstet die Augen und halten sich die Ohren zu - um dann beim Refrain doch verschämt mitzusingen:
     
    «Für dich schiebe ich die Wolken
    weiter Sonst siehst du den Sternenhimmel nicht
    Für dich dreh ich so lang an der Erde
    Bis du wieder bei mir bist
     
    Auch mir ist dieser dusselige Text eigenartigerweise bekannt, aber um mich nicht zu verraten, presse ich fest meine Lippen zusammen. Ich möchte in Super-Nuckis Ansehen nicht noch weiter nach unten sinken, nachdem ich ihn schon in trunkenem Zustand mit meiner Interpretation von Nenas «Leuchtturm» belästigt habe. Ich stehe stocksteif da, während um mich herum die Leute die Wunderkerzen anzünden, die Tina am Eingang verteilt hat. Ich schiele zu Super- Nucki rüber, auch er bleibt völlig regungslos.
     
    «Ich hör dich ganz ohne Worte
    ich fühle wo du bist
    auch wenn es noch so dunkel ist»
     
    Leider fühle ich mich plötzlich aufs unzulässigste romantisiert. Ich spüre Super-Nucki in der Dunkelheit neben mir stehen, er bewegt sich jetzt ein wenig, und ich bemerke ganz deutlich diese intensive Spannung, die plötzlich zwischen uns entsteht. Ich überlasse mich ganz dem Moment, schließe die Augen und lehne mich vorsichtig an ihn.
    Wahnsinn!
    Ich muss schon sagen, an einen so jungen Mann habe ich mich schon lange nicht mehr gelehnt. Lange Sekunden stehen wir so da, die Wunderkerzen um uns verglimmen, Yvonne singt die letzten Takte, und ich wünsche mir, dass das hier nie endet. Als das Licht wieder angeht, schaue ich schüchtern in Super-Nuckis Augen - und gehe ohne Umwege zur Bar, um in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Alkohol zu mir zu nehmen. Nüchternheit ist jetzt keine Option mehr. Dagmar Berghoff, an die ich mich im Dunkeln versehentlich gelehnt habe, schaut mir etwas überrascht nach. Super-Nucki war längst gegangen.
    «Liebe Freunde, Kollegen, Bruderherz, liebe Mama und Papa!»
    Tina ist mit einem Mikrofon auf den Bartresen geklettert.
    «Ich habe euch heute Abend hierher eingeladen, weil ich

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